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Nebeneinander gehen wir nach draußen auf den Schulhof. Es ist merkwürdig, dass Josh und ich uns nicht streiten, sondern einfach ein ganz normales Gespräch führen. Theo lächelt, als er uns sieht. „Dass ihr beiden einmal zusammen herkommt, ohne euch anzukeifen, ist wirklich erstaunlich."

Ich grinse. „Stimmt."

„Wie geht es dir? Besser?", erkundigt sich Jonathan.

Ich nicke. „Ja. Ich hoffe, dass sich das jetzt erledigt hat.", sage ich. Danach wechseln wir zum Glück das Thema. Es nervt mich, dass es immer nur darum geht, auch wenn ich es natürlich zu schätzen weiß, wenn nachgefragt wird.

Die Jungs reden über die Planung von Jonathans Geburtstagsparty, die in drei Wochen stattfinden soll. Ich kann mich zwar nicht wirklich am Gespräch beteiligen, höre aber trotzdem zu. Jonathan wird 18 und hat wohl eine ziemlich große Party bei sich zu Hause geplant. Seine Eltern haben ein riesiges Haus. Ich habe es schon ein paar Mal gesehen. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie sie daran gekommen sind, aber Jonathans Eltern haben ziemlich viel Geld.

„Du bist natürlich auch eingeladen.", sagt Jonathan plötzlich zu mir.

Ich ziehe erstaunt die Augenbrauen hoch. „Ich?"

Er grinst. „Ja, klar. Also, nur wenn du willst."

Ich nicke etwas überrumpelt. Ich hätte niemals gedacht, jemals eine Einladung zu einer Party zu bekommen. Ich hoffe sehr, dass er mich weder aus Mitleid noch als Theos Anhängsel einlädt, sondern mich wirklich dabei haben möchte.

Ich war noch nie zuvor bei einer Party. Ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, ob das wirklich mein Ding ist. Aber ich habe große Lust, das mal zu erleben. Ich bekomme immer nur die Erzählungen von Theo mit, der sich ständig bei Feiern rumtreibt, und war zugegebenermaßen schon oft neidisch darauf.

Problematisch könnte es nur mit meinen Eltern werden. Papa wird sicher nicht allzu begeistert von der Idee sein. Alkohol, wenig Schlaf, vielleicht noch flackerndes Licht – all das könnte einen Anfall auslösen. Aber vielleicht kann ich Papa davon überzeugen, dass ich mich richtig verhalten und kein Risiko eingehen werde.

Mein Blick fällt über Theos Schulter auf Louis und Magnus, die einige Meter von uns entfernt stehen und laut am Lachen sind. Ich schlucke, als mir ihre Worte von gerade wieder durch den Kopf gehen. Theo scheint meinen Blick zu bemerken und dreht sich kurz um. „Alles gut?"

Ich nicke. „Ja.", sage ich kurz angebunden.

Mein Bruder zieht die Augenbrauen zusammen. „Glaub ich dir nicht. Ist was mit den Beiden? Gab es Stress?"

Na super, ich hätte mir nichts anmerken lassen dürfen. Leider bin ich wirklich nicht besonders gut im Lügen. Ich kenne Theo gut genug, um zu wissen, dass er keine Ruhe geben wird, ehe ich ihm nicht erzähle, was los ist. „Stress nicht. Sie haben nur ein paar dumme Sprüche gemacht.", sage ich betont lässig.

„Was für Sprüche?", will Theo wissen. Sein Blick ist steinhart.

Ich winke ab. „Ist doch jetzt egal. Das tut nichts mehr zur Sache."

„Was für Sprüche?", wiederholt Theo eindringlich und mit einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldet.

Das ist typisch für meinen Bruder. Es wird nichts besser machen, wenn er sich da jetzt einmischt und trotzdem muss er unbedingt wissen, worum es geht. Ich seufze. „Dass ich mich ja direkt wieder bei den Lehrern einschleimen würde. Und dass ich..." Ich schlucke. „Dass ich ekelhaft aussah und als wäre ich besessen."

Man kann spüren, wie sich in Theo die Wut anstaut. Ein paar Sekunden lang steht er wie angewurzelt da und scheint abzuwägen, was er jetzt am besten tun soll. Dann entscheidet er sich Gott sei Dank dafür, ruhig zu bleiben und nur wütend den Kopf zu schütteln. „Solche Idioten. Mach dir nichts draus. Wenn so etwas noch einmal passiert, sag Bescheid."

Wer hingegen gar nicht ruhig bleibt, ist Josh. Auch er steht für ein paar Sekunden ruhig neben mir, dann schnaubt er und geht mit schnellen Schritten auf Louis und Magnus zu. Bevor irgendwer versteht, was passiert und ihn aufhalten kann, landet Joshs Faust in Louis' Gesicht. Ich schreie auf.

Leon reagiert zum Glück schnell und eilt auf Josh zu, um ihn einige Schritte zurückzuziehen. „Ihr verdammten Arschlöcher!", brüllt Josh.

„Chill mal, Alter!", kommt es von Magnus und er baut sich vor Josh auf. „Was ist los mit dir?"

„Was los ist?", fragt Josh. „Das wisst ihr genau. Nie wieder werdet ihr so mit Malu reden, verstanden?"

Magnus scheint zu verstehen, worum es geht. Sein Blick fällt kurz auf mich und für eine Millisekunde breitet sich der Ansatz eines abfälligen Grinsens auf seinem Gesicht aus. Dann landet Joshs Faust auch dort, ohne dass Leon ihn davon abhalten kann.

„Josh!", schreie ich und laufe auf ihn zu. „Lass gut sein!"

Josh schaut mich nicht an. Sein Blick ist eisern auf Magnus gerichtet, der vornüber gebeugt vor uns steht. Trotzdem hält Josh es für nötig, ihm einen weiteren Stoß zu verpassen.

„Hör auf jetzt!", sage ich laut. „Das ist es doch nicht wert."

Josh zögert. Erst, als ich eine Hand an seinen Oberarm lege, lässt er seine Fäuste sinken und wendet sich mir zu. Louis und Magnus scheinen auf den ersten Blick einigermaßen wohlauf zu sein.

Joshs und mein Blick verfangen sich ineinander. Für ein paar Sekunden schauen wir uns einfach nur an. Erst dann bemerke ich, dass immer noch meine Hand auf seinem Arm liegt. Ich räuspere mich verlegen und lasse sie sinken.

Theo ist zu uns getreten. „Pass auf, dass du dir keinen Ärger einhandelst.", sagt er zu Josh. „Auch wenn ich deine Reaktion verstehen kann."

„Ich nicht!", wende ich sofort ein. „Das ist doch keine Lösung und wird vermutlich nichts besser machen."

Josh zieht die Augenbrauen zusammen. „Naja, wenn du Glück hast, werden sie sich in Zukunft dir gegenüber benehmen."

„Ich habe dich nicht darum gebeten!", erwidere ich wütend. Ich will nicht die Verantwortung dafür tragen, dass Josh irgendwelche Menschen schlägt.

„Es wäre auch zu schön gewesen, wenn ihr zwei euch einfach mal vertragen könntet.", sagt Theo genervt. Ich seufze. Warum muss Josh auch immer so unbedacht handeln? Doch ich spare mir einen weiteren Kommentar, um Streit zu vermeiden. Irgendwie bekommen Josh und ich es einfach nicht hin.

controlWhere stories live. Discover now