9. mir gehts gut

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"Oh, hiii! Lange nicht gesehen, Zayl! Oh, und wer ist dieser Süße Junge?"

Wow.
So aufgeregt wurde ich noch nie von jemandem begrüßt.
Ich und Zayl waren nämlich gerade bei seiner Kräutermutter angekommen.
Sie hatte ein eigenes Geschäft in der Stadt, welches ziemlich... vollgeräumt von Kräutern, Medikamenten oder anderem, medizinischen Zeugs.
Und es roch auch dementsprechend... stark...

Die schrumpelige, große Dame vor uns umarmte Zayl herzhaft und legte ihre warmen Hände an meine Wangen, als sie uns begrüßte.
Sie wirkte sehr aufgeregt und nett.
Und mich schien sie, zu mögen.

"Ui! Diese schönen, schneeweißen Haare! Genau, wie deine Augen, Zayl. Sehr schön, sehr schön. Und erst diese zarte Haut! Oh, ich bin ein Fan von deinem neuen Freund, Zayl!" meinte sie fröhlich und ich merkte, wie der Alpha neben mir ergeben seufzte.
"Rukkha, er hat schon fast vier Tage lang Fieber. Wir wollen uns bei dir nur etwas ausruhen und vielleicht kannst du uns was für ihn geben." meinte er dann, als die Kräutermutter fertig war, mich zu bewundern.
"Ja, natürlich hab ich da was. Aber ich bräuchte da wieder deine Hilfe, Zayl." grinste die alte Frau und der schwarze Wolfswandler nickte. Sein Gesichtsausdruck ließ mich jedoch an seiner Überzeugtheit zweifeln.

"Gut, dann geh schonmal vor, du weißt, wo du hin musst. Und du, Süßer, kommst mit in mein Kämmerchen." "Ihr... Kämmerchen?" murmelte ich verwirrt und Rukkha nickte. Sowas hatte ich bei einer Kräutermutter noch nie gehört.

Also ließ ich mich von der alten Dame durch den überfüllten Laden führen und sah Zayl nach, der durch eine andere Tür, wahrscheinlich in einen Keller verschwand. 
"Was macht er denn da drin?" fragte ich und Rukkha lachte herzhaft auf.
"Er hilft mir, Schätzchen. Weißt du, meine alten Hände sind nicht mehr die Besten und eine alte Dame wie ich braucht doch auch ein gutes Einkommen. Hab ich nicht recht?" grinste sie mir zu und da stieß sie eine alte, knorrige Holztür auf.
Wir gingen hindurch und ich ließ ihre Antwort in meinem Kopf einsickern.
Ziemlich unheimlich, die Lady.

"Hier, setz dich und ich mach dir gleich ein kleines Gebräu, das hilft gut gegen das Fieber." meinte die Kräutermutter und zeigte auf einen halbwegs leergeräumten Tisch inmitten des kleinen Raumes, in den wir gegangen waren.
Überall darum herum standen Kräuterschüsseln, Pflanzen und Geschirr, das voll von zermürbten Blättern war.
Rukkha schob einen Sessel des Tisches etwas heraus und ich setzte mich dankbar hin.
Sie wandte sich ab und begann sofort, Kräuter aus ihren Regalen zu kramen und Schüsseln mit medizinischem Werkzeug anzurichten. Darunter verstand man Besteck, destilliertes Wasser und Mixmittel.
Keine Skalpelle.

Die alte Kräutermutter rannte durch den Raum, mal hin, mal her und mischte alle möglichen Pflanzen, Flüssigkeiten und sonst was in der Schüssel zusammen.
Dann kam sie zu mir und stellte mir die Glasschüssel vor die Nase. Ein strenger Geruch ging davon aus und ich zuckte angewiedert zurück.
"Ja, ich weiß. Es stinkt, aber es wirkt." lächelte Rukkha und schob mir die Schüssel entgegen.
Ich hielt den Atem an und nahm die Schüssel in meine kalten, zitternden Hände.
Sie war schwer und ich bemühte mich, die Flüssigkeit nicht auszuschütten, als ich den ersten Schluck trank.
Die Brühe war dickflüssig und klumpig... es schmeckte nach Medizin und faulen Eiern...
"Wäh..." murmelte ich und musterte Rukkhas belustigtes Gesicht.
"Trink schön aus, Jungchen." lächelte sie unschuldig und ich nickte murmelnd.
Ich hob die Schüssel erneut hoch, als ich plötzlich einen leisen Schrei hörte.
Verwirrt hielt ich inne.
Hatte ich mir das eingebildet?

Ich hielt den Atem an und lauschte.
Genau...
Da war es wieder. Diesmal hörte ich gedämpftes Fluchen. Und es hörte sich nach Zayl an.
"Ähm... was macht Zayl denn eigentlich, um Ihnen zu helfen?" fragte ich Rukkha unsicher und sie wusste sofort, was ich meinte.
"Bist du ein guter Freund von Zayl?" fragte sie mit einem drohenden Unterton und ich nickte schnell.
"Na dann... Zayl hilft mir mit seinen... Fähigkeiten... Ich habe eine Farm unter dem Laden, die großflächig gekühlt werden muss. Und dafür, dass er mir hilft, bekommt er alle meine Behandlungen und Kräuter absolut gratis. Freunde mitinbegriffen." erklärte die alte Frau und ich nickte erneut.
Irgendwie wusste ich, dass Rukkha, wie alle anderen mir bekannten Kräutermutter, illegale Geschäfte betrieb. Und diese Geschäfte beinhalteten meistens Drogen... Spezielle Drogen, die für Wandler anders wirkten, als für normale Menschen.
Jedoch brauchte man sehr viel dieser Pflanzen und auch eine dementsprechend große Farm, die stätig gekühlt werden musste.
Und da machte alles Sinn...
Indem Rukkha Zayl einsetzte, sparte sie intensiv an ihren Kühlungskosten und dafür versorgte sie ihn. Gratis.
Naja... es hörte sich an, als hätte der Wolfswandler starke Schmerzen.
Es machte mir Angst.

"Du brauchst dich nicht zu sorgen, Jungchen. Er macht das aus freiwilligen Stücken." meinte die Kräutermutter belustig und ich sah bestürzt in die Schüssel vor mir.
Recht viel mehr, als das zu trinken, konnte ich nicht für ihn tun...
Also kippte ich den ekeligen Inhalt der Schüssel mit ein paar Schlucken vollständig weg und gab Rukkha die leere Schüssel.
"Ziemlich brav. Zayl wird bald fertig sein. Ihr könnt euch dann oben ausruhen. Es ist schon spät." lächelte Rukkha und ich nickte.

Ich stand von dem Sessel auf und drehte mich um, als plötzluch die Tür des Raumes aufging.
Zayl stand vor mir.
Er zitterte. Sein Atem kam in Wölkchenform aus seinem Mund und von seinen Händen tropfte Blut auf den Boden.
Er hielt sich kaum auf den Beinen und lehnte keuchend am Türrahmen.

"Zayl?!"
"Oh, bist du fertig?" fragte Rukkha und drückte mir plötzlich eine Bandage in die Hand.
"Geht nach oben, ich schließe das Geschäft."

Und weg war die alte Kräutermutter.

𝑺𝒏𝒐𝒘𝒇𝒂𝒍𝒍 𝒎𝒊𝒅 𝒔𝒖𝒎𝒎𝒆𝒓 |BLWo Geschichten leben. Entdecke jetzt