14. sprachlos

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Kinias Worte ließen uns beide sprachlos zurück.
Sie wusste von Zayls Kräften.
Sie kannte uns.... anscheinend besser, als wir selbst.

"Die Aufgabe, die euch auferlegt wurde, hat eine Geschichte. So wie alles eine hat." redete sie weiter.
Die alte Hexe hob ihren Gehstock und klopfte zweimal auf eine der verworrenen Ranken, die ihren Weg kreuzten.
Sofort umhüllte uns eine absolute Dunkelheit und Kinia war plötzlich weg.
Nur noch ich und Zayl waren übrig. Und eine Stimme. Kinias Stimme.

"Vor langer, langer Zeit... da lebte einmal eine hübsche Hexenmeisterin. Ihr Name war Alexandra Taikã. Sie stand auf der höchsten Stufe des Daseins einer Hexe... sie war die Anführerin des Hexenzirkels, genau wie ich. Sie war meine Vorfahrin."
Vor uns tat sich ein verschwommenes Bild auf.
Ein Felsen, mitten im Wald, mit Moos und bunten Pflanzen überzogen.
Darauf saß eine bildschöne Frau, mit dunkelblonden, langen Haaren mit weißen Strähnen und einem besch-roten Hexenkleid. Es war lang und hing über den Felsen, ins hohe Grass um sie herum.
Auf ihrem Haupt saß ein dunkelroter Hexenhut mit einem durchsichtigen Nackenschleier und einem kleinen Anhänger.
Sie hatte ihren Kopf gesenkt und musterte eine kleine, wabernde Kugel aus purer, weißer Magie, die in ihrer Hand schwebte.

"Sie war mächtig genug, um das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse im Stande zu halten und wie ihre Vorfahren darauf aufzupassen. Dieses Gleichgewicht oder dessen Teile kannte man auch unter den Namen 'Jing und Jang'."
Da veränderte sich das Bild vor uns und ich riss ungläubig meine Augen auf.
Vor uns standen die zwei Tiger aus unseren Visionen und sie saßen vor der starken Hexenmeisterin. Die mächtige Hexe streichelte die beiden Tiere mit ihren langen, knochigen Fingern und sah liebevoll auf sie herab.
Sie schien, die Tiere mit der Zeit ins Herz geschlossen zu haben...

"Alexandra war im Stande, die beiden Hälften des Gleichgewichts in der Form zweier Tiger darzustellen. Sie benannte sie nach den Hälften des Gleichgewichts, Jing und Jang, hielt sie immer bei sich und passte auf sie auf, als sei es die Lebensaufgabe, die sie sich auferlegt hatte. Aber es gab auch Leute... ob Wandler, Zauberer, Hexen oder Menschen, es gab Leute, die das Gleichgewicht stürzen wollten."
Darauf erschienen zahllose, vom Schatten versteckte Gesichter, die die Hexe Alexandra mit ihren beiden Tigern verfolgten.
Verwundert sah ich Zayl an und er flüsterte sich selbst die Frage zu, wie Kinia das nur hinbekam.

"Eines Tages wurden die beiden Tigergestalten brutal von einer unbekannten Hexe getötet, die auch auf Alexandra selbst jagt machte. Sie wusste, sie hatte bei ihrer Aufgabe versagt, gab die Kontrolle des Gleichgewichts auf und wurde zwei Tage später tot unter einer magischen Federneiche aufgefunden. Ihr Tod brachte die Balance zwischen Jing und Jang durcheinander und die Geister der beiden Tiger hatten nun niemanden mehr, der sie zurück hielt. Mit der Zeit wuchsen die Kräfte der Tiger und die beiden Hälften des Gleichgewichts gewöhnten sich auseinander... Sie stellten sich gegen den Anderen."

Da spürte ich etwas Feuchtes an meinem Knöchel und sah hinunter.
"Zayl..." flüsterte ich und er sah ebenfalls zu Boden.
Über unsere Füße schwappte dunkles Blut, das sich auf der schwarzen Bodenebene ausbreitete.
"Da. Es geht weiter." meinte er plötzlich und deutete an mir vorbei, auf ein weiteres Bild.

"Seit Kurzem sind die Geister von Jing und Jang völlig außer Kontrolle geraten. Wie ein Fluch wüsten sie durch das Reich der Lebenden und richten Chaos an. Sie hetzen Wandler gegeneinander auf, zerstören und zerreißen Familien und den Rythmus des Wetters. Sie langen nach einem Herren. Einem, der sie richtet und das Gleichgewicht der beiden Seiten wieder herstellt. Und seit ihr... Miko und Zayl... diese Visionen seht, sind sie auf die Welt der Lebenden los, wütend über den Tod ihrer Herrin und die ganzen Jahre, die sie herrenlos umherstreifen mussten."
Als Kinia das sagte, erschien ein letztes Bild vor uns.
Man sah die beiden verschiedenfärbigen Tiger, die in ihrer geisterhaftigen Gestalt hinter zwei Wandlern saßen, die sich gegenseitig angriffen.
Es ähnelte den Zeitungsberichten, die wir über die Ereignisse des letzten Monats gelesen hatten. Wandler, die aufeinander losgingen oder einfach verschwanden... das Wetter, der Schnee mitten im Sommer...
Das war alles das Werk eines außer Augen gelassenen Gleichgewichts.

Plötzlich zerriss die Schwärze, die uns umgab und wir fanden uns in dem pflanzenbewachsenen Raum wieder. Kinia stand vor uns und kam näher.
"Alexandra Taikã lebte vor 756 Jahren. Seit sie gestorben ist, bin ich die neue Anführerin des Hexenzirkels."

Kinia war über 750 Jahre alt?!
Zayl sah mich genauso geschockt an, wie ich es war und die alte Hexe lachte belustigt auf.
"Als Hexe kann man nicht nur Staub in Wasser verwandeln, Schätzchen. Alles ist möglich, glaubst du nur daran." meinte sie, mit ihrer geheimnisvollen Stimme und streckte ihre Hand in unsere Richtung aus. Sie grinste, schloss ihre Augen und schnippste.

Und plötzlich standen Zayl und ich nicht mehr in einem Meer aus Ranken, Dornen und Pflanzen, sondern in einem kleinen Zimmer, das wie eine Hotelsuite aussah.
Vor uns stand die hübsche Hexe Denise und richtete gerade zwei seperate Betten ein, als sie uns bemerkte.

"Oh, Kinia muss mit euch fertig sein. Ich hab euch schon etwas hergerichtet. Ihr könnt hier übernachten, das Hotel gehört dem Hexenzirkel und wir spendieren euch die Nacht. Kommt, ich zeige euch alles, bevor ich wieder gehe." meinte sie, mit einem sanften Grinsen auf den Lippen und winkte uns, ihr zu folgen.
Ich ging gleich hinter Zayl her, durch den Raum und ihr nach.
Die junge Hexe zeigte uns die Hotelsuite mit den vier Zimmern und die Plätze an denen sich wichtige Sachen wie Geld für unsere Reise und das Gewand, das wir gekauft hatten, befanden. Denise bestand darauf, dass wir das Geld annahmen und zeigte uns noch etwas neben den Betten, im Schlafzimmer.

"Wir kennen zwar eure Visionen, aber wissen nicht, wie ihr in eurer Beziehung zueinander steht. Also haben wir für euch etwas vorbereitet. Nur... für alle Fälle."
Als sie das sagte, zog sie eine Schublade an einem Regal neben dem Bett auf und ließ uns beide hineinsehen...

Die Packungen an Kondomen, das Gleitgel und die... Spielzeuge... ließen aus sich schließen, worauf die unschuldig grinsende Hexe damit hinaus wollte.

𝑺𝒏𝒐𝒘𝒇𝒂𝒍𝒍 𝒎𝒊𝒅 𝒔𝒖𝒎𝒎𝒆𝒓 |BLKde žijí příběhy. Začni objevovat