42. schlechte Gewinner

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Blut rann über meine Schulter und tropfte auf den schwarz-weißen Boden.
Mein Fell war bereits verklebt und einige Flecken davon verbrannt.
Zayls Hände waren von Tau überzogen und seine Arme von Frostbränden übersäht.
Aber auch Denise und Zlara ließen nach.

Wir kämpften jetzt schon eine Zeit, die mir ewig vorkam.
Krallen flogen, Blut spritzte und dauernd musste ich ausweichen.
Zayl und ich versuchten, unsere Kräfte auf die Angriffe der Hexen zu synchronisieren. Und es funktionierte.

"Warte... konzentrier dich und warte, bis sie angreifen. Dann machen wir, was wir besprochen haben." hörte ich Zayls beruhigende Stimme über mir und schloss die Augen.
Ich schob das Chaos in meinem Kopf beiseite und konzentrierte mich auf die Wärme in meinen Pfoten.
Meine feinen Ohren nahmen Zlaras Schritte wahr. Denise Atem und Zayls Präsenz.
Und da griffen die Hexen erneut an.

»Jetzt!«
Auf Zayls Komando fuhren wir auseinander und ich sprintete den beiden Angreifenden so schnell ich konnte entgegen.
Wir mussten etwas versuchen, das ich nie für möglich gehalten hatte. Es klang auch einfach lächerlich. Aber irgendwie auch sinnvoll...
Zayl erzählte mir, ich sollte versuchen... Feuer zu atmen.

Also setzte ich meine Pfoten fest auf den Boden, atmete so viel Luft in meine Lunge, wie ich nur konnte und betete.
Und dann atmete ich einfach aus.

Meine Kehle glühte, meine Zunge war so trocken und ich konnte Schreie hören.
Mit zusammengekniffenen Augen spähte ich durch das Feuer, das aus meinem Rachen schoss.
Wirklich interessant, dass ich das geschafft hatte. Und ich hatte mein Ziel anscheinend getroffen.

"Ah! Heiß! Verdammt, wie hat er das gemacht?!" hörte ich Denise laut fluchen und schloss mein Maul. Rauch stieg aus meinen Mundwinkeln und ich schüttelte den Kopf, als ich Schritte hinter mir hörte.
Zayl war dran.
Er kam zu mir, sprang über mich und beschoss die beiden verbrannten Hexen mit einer ganzen Schicht aus Frostschnee.
Ihre versengte Haut wurde vereist und sie schrien beide vor Schmerz auf.
»Nicht stehenbleiben« erinnerte mich Zayl und ich erfasste eine der zwei mit meinen scharfen Augen.
Wir waren fast durch.

Wir gingen beide gleichzeitig auf sie los.
Ich verbiss mich in Zlaras Bein, ignorierte ihre scharfen Nägel und die Fäden ihrer Magie, die sich in meine Flanke bohrten.
Meine Zähne rissen an ihrem Fleisch und zerrten an ihr, bis sie nach vorne stolperte.
Blitzschnell wich ich ihrem verzweifelten Angriff auf meine Schnauze aus und warf mich auf ihre Brust, wo ich sie für eine Weile fixieren konnte.
Ohne auf meine Gefühle zu achten, schlug ich auf sie ein und zerkratzte ihre verbrannte und beschädigte Haut. Mein ganzer Körper schrie mich an, es nicht zu tun.
Aufzuhören.
Sie aufstehen und gehen zu lassen.
Aber nein.
Das konnte sie nicht mehr.
Weder sie, noch ich.

»Ihr habt uns angelogen!« schrie ich sie verzweifelt an, in dem Wissen, dass sie auch die Stimme in meinem Kopf hörte, wenn ich es wollte.
Ihre Hände kämpften gegen meine Pfoten, zu schwach um mein Gewicht von ihr abzuhalten.
Zlara hatte es längst aufgegeben, sich mit Magie zu wehren. Sie keuchte nurnoch, wirbelte mit ihren Armen in der Luft umher...
Ihr Blut bespritzte bei jedem meiner Schläge mein Fell, kam in meine Augen und mein Maul.
»Warum habt ihr das getan!? Warum hast du nichts gesagt!? Warum...?! WARUM DAS GANZE?!«

Frustriert ließ ich meine ausgefahrenen Krallen auf sie niederhämmern und achtete nicht auf irgendetwas aus meiner Umgebung.
Ich war einfach zu... wütend.

-𝒁𝒂𝒚𝒍𝒔 𝑺𝒊𝒄𝒉𝒕:

"Ihr hättet uns einweihen können! Wir hätten dir mit Jing und Jang helfen können, Denise!" rief ich aufgebracht und wehrte ihren schwachen Versuch eines Angriffes ab.
Meine Hände waren taub vor Kälte und meine Beweglichkeit war eingeschränkt, aber Denise war kurz vor dem Zusammenbruch.
Was Miko und Zlara machten, wusste ich nicht. Aber sie kämpften nicht auf einer weiten Fläche. Ich hoffte nur, es ging meinem kleinen Wolf gut...

"Ihr versteht gar nichts! Ich wollte die nächste Allsehende sein! Aber Kinia wurde spontan auserwählt, nur weil irgendjemand Gerüchte über mich verbreitet hat! ICH HÄTTE AN IHREM PLATZ SEIN SOLLEN! Aber Alexandra hat die Tiger ohne Besitzer einfach freigelassen! Nichtmal jetzt lässt sie mich in Ruhe!"
Denise war ganzschön redefreudig dafür, dass ihre Haut verbrannt war, ihr ganzer Körper zitterte und ich ihren linken Arm vereist hatte.
Ich versuchte gar nicht erst, einen Sinn aus ihrem Geschwafel zu ziehen und griff sie erneut an.
So sehr es auch schmerzte, ich steckte so viel wie möglich meiner Kraft in meine rechte Hand, fühlte das schwarze Halbsymbol pulsieren und griff nach Denise.
Ich erwischte ihre Schulter, zog sie zu mir, stieß mich vom Boden ab und sprang.
Ich hob meinen Fuß und ließ ihn mit vollem Schwung in ihren Rücken sausen, worauf sie luftlos den Mund öffnete.
Ich stieß mich ab, drehte mich zur Seite und landete knapp neben ihr auf dem Boden, als ich plötzlich ihre Hand an meiner Brust spürte.
Und dann...

Die Fäden ihrer Magie bohrten sich durch mein Gewand. Dann durch meine Haut... mein Fleisch und... mein Schulterblatt.
"Aha! Agh...! ngh..."
Erschrocken krallte ich mich in ihren Arm, der sich sofort mit Eis überzog.
"Hah... einer von uns beiden... wird wohl-..." Denise wurde von etwas unterbrochen, das sie erbarmungslos zur Seite schleuderte und sie zwang, mich loszulassen.
Mit ihr wurden auch die Fäden an Magie aus meinem Körper gerissen und ich ging keuchend zu Boden.
Miko... hatte sie weggerissen.
Das musste bedeuten...

Vorsichtig sah ich mich um und entdeckte einen regungslosen Körper auf dem Boden, keine 20 Meter entfernt und mit Asche und Schnee bedeckt.
Zlara...
War sie tot?
Sie bewegte sich nicht... überall war Blut. Auf ihr... neben ihr...
Plötzlich überkam mich ein starker Hustenreiz und ich hielt meine Hand vor meinen Mund.
In meinem Kopf machte sich ein langen Fiepen breit und ich hustete.
Ich hustete Blut.
Viel Blut.
Mein Kopf glühte und ich sah auf meine rechte Handfläche. Blut floss über das Zeichen darauf, tropfte auf den Boden. In die aufgewirbelte, schwere Asche.

Meine Brust schmerzte unerträglich.
Aber mein Herz schien sie, verfehlt zu haben.
Oder... verschont zu haben.

Da fiel mir im Augenwinkel etwas auf. Etwas Grausiges.
"M-miko! Ha!... agh..."
Er krallte und kratzte ungestüm auf die sowieso schon am Boden liegende Hexe ein.
Seine blauen Augen waren vor Wut verschleiert und sein ganzer Pelz von Blutspritzern übersäht.
Seine Schulter war offen, lange Kratzer zogen sich über seine Seite und sein Fell war an manchen Stellen verbrannt.
"Miko! Ah...! Verdammt..." rief ich nochmal, in dem Versuch, ihn in dem Rausch an Wut und Mordeslust zu erreichen, in dem er sich befand.
Und da wirbelte sein Kopf zu mir.

Als sich unsere Blicke trafen, erkannte ich ihn nicht wieder.
Er war durchgedreht.
Sein Maul tropfte nur so vor Blut, die Asche fing an zu glühen, wenn er seine Pfoten darauf setzte.
Er wandte sich Denise nicht mehr zu und scherte sich um keinen weiteren Blick zu ihr.
Und in diesem Moment wusste ich eines.

Dieser Kampf war vorüber.
Wir hatten gewonnen.

𝑺𝒏𝒐𝒘𝒇𝒂𝒍𝒍 𝒎𝒊𝒅 𝒔𝒖𝒎𝒎𝒆𝒓 |BLWhere stories live. Discover now