39. Gefechtshitze

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Heiß...
Es war so... heiß.

Meine Haut brannte bei jedem Schlag mehr. Immer heißer...
Meine Finger, zu Krallen verformt, schlugen nach Denise aus, ohne Pause.

"Ganzschön heiß auf's Kämpfen, oder?!" rief mir die Hexe durch unser wirbelndes Gefecht zu und ich fauchte sie wütend an.
"Was ist mit euch los!? Warum das Ganze?! Ihr habt euch doch so gut verstanden!"
Auf meine Frage reagierte die braunhaarige Hexe mit einem wütenden Schrei und einer Kugel aus dunkelgrauer, stacheliger Magie.
Mitten in mein Gesicht.

Fluchend wich ich zurück und ließ für einen Moment von ihr ab.
Ich kratzte mir die wabernde, festflüssige Magie aus dem Gesicht und sah sie an.
"So gut verstanden? Huh?! Was weißt du schon, was ICH die letzten 756 Jahre durchmachen musste!?" schrie sie mich aufgebracht an, in ihrer Hand eine weitere, wabernde Kugel aus schwarzen Magiefäden.
Und plötzlich... hielt sie inne.
Genau, wie ich.
"Was... hast du gesagt?" flüsterte ich leise, durch die eingetretene Stille und sie sah mich ebenso geschockt an.
"756 Jahre...? Denise, du... kanntest du Alexandra Taikã persönlich?"

Auf diese Frage folgte eine erdrückende Stille.
Ich hörte die Asche, die im Wind von Baum zu Baum wirbelte, Zayls Stimme weit weg, hinter dem Waldrand, wie er mit Zlara redete und den schweren Atem der Hexe, die mir mit gezogenen Waffen gegenüber stand.
Jedoch... war es in meinem Kopf erbärmlich laut.
"Denise, antworte mir. Bitte!" murmelte ich verzweifelt, nicht einmal sicher, ob sie mich hören konnte.
Aber ob sie mich nun gehört hatte, oder nicht. Ihre Antwort bestand nur aus einem weiteren Angriff.

"Verdammt, Denise!"
Ich wich ihr schnell aus, meine Füße rutschten auf der Asche und ich hielt mich taumelnd auf den Beinen, als sich ein dünner Magiefaden um mein Handgelenk wickelte.
"Komm schon..."
Und im nächsten Moment wurde ich schon durch einen enormen Ruck durch die Luft geschleudert.
Ich schlug einige Meter weiter links auf dem Boden auf und wirbelte schwarze Asche und weißen Schnee auf.
Der Aufschlag drückte mir die Luft weg und ich lag erstmal ein paar Sekunden auf dem Boden, nach Luft schnappend und völlig verwirrt.
Ich hörte ihre Stimme... aber von wo kam sie?
Ging sie auf mich zu? Blieb sie stehen?
Oder... hörte ich da noch eine Stimme?

"Denise!"
Das... war Zayl!
Wo war er? Kämpfte er mit ihr?
Redeten sie...?
Ging es ihm gut?
"Miko! Komm, steh auf." hörte ich seine Stimme plötzlich neben mir und blinzelte verwirrt.
Er war bei mir?
Ich... spürte seine Hand an meiner Schulter.
Er half mir, mich aufzusetzen.
Ich lehnte mich keuchend zu ihm und spürte seine zitternden Finger an meiner Wange.
Er... hatte seine Kräfte eingesetzt?

"Komm schon, sieh mich an." meinte er sanft und langsam wurde das Bild vor meinen Augen wieder klar.
"Zayl...?" murmelte ich und er nickte lächelnd.
"Schon gut, ich bin hier." flüsterte er mir zu und drückte mir einen schnellen Kuss auf die Wange.
"Dieser Kampf ist nicht unserer. Das ist ihrer."
Als er das sagte, drehte er meinen Kopf zur Seite und ich konnte die beiden Hexen sehen, wie sie sich gegenüber standen.
"Was...?"
Ich setzte mich etwas auf, lehnte mich zu Zayl und beobachtete die beiden.

Sie redeten miteinander.
Alles beide schienen so sehr in ihre Situation und ihren Streit vertieft, dass sie ihr Umfeld gar nicht mitbekamen. Und sie bemerkten auch nicht... diese einzelne Person.
Die... aus den Schatten des Waldrandes kam.
Ein gleichmäßiges Geräusch, wie ein... Klopfen drang in meine Ohren und da erkannnte ich sie.
Dort, im Schatten und der Asche, hinter den Nadelbäumen und im kalten, blassen Schnee.
Dort stand Kinia.
Die allsehende Hexenmeisterin und Anführerin des Hexenzirkels.

Auch Zayl hatte sie bemerkt und starrte sie überrascht an.
Die alte Hexe winkte uns mit ihrem Gehstock und zwinkerte uns zu.
Mit einem so leichten Lächeln, als hätte sie das alles schon tausende Male erlebt.
Als hätte sie es schon so oft gesehen...
Als hätte sie gewusst, was kommen würde.

Und in diesem Moment realisierte ich etwas.
Etwas Wichtiges.
Kinia... sie wurde die Allsehende genannt... weil sie die Dinge sah, bevor sie passierten.
Weil sie es bereits gewusst hatte.
Von Anfang an.
Noch vor meinem ersten Treffen mit Zayl wusste sie, wie unsere Geschichte ausgehen würde.

Der Blick der freundlichen Hexenmeisterin begegnete meinem und sie zeigte mir ihre Hand, auf der sich ein paar Fäden aus weißer Magie wanden.
Ihre Lippen bewegten sich und ich hörte ihre Stimme in meinem Kopf.
Auch Zayl hörte sie und sah mich fasziniert an.
»Ich kann euch nicht helfen, zu kämpfen. Aber ich kann ruch helfen, zu verstehen.«
Kinia brauchte uns nur anzusehen, musste uns nur mit ihrer Hand zuwinken, da merkte ich schon, wie mein Sichtfeld schwand.
Wollte sie uns etwas zeigen?
Uns etwas erzählen?

Was sie auch vor hatte...
Ich war ihr dankbar. Für alles, was sie für uns getan hatte.
Denn ich wusste plötzlich, dass wir uns nicht mehr wiedersehen würden.

𝑺𝒏𝒐𝒘𝒇𝒂𝒍𝒍 𝒎𝒊𝒅 𝒔𝒖𝒎𝒎𝒆𝒓 |BLHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin