28. Manifestierung

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-2 𝑻𝒂𝒈𝒆 𝒔𝒑𝒂̈𝒕𝒆𝒓:

Wo war ich?...
War das ein Traum?
Eine Vision?
War ich alleine?

Verwirrt sah ich mich um. Mir fiel auf, dass ich in meiner menschlichen Gestalt war. Keine Pfoten... kein weißes Fell...
Nur mein menschlicher Körper.

Und keine Tiger...
Kein Wald...
Kein Blut, das über meine Knöchel schwabbte und den Boden bedeckte. Nur... Schwärze?

Das konnte nicht sein...
Ich spürte Jing und Jang. Sie waren hier. Irgendwo hier...
Sie beobachteten mich.

"Hey! Kommt raus! Zeigt euch!" rief ich nach reiflicher Überlegung in die Tiefe der Schwärze.
Als Antwort bekam ich nur ein raschelndes Geräusch...
Sofort versuchte ich, die Quelle zu lokalisieren und etwas, vielleicht jemanden zu sehen.
Und da erkannte ich Zayl.

"Zayl!"
Als er meine Stimme hörte, wirbelte er herum und kam zu mir gerannt.
"Du bist auch hier?" murmelte er verwirrt und sah sich ebenfalls um.
"Wir sind nicht-..." "In unserer zweiten Gestalt. Und eine Vision scheint es hier auch nicht zu geben." beendete ich seinen Satz und rutschte etwas näher zu ihm.
"Genau..." seufzte der große Alpha und musterte mit seinen schneeweißen Augen die leere Umgebung.

"Es kann doch nicht sein, dass wir alleine sind..."
Angestrengt spähten wir in die Dunkelheit, versuchten, etwas zu erkennen... aber nichts wollte sich uns zeigen.
Zumindest noch nicht.

"Da! Die Tiger!" rief Zayl plötzlich und zeigte in eine Richtung.
Ich sah seinem Finger nach und entdeckte die beiden Tiergeister nebeneinander mitten in der Dunkelheit sitzen.
Zwischen ihnen war ein leerer Platz...

"Was ist los mit ihnen?" flüsterte ich und wollte einen Schritt auf sie zugehen. Jedoch war da jemand schneller.
Wir konnten sehen, wie jemand aus der Schwärze, zwischen die beiden Tiger trat.
Es war eine große, elegante Frau mit einem langen, besch-roten Kleid und einem Hexenhut auf dem Kopf. Davon hatte sie zwei weitere in ihren Händen. Einer war dunkelblau und der andere war dunkelrot.
Ihre langen, dunklen Haare mit den weißen Strähnchen hingen sanft über ihre Schultern, ihre Schritte waren leise und kaum wahrnehmbar.
Geschockt erkannte ich die ehemalige, große Hexenmeisterin Alexandra Taikã, die da vor uns stand.

Sie hielt ihren Kopf gesenkt, sodass wir ihr Gesicht nicht sehen konnten und blieb zwischen den beiden Tigern stehen.
"Ihr... seid Miko...? Und Zayl...?" ertönte ihre zittrige, traurige Stimme und Zayl antwortete ihr wahrheitsgemäß.
Sie hob den Kopf und als sie uns ansah wurde mir klar, dass ihre Augen genau wie die der Tiger waren.
Weiß... und leer.
Geisterhaftig leer...
Das schimmernde Blau-grün, das sich dort einmal gespiegelt hatte, war erloschen.

Sie war ein Geist...
Die tote Hexe streckte ihre Hände vor und ließ die beiden Hexenhüte fallen, die sie getragen hatte.
Sobald einer der Hüte den Boden berührte, fuhren die beiden verschiedenfärbigen Tiger von ihrer Position nach vorne.
Jeder von ihnen verbiss sich in einen Hexenhut und zerfledderte ihn, bis nurnoch das Gestell und ein paar Stofffetzen übrig waren.
In dieser kurzen Zeit schritt Alexandra an ihnen vorbei und zu uns.

Sie blieb sehr... sehr dicht vor mir stehen und beugte sich leicht zu mir.
Ich sah sie unsicher an, aber bewegte mich kein Stück.
Sie legte ihre Finger unter mein Kinn und den Kopf schief.
"Ihr beide... werdet es tun..." krächzte sie und bei dem plötzlichen, dunklen Unterton in ihrer Stimme fuhr ich zusammen.
"Was... werden wir tun?" fragte Zayl und die tote Hexe trat zurück.
Ich krallte mich in den Arm des starken Wolfswandlers und beobachtete sie...

Alexandra gab Zayl jedoch keine Antwort auf diese Frage und drehte sich um.
Sie zeigte auf die beiden Tiger und dann nach hinten, auf uns.
Da sahen die beiden Tiergeister in unsere Richtung. Jing... der weiße Tiger mit den schwarzen Streifen... starrte mich an.
Jang... der schwarze Tiger mit den weißen Streifen... starrte Zayl an.

Da hörte ich, dass Alexandra ihnen etwas zuflüsterte.
Ganz leise... ich verstand es kaum... eigentlich gar nicht...

Und da ließen die Tiergeister die zerfetzten Hexenhüte fallen.
Sie rannten sofort los, auf uns beide zu und streckten ihre Krallen nach uns aus.
Verschreckt lugte ich zu der toten Geisterhexe und konnte sehen, dass sie über ihre Schulter, zu uns sah.
Und sie lächelte.
Als würde sie wissen, was bald passieren würde.
Als würde sie sich darauf freuen.

Nur Momente darauf krachten die beiden Tiger mit uns zusammen und... ich öffnete erschrocken die Augen...

Keuchend und völlig verwirrt setzte ich mich auf und sah mich um.
Mein Herz raste und ich saß schweißgebadet in meinem geteilten Bett mit Liam und Nayl.

Als meine Familie nämlich erfahren hatte, was Zayls Rudel passiert war, hatten sie angeboten, dass wir alle in unserem Lager unterkamen.
Und so konnten wir die überfüllte Halle nun doch wieder verlassen. Wir hatten uns von der Stadt, in der überall durchgedrehte Wandler wüteten, zurückgezogen.
Sogar Zlara und Denise waren mit uns mitgekommen.
Jedoch... schienen die beiden, sich etwas zerstritten zu haben, nachdem Zlara die Babys geholt hatte.
Sie redeten kaum noch miteinander...

Aber das war nicht mein Problem. Ich hatte ein ganz anderes.
Meine Handfläche... Sie brannte.
"Ah! Scheiße!" rief ich erschrocken und sprang aus dem Bett.
Erstaunlicherweise tat es nicht weh... aber ich brannte.
Liam und Nayl wachten von meinem Schrei natürlich auch auf und sahen mich entgeistert an, als sie sahen, dass ich wortwörtlich heiß gelaufen war.

Ich deutete ihnen, mich das regeln zu lassen und konzentrierte mich auf die Hitze in meiner Hand.
Irgendwie bekam ich sie unter Kontrolle...
Langsam ging sie zurück und das Feuer erlosch. 

Gottseidank hatte ich die Decke nicht angezündet... Jedoch bemerkte ich da ein Zeichen in meiner Handfläche...
Geschockt sah ich genauer hin. Aber es stimmte, was ich sah.

Die weiße Hälfte des Symbols von Jing und Jang.

𝑺𝒏𝒐𝒘𝒇𝒂𝒍𝒍 𝒎𝒊𝒅 𝒔𝒖𝒎𝒎𝒆𝒓 |BLKde žijí příběhy. Začni objevovat