40. Die halbe Wahrheit

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-756 𝑱𝒂𝒉𝒓𝒆 𝒛𝒖𝒗𝒐𝒓:
-𝑨𝒍𝒆𝒙𝒂𝒏𝒅𝒓𝒂 𝑻𝒂𝒊𝒌𝒂̃𝒔 𝑺𝒊𝒄𝒉𝒕:

"Jing! Geh von Jang runter! Ihr habt beide genug zu essen!" rief ich dem weißen Tiger mit den schwarzen Streifen zu und verdrehte belustigt die Augen.
Diese beiden Tiger kosteten mich noch die letzten Nerven. Sie konnten nicht einmal in Ruhe fressen.

Jing hüpfte also murrend von seinem Bruder herunter und ließ dessen Steak fallen, worauf der schwarze Tiger es sich sofort wieder schnappte.
"Komm schon her, du hast schon gefressen." meinte ich und setzte mich auf den Boden des blumenbeschmückten Raumes, in dem ich mich hier befand.
Ranken schlängelten sich durch deren Wurzeln, verliefen in den Wänden und ließen einen großen Platz in der Mitte frei. Genau dort fütterte ich die beiden, jeden Tag.
Hier waren wir ungestört.

Der weiße Tiger schmiegte sich an mich, hob seinen Schweif und schnurrte laut, während Jang hinter ihm den letzten Rest seines Mittagessens verschlang.
"Gefräßige Biester." lachte ich und fuhr mit meinen Fingerspitzen durch Jings weiches, magisches Fell.
Bei jeder meiner Berührungen leuchtete sein Pelz sanft auf, gab ein leises Flüstern von sich, wie der Wind in einer späten Waldesnacht.
Da kam auch Jang langsam zu uns geschlendert, presste sein Fell gegen Jing und seinen Kopf gegen meinen Arm.
Ich zog sie beide zu mir, worauf sie verspielt knurrten und ihre Pratzen sanft gegen meinen Bauch drückten.
Im nächsten Moment setzte Jang sich schon auf mein Bein und ich murrte ihn beleidigt an.
"Runter von mir, mein Herr. Du bist nicht gerade leicht." murmelte ich und drückte den schwarzen Tiger von mir, worauf er sich spielerisch in Jings Ohr zerbiss.
Die beiden krallten sich in das Fell des anderen, beganen, zu raufen und zu spielen.

Sie entfernten sich von mir und ich stand darauf wieder auf.
Ich musterte die beiden spielenden Großkatzen und sah auf meine Handflächen.
Auf meiner rechten die schwarze und auf meiner linken die weiße Hälfte des Kleissymbols. Der Ursprung der beiden Tiger und die Verkörperung ihrer Kräfte. Ihres Gleichgewichts.
Je besser sie sich verstanden, desto stärker war die Verbindung der beiden Hälften.
Es war eine gute Idee, Jing und Jang damals als Lebewesen darzustellen. Nicht nur, um sie besser unter Kontrolle zu haben, sondern auch... um sie besser zu verstehen.
Als ich diese Aufgabe von meiner Vorgängerin bekam, auf dieses Gleichgewicht aufzupassen, wusste ich nicht, wie viel Wert es hatte.
Jing und Jang waren nicht einfach nur zwei Gegensätze, sie waren... wie Brüder. Ihre Tigerformen spielten miteinander... sie rauften um Steaks, liefen sich gegenseitig nach und verhielten sich wie zwei normake Hauskatzen. Nur in Groß.

"Alexandra! Hey!" hörte ich plötzlich eine mir vertraute Stimme und ich drehte mich um.
Denise kam gerade aus einem ihrer Portale gestolpert und winkte mir, mit einem freundlichen Lächeln.
Jedoch... konnte ich in ihrem Blick etwas erkennen.
Schon seit ich die Aufgabe erteilt bekam, Jing und Jang zu beschützen, sah sie mich so an.
Sie lächelte zwar, aber hinter ihrem freundlichen Grinsen steckte ein Verlangen, dass man nicht stillen konnte.
Sie war auf meine Macht aus. Auf Jing und Jang.
Aber sie würden nicht auf sie hören.
Was sie auch tat, sie würde nie die Kontrolle über die beiden haben.
Nicht ohne die beiden Zeichen auf ihren Handflächen und das Vertrauen der Tiger. 

"Und? Wie geht's?" fragte mich die braunhaarige, junge Hexe und stellte sich zu mir.
Ich lächelte nur zurück und seufzte.
"Die beiden sind eine ganze Handvoll. Gehen wir mit ihnen raus?" meinte ich und sie legte ihre Hand an meinen Rücken.
"Na sicher. Ihr vergammelt hier drin ja schon."
Ich ließ mich von ihr leiten, spürte ihre Hand an meinem Rücken und wusste automatisch... bald würde ich nicht ihre Hand an meinem Rücken spüren.
Sondern ein Messer, das von ihr gehalten wurde.

-7 𝑻𝒂𝒈𝒆 𝒔𝒑𝒂̈𝒕𝒆𝒓:
-𝑫𝒆𝒏𝒊𝒔𝒆 𝑺𝒊𝒄𝒉𝒕:

Sie... war wirklich tot.
Ich hatte es geschafft.
Jing und Jang waren tot. Alexandra Taikã... war tot.
Kinia. Sie hatte ihren Platz eingenommen.
Aber irgendwas ist falsch gelaufen. Die Geister der Tiger waren... außer Kontrolle. Alles, was ich tun konnte, war, sie in eine Richtung zu scheuchen und durch sie Chaos anzurichten.
Aber das, was ich wollte, hatte ich nicht erreicht...

"Chey, du."
Verwirrt wirbelte ich herum und starrte die Hexe an, die dort vor mir stand.
"W-was...?" murmelte ich und versteckte das blutverschmierte Messer hinter meinem Rücken.
Auch, wenn ich gerade unter einer alten Federneiche und genau vor Alexandras Leiche stand.
"Du chast sie wirklich getötet? Interessant." meinte die Frau vor mir und ich nickte langsam.
"Hm... du gefällst mir." lachte sie und streckte ihre Hand nach meiner aus.
Von ihrem Akkzent und ihrer Freundlichkeit gegenüber den Umständen überrascht, nahm ich ihre Hand an.

"Ich cheiße Zlara. Und du?"

𝑺𝒏𝒐𝒘𝒇𝒂𝒍𝒍 𝒎𝒊𝒅 𝒔𝒖𝒎𝒎𝒆𝒓 |BLWo Geschichten leben. Entdecke jetzt