13. wissen

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Wir folgten Denise durch das verzerrte Portal und als ich einen Fuß auf die andere Seite setzte, war der Wind plötzlich weg.
Zayl folgte mir und als er durch das Portal war, sog es sich in sich selbst zusammen und verschwand.

Nun standen wir in einer Art schwarzen Leere, einem Raum ohne Wände und Landschaft.
Bis in weite Fernen erstreckten sich Portale, die in Reihen aufgestellt waren, und aus denen hunderte Hexen strömten. Sie nutzten die Portale, gingen hinein und hinaus, redeten miteinander und Tauschten Berichte aus. Manche von ihnen trugen ein kleines, schwebendes Bild mit sich herum und andere schienen... jemanden gefangen zu haben...?

Hier herrschte so viel Betrieb, dass Zayl und ich Denise in den ganzen Hexenhüten fast verloren.
"W-warte! Kannst du uns das mal erklären!?" rief ich ihr hinterher und Denise drehte sich um.
Milda ließ ihre Hand los und ging ihrer Wege, in eines der Portale.

Nun blieb die dunkelblonde Hexe endlich stehen und wir kamen zu ihr.
"Um es kurz zu machen... ihr beiden wurdet bei der letzten Walpurgisnacht von der Allsehenden gewählt. Ihr habt sicher von den komischen Vorfällen gehört und sie vielleicht... schon selbst erlebt." fing sie an, zu reden und im nächsten Moment erschien ein waberndes, magisches Bild von Nayl in ihrer Hand.
Erstaunt sah ich genauer hin und das Bild änderte sich. Nun war der tote Körper des Wolfwelpens zu sehen und ich merkte, wie Zayl hinter mir zusammenzuckte.
"Aber das ist gar nicht der Punkt, oder?" meinte er und sah Denise fest an.
Sie schüttelte ihre Hand aus und ließ die Bilder verschwinden, bevor sie ihren dunklen Hexenhut richtete und nickte.
"Du hast recht. Das hat alles eine tiefere Bedeutung... aber ich kann euch die Geschichte nicht erzählen. Erst, wenn ihr bei der Allsehenden seid werdet ihr mehr erfahren. Sie ist das Zentrum unserer Hexengeneration und leitet den Hexenzirkel." erklärte sie und ich sah Zayl unsicher an.
"Zuerst... solltet ihr sie treffen. Wir können euch im Moment nicht einfach gehen lassen."

.
Eine Zeit danach hatte uns die junge Hexe durch eines der anliegenden Portale, vorbei an erschrocken blickenden Hexen, zu einer Art Unterschlupft geführt.
Es war ein sehr breiter, dunkler Gang, in dem dauernd junge und alte, große und kleine Hexen hin und her rannten und als sie uns sahen, wirkten, als hätten sie einen Schlag ins Gesicht bekommen.
Zayl und ich gingen Denise einfach nach und sahen uns um.
Es fühlte sich nach dem Gang einer U-Bahn an. So kühl und dunkel, trotzdem so belebt und ohne Pause im Gange.
"Wo gehen wir hin?" unterbrach Zayl meine Gedanken und die hübsche Hexe vor uns antwortete ihm beiläufig.
"Wir gehen zu Kinia. Sie ist die Älteste und die Allwissende des Hexenzirkels. Sie wird mit euch fortfahren."
Mit dieser Info im Kopf sah ich zu Zayl, dessen weiße Augen mich genau so planlos ansahen, wie ich mich fühlte.
Wir folgten ihr also weiter, durch Gänge, an Leuten vorbei und schließlich zu einer Tür...
Sie war alt, bestand aus Holz und zahllose, mit Dornen beschmückte Ranken wuchsen aus ihr heraus. Die Ranken stemmten sich gegen den Boden, wucherten duech die Wände und liefen mit ihren Wurzeln am Türgriff zusammen.
"Hier ist ihr Hauptsitz. Ich darf leider nicht weitergehen. Ihr müsst alleine hinein, aber ich werde auf euch warten." meinte Denise dann, griff nach einer der Ranken über der Türschnalle und die Tür öffnete sich, wie von Zauberhand.
"Magie..." flüsterte ich und sie nickte belustigt.
"Ja, Magie."

Hinter uns schloss sich die alte, knorrige Holztür und wir standen nun zu zweit in einem großen, voll bewachsenen Raum. Überall wuchserten Pflanzen, größer als Autos oder kleiner als meine Hand und schmückten so den ganzen Raum aus.
Blätter, Äste und Lianen hingen in meinem Sichtfeld und ein starker Geruch nach Natur und Pflanzen erfüllte die Luft.
"Willkommen, ihr beiden." ertönte plötzlich eine mysteriöse Frauenstimme und ich merkte, wie der Raum sich atmosphärisch veränderte.
Die Luft wurde warm und vor uns teilten sich ein Paar Rankenwurzeln, die eine große, alt aussehende Frau freigaben.
Sie hatte ein Kleid mit einem langen Schleier auf dem Rücken, einen alten, zerrissenen Hexenhut auf, und einen verworrenen, verbogenen Ast als Gehstock in der Hand.
Ihre langen, grauen Haare betonten ihr freundliches Lächeln und sie hieß uns mit offenen Armen willkommen.

"Ich habe auf euch gewartet. Komm nur, meine beiden." lächelte sie und winkte uns zu sich.
Wir kamen zu ihr und bei jedem Schritt, den wir taten, wichen die Ranken und Wurzeln am Boden zur Seite, um uns einen freien Weg zu geben.
Wir folgten ihr und sie erklärte uns etwas über sich selbst.
"Ich bin Kinia. Manche kennen mich unter 'Die Allsehende'. Bei der letzten Walpurgisnacht habe ich euch beide im Traume gesehen. Ihr seid sehr stark. Du weißt das bereits." meinte sie und deutete bei ihrem letzten Satz plötzlich auf Zayl.

Wir blieben beide stehen und sahen sie überrascht an.
"Ich...?" "Ja, du. Du siehst die Dinge, die andere denken, wenn du sie nur berührst. Du kannst Materielles vereisen und dein Wille ist stark."
Als sie das sagte, starrte sie Zayl warm an und ich rutschte näher an ihn heran.
"Aber du... weißt nichts über dich." flüsterte Kinia und deutete auf mich.

"Ihr wisst beide nicht, wer ihr seid. Aber du... weißt nicht einmal, warum du geboren bist."

𝑺𝒏𝒐𝒘𝒇𝒂𝒍𝒍 𝒎𝒊𝒅 𝒔𝒖𝒎𝒎𝒆𝒓 |BLWo Geschichten leben. Entdecke jetzt