20. Rush, Kayla und Kais

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-𝑵𝒂𝒄𝒉𝒎𝒊𝒕𝒕𝒂𝒈:

Ein paar Stunden später war Zayl wieder wie neu und seine Körpertemperatur dank meiner neugewonnenen Kontrolle über die Wärme meines Körpers wieder normal.
Er hatte mir auch erzählt, was passiert war, als ich geschlafen hatte.
Jings Illusion war natürlich verschwunden und Zayl blieb mit mir noch eine Weile bei seiner Familie, bevor sie ihn überredet hatten, mit mir in ein Hotel zu gehen.
Sie meinten, sie würden zurecht kommen und wir sollten uns darauf konzentrieren, mit alle dem erstmal fertig zu werden.
Das Hotel, das Zayl genommen hatte, war nahe an der Halle dran, in der seine Familie untergebracht war und wir hatten direkten Zugang zur Stadtmitte mit allen möglichen Geschäften. Also könnten wir hier eine Weile bleiben.

"Ist mal ganz entspannend. Eine Abwechslung." meinte Zayl auf einmal und riss mich aus den Gedanken.
Wir befanden uns gerade in einem Gasthaus in der Stadt und aßen gemütlich etwas.
In seinem Blick erkannte ich zwar immer noch die Trauer und die Angst um seine Familie, aber er sah mich mit Zuversicht an.
Er hatte mir versprochen, dass wir das schaffen würden.
Wir würden das Gleichgewicht zwischen den beiden Seiten wieder herstellen.
Koste es, was es wolle.

"Kannst du mir vielleicht... etwas über Rush erzählen? Und Kais und Kayla?" fragte ich den starken Wolfswandler und er hielt mit der Gabel voll Nudeln in der Hand inne.
Auf seinen Lippen bildete sich ein schmales Lächeln und er senkte seine Gabel.
"Besser noch... ich kann es dir zeigen."

.
Ich roch... Hasenblut...
Da war das leise Fiepen eines neugeborenen Vogels... und das Rascheln von Laub auf dem Boden.
Pfoten striffen dadurch. Regelmäßige Schritte. Und... unregelmäßige.

"Das war vor ein paar Jahren... es war Kais dritte Jagd." ertönte Zayls Stimme neben meinem Ohr und ich sah mich um.
Ich schien, diese Erinnerung aus seiner Sicht mitzubekommen.
Vor mir erstreckte sich das Lager, in dem Zayls Rudel lebte. Oder... gelebt hatte.
Auf dem mit Laub bedeckten Boden lagen ein paar zerfleischte Hasenkörper und deren Innerein, an denen zwei Wolfswelpen knabberten.
Ich... oder Zayl... ging zu den Körpern und da waren auch noch andere Wölfe, die an den toten Tieren fraßen.
»Haha! Kay hat den hier erwischt! Ich bin so stolz auf meinen Bruder!« rief die Stimme eines jungen Wolfes in meinen Kopf und ich sah zur Seite. Dort kamen zwei Wolfe. Einer von ihnen humpelte stark... sein linkes Hinterbein schliff bewegungslos über den Boden und seine linke Vorderpfote war so sehr verdreht, dass es mir wehtat, auch nur hinzusehen.
Der Wolf, der gesprochen hatte, musste Kais sein. Kay war der humpelnde Wolf und sein Bruder.
»Das hat er wirklich echt gut gemacht.« meinte da die Stimme eines kleinen Mädchen und da kam ein Welpe hergesprungen.
Ich kam zu den angebissenen Hasen und hörte, wie Zayl in dieser Erinnerung sprach.
»Wir sind alle stolz, Kayla. Nicht einmal Rush hat so einen guten Fang erzielt.« »Aber der Hase war ja auch verletzt!« jammerte eine andere Stimme und durch Zayls Kopf zuckte ein belustigtes Lachen.
»Sei nicht so eifersüchtig, Rush. Du hast andere gute Tage.« entgegnete die kleine Kayla und der fröhliche Welpe schnappte sich ein Hasenbein und riss es aus dem Körper des Kadavers.
Sie tappselte zu Kay und hielt es ihm hin. Jedoch schnappte Kais es seinem Bruder weg und die beiden rannten sich spielend hinterher, trotz Kays Einschränkung.
»Ach, die beiden sind echt dickköpfig.« murmelte Veronica in meinen Kopf und ich sah mich nach ihr um.
Sie saß in ihrer menschlichen Gestalt neben Zayl und flechtete aus ein paar langen Blättern eine Art Schale. 
»Haha. Kriegst mich nicht!« lachte Kais und wedelte Kay mit seinem Schweif im Gesicht herum.
»Na warte! Nur, weil ich nicht so viele funktionierende Beine habe, heißt das noch lange nicht, dass du schneller bist!«

Langsam verschwomm die Erinnerung vor meinen Augen und ich spürte, wie Zayls Hand sich von meinem Kopf löste.
"Wow... sie waren wirklich..." "Lebensfreudig?" beendete er meinen Satz und ich setzte mich bequem auf seinem Schoß hin.
"Ja... so wirkten sie." murmelte ich und da kam eine Kellnerin zu uns.
Sie grinste uns freundlich an und fragte "Darf es für sie und ihren Mann noch etwas sein?"

Huh?!
"Wa...?"
Überrascht starrte ich Zayl an, der genauso überrumpelt zurück starrte.
Was hatte sie gesagt?
"Ähm... ja...? Äh, n-nein! W-wir sind fertig! Oder...?" murmelte ich schnell und sah unsicher zu Zayl.
Er nickte stumm, wobei mir der Blick der Kellnerin nicht entging.
Sie lächelte uns an, als wüsste sie alles, das zwischen uns geschehen war.
Und als wüsste sie, was noch kommen würde.
"Na dann. Hier, Ihre Rechnung."

.
Bald darauf waren wir wieder im Hotel angekommen und Zayl hatte die Worte der Kellnerin wahrscheinlich schon wieder vergessen.
Aber ich...
Oh, nein.
Mir geisterten sie im Kopf herum. Es fühlte sich an, als würden sie mit Jing und Jang um einen Platz in meinem Verstand kämpfen.
Obwohl mir die beiden toten Tigergestalten doch mehr Sorgen bereiten sollten.
Aber trotzdem...
Pochte mein Herz gegen meine Brust, sobald ich auch nur daran dachte, Zayls Ehemann zu sein.
Aber... ich sollte es nicht übertreiben.
Wir waren beide nur gestresst und wollten einen Ausweg aus dem Ganzen. Sicher war es nicht mehr...
Ganz sicher...

"Willst du schon schlafen?" riss Zayls Stimme mich aus den Gedanken und ich fuhr zusammen.
Ich hatte ihn gar nicht gehört.
"Du sitzt jetzt schon fast 10 Minuten still auf dem Bett und starrst in die Luft." meinte er belustigt und ich schüttelte schmunzelnd den Kopf.
"Nein, ich... hab nur nachgedacht." antwortete ich und schob meine Gedanken hastig zur Seite.
Ich sollte mich wenigstens etwas mehr konzentrieren.
"Also, Miko... wir sollten reden."

Als er das sagte, fuhr ein kalter Schauer über meinen Rücken und die Häärchen in meinem Nacken stellten sich auf.
"Was...-" "Über unsere Visionen und das Gleichgewicht." unterbrach er mich und ich atmete leise erleichtert aus.
Ich dachte, er würde etwas Anderes meinen.

"Ja, du hast recht."
Wir sollten reden.

𝑺𝒏𝒐𝒘𝒇𝒂𝒍𝒍 𝒎𝒊𝒅 𝒔𝒖𝒎𝒎𝒆𝒓 |BLWo Geschichten leben. Entdecke jetzt