29. Entwicklung

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Plötzlich war lauter Aufruhr von Außerhalb des Raumes zu hören und ein beunruhigender Gedanke zuckte durch meinen Kopf.
Zayl hatte die selbe Vision.
War ihm so etwas etwa auch passiert?

"Was war das, Miko!?" rief Liam verstört und ich setzte an, ihm irgendwie etwas zu erklären. Aber davor ging die Tür auf.

"Kümmere dich um Zayl, Miko. Wir haben Risha, Autum und Veronica sicher hinausbegleitet... aber er will nicht aus dem Raum." meinte Hatcher, der da im Türrahmen stand.
Ich schüttelte meine Hand aus und kam zu ihm.
Hoffentlich war nichts schlimmes passiert. Natürlich, Feuer war gefährlicher, als Eis, wenn es außer Kontrolle geriet, aber unter den Umständen... Zayl schlief mit Risha, meinem Bruder und seine Mutter im gleichen Raum. Und die frischgebackene Mutter war noch sehr schwach auf den Beinen...
Ich schlängelte mich also an Hatcher vorbei, in den Gang des Hauses unseres Lagers, als mir Risha, gestützt von Mona, entgegen kam und als sie mich sah, blieb sie stehen.

"Oh, Miko! Bitte sag deinem Freund, dass mir nichts passiert ist. Er hatte so Angst, dass er mir wehgetan hätte. Dabei ist er selbst ziemlich kalt... Ich weiß zwar nicht, wie das möglich ist, aber seit den letzten Tagen wundert mich nichts mehr." murmelte sie und ich sah sie verblüfft an. Es kam mir ungewohnt vor, dass Umstände, die mich und irgendetwas Übernatürliches beinhalteten, einfach so hingenommen wurden.
Kopfschüttelnd wischte ich meine Verwirrung beiseite und ging an ihr vorbei, den Gang entlang. Ich brauchte gar nicht nach dem Zimmer zu suchen, in dem Zayl geschlafen hatte, da sich die dunkelblauen Wände neben der Tür vor Frost fast weiß verfärbt hatten.
Auch die Tür selbst war nicht unversehrt geblieben und bis in die letzte Ecke von massivem Eis überzogen.

Seufzend griff ich nach dem kalten, metallischen Türgriff und drückte ihn mit aller Gewalt, die ich aufbringen konnte, runter. In diesem Moment hätte ich gerne meine Handschuhe an gehabt. Kalt...
"Zayl?" fragte ich vorsichtig, als ich die Tür schließlich auf bekam.
Als ich ihn inmitten des Zimmers und somit einer riesigen von Schnee und Eis bedeckten Höhle stehen sah, musste ich zugeben, dass ich so ein Ausmaß nicht erwartet hatte...
Er stand völlig verloren neben seinem Bett und musterte seine Hände, die mit einer feinen Tauschicht überzogen waren.

"Zeig mir deine Hände." meinte ich ruhig und er sah mich erschrocken an.
"I-ich... Es ging alles so schnell u-und ich hätte Risha fast-..." "Zayl. Zeig mir deine Hände. Komm schon, du mutiger Alpha." unterbrach ich ihn und kam näher.

Mit jedem Schritt schrie mich mein Körper an, aus dem zur Antarktis mutierten Raum, in den warmen Gang zu fliehen. Aber ich tat es nicht. Ich ging stattdessen auf die Quelle der Kälte zu. Ich würde ihn hier nicht alleine stehen lassen.
Solange Zayl ein Problem hatte, hatte auch ich eines.

Der große Wandler streckte mir seine zitternden Hände entgegen und ich nahm sie in meine. Auf seiner rechten Handfläche war die schwarze Hälfte des Symbols aufgetaucht. Bei mir war es auf der linken.
Ich legte meine linke Hand in seine Rechte, vervollständigte somit das Zeichen auf unseren Handflächen und ließ meine Wärme wirken.

Auch, wenn ich sie nicht immer unter Kontrolle hatte... sie gehorchte mir, wenn es wirklich wichtig war.
So wie jetzt.

Ich sah den großen Wolf sanft an und spürte ein leichtes, gedämpftes Stechen in meiner Handfläche.
Es war, als würden die beiden Symbolhälften aufeinander reagieren. Aber... nicht nur aufeinander. Sondern auch auf mich und Zayl. Unsere Bewegungen, unsere Taten... unsere Gefühle.

Zayl spielte mit meiner Hand und verschränkte seine Finger mit meinen.
Seine Arme wärmten sich auf und das Eis löste sich auf. Es tropfte von seiner Haut, auf den Boden und verschwand schließlich als Dunst in der Luft.
Er schien, sich wieder beruhigt zu haben. Er musterte verträumt meine Hand und nahm gleichzeitig meine zweite Hand.
Ich trat nahe zu ihm und sah zu ihm hinauf.
Es war, als würden seine schneeweißen, durchstechenden Augen mir tausende Worte zuflüstern.
Er sah zu mir hinunter und hielt meinem Blick mit Leichtigkeit stand.
Ohne weiter überlegen zu müssen, regte ich mich ein paar Zentimeter in die Höhe und stellte mich auf die Zehenspitzen.
Ich legte meine Arme um seinen Nacken und schloss die Augen.

Im nächsten Moment spürte ich seine sanften Hände an meiner Taillie und seine kalten Lippen auf meinen.
Sofort wirbelten tausende Gedanken durch meinen Kopf. Verlockende Gedanken, gute und schlechte Gedanken. Süße und saure Gedanken.

Ich öffnete leicht den Mund und legte meine Hand an seine Wange.
Wir gingen langsam in einen Zungenkuss über und ich verlor mich in diesem unglaublichen, süßen Gefühl.
Die Wärme in meinem Körper reagierte auf Zayls Kälte.
Ich spürte, wie sich etwas in mir einnistete. Eine kontrollierbare Kraft. Etwas... das seine zweite Hälfte gefunden hatte.
Und jetzt nicht mehr zu randalieren brauchte.

Langsan öffnete ich die Augen und wir lösten uns voneinander.
Er blickte mich sanft an und ich lächelte schüchtern zurück.
"Unglaublich~" flüsterte er und drückte mir noch einen zweiten, kurzen Kuss auf die Lippen.
Belustigt drückte ich ihn weg und sah dann meine Handfläche, mit dem weißen Halbsymbol darauf, an.

"Hast du das auch gespürt?" fragte er und ich nickte, mir automatisch bewusst, was er meinte.
"Es war, als-..." "Hätten wir unsere zweite Hälfte gefunden?" beendete der große Alpha meinen Satz und ich stieß ihn peinlich berührt in die Seite.
"Hey!" "Das klingt kitschig, wenn man es laut ausspricht." murrte ich, spielerisch beleidigt, und Zayl lachte mich leise aus.

"Haha... aber es stimmt, oder?" meinte er, als er fertig damit war, über mich zu schmunzeln und ich nickte scheu.
Er hatte recht.
Etwas in mir sagte mir, dass ich etwas gefunden hatte, das ich nie gesucht hatte...
Aber trotzdem gebracht hatte.

𝑺𝒏𝒐𝒘𝒇𝒂𝒍𝒍 𝒎𝒊𝒅 𝒔𝒖𝒎𝒎𝒆𝒓 |BLWhere stories live. Discover now