take twenty two.

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„Bist Du den ganzen Weg hierher gerannt?", fragte Rick verdattert, als ich ausser Atem die Tür seines Ladens aufriss. Er war gerade dabei neue Platten im Schaufenster zu platzieren.

„So gut es ging", japste ich und lehnte mich an die nächstbeste Wand.

Sobald ich mich mehr oder weniger wieder beruhigt hatte, war ich aus dem Haus gestürmt. Attila hatte noch versucht mich aufzuhalten und auf die Sache im Badezimmer anzusprechen, doch ich ignorierte ihn gekonnt.

„Ist irgendetwas passiert, dass Du hier bist?", fragte Rick Mit den Armen vor der Brust verschränkt musterte mich einer meiner ältesten Freunde kritisch. „Aber setz Dich lieber auf den Stuhl hinter der Kasse. Ich hab Angst, dass Du mir sonst hier noch kollabierst."

Nickend bewegte ich mich hinter die Kasse und liess mich auf besagtem Stuhl nieder. Rick stellte mir eine Wasserflasche vor die Nase, welche er unter dem Kassentresen hervorholte. „Trinken und erholen", befahl er mir, „Dann alles erzählen."

Dankend leerte ich die Flasche und holte tief Luft: „Du weisst doch, dass irgendetwas in mir einen auf Mutter Theresa machen will und diesem Geschwisterpaar helfen will, richtig?"

Rick nickte stumm. Nun war er es, der – im Gegensatz zu mir – lockerlässig an der Wand gelehnt stand und die Arme vor der Brust verschränkte. Er hatte die Arme seiner Jeansjacke nach oben gekrempelt, sodass die Tattoos auf seinen Unterarmen mich anlächelten. Leer schluckte ich und wand meinen Blick von Rick ab. „Es könnte sein, dass einer der beiden, der Junge, ein Tattoo hat, welches keine guten Gefühle in mir weckt."

„Kannst Du nicht noch kryptischer als sonst sprechend?", brummte Rick. „Ich weiss bis heute nicht, wie Edgar aus deiner komischen Art dich auszudrücken schlau werden konnte", nuschelte der einstige Schlagzeuger von Curse of 27 mehr zu sich selbst als zu mir. Seine Worte waren ein erneuter Stich ins Herz.

Well-built ships sail on even in the darkest times", zitierte ich aus einem ihrer Songs. Rick runzelte nur noch mehr die Stirn als zuvor. „well-built ships, der Song, den Edgar damals für Dich geschrieben hat, was..." – „...und das Zitat, welches Attila – also der Typ, der jetzt bei mir im Gästezimmer wohnt, weil ich das Gefühl hatte Mutter Theresa zu spielen – tätowiert hat", unterbrach ich Rick, „in Edgars Handschrift. Mit Papierschiffchen daneben."

Autsch", machte Rick. Der Braunhaarige blickte gegen den Boden, ehe er plötzlich mit weitaufgerissenen Augen anstarrte. „Warte, Nate. Warte. Ist der Typ etwa gleich gross wie Edgar? Blondgefärbte Haare?"

Stumm nickte ich. „Sag bloss, Du kannst Dich auch an ihn erinnern." Ich bemerkte die fragenden Blicke von Rick. „Nach dem ich das Tattoo auf seinem Arm gesehen hatte, bin ich eventuell bisschen am Rad gedreht. Na ja... Du weisst schon. Bisschen sentimental werden, im Zimmer einsperren..." Die ganze Situation war mir dermassen unangenehm. Das merkwürdige Lächeln auf meinen Lippen drückte wohl dasselbe aus, da Rick mich kritisch ansah. Leise seufzend kratzte ich mich am Hinterkopf und begann ihm zu erzählen, an was ich mich erinnert hatte. Daran, wie Edgar mir von Attila erzählt hatte. Wie sehr der blonde Junge Edgar durch sein Erlebtes an mich erinnerte. Und daran, wie sehr Edgar gerührt war, dass sich jemand nicht nur einen seiner Texte tätowieren liess, sondern das ganze noch in seiner eigenen Handschrift festhielt.

„Wie verdammt klein diese Scheisswelt doch ist", murmelte Rick. Er stiess einen kleinen Seufzer aus und lächelte schwach. „Du willst vermutlich einen Rat von mir, wie Du mit der Situation umgehen sollst, richtig Nate?"

Ich schüttelte den Kopf. Jedoch schluckte ich leer und begann zu nicken. „Ich weiss nicht, wie ich ihm meine Reaktion auf sein Tattoo erzählen soll?"

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