take twenty six.

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Ich war kaum aus dem Fahrstuhl des Wohngebäudes getreten, da schallte mir bereits laute Musik aus der Richtung meiner Wohnungstür entgegen. Meine Nachbarin, eine ältere Dame welche auf die achtzig zuging, kam zu allem Übel auch noch aus ihrer Wohnung getreten.

„Mr Balthazar", ermahnte sie mich mit erhobenem Finger. „Ja, Mrs Fuchs?", begrüsste ich sie Augenzwinkernd. „Könnten Sie bitte die Musik in Ihrer Wohnung runterdrehen?", sie versuchte freundlich zu klingen, obwohl sie mir am liebsten eine mit ihrer Bratpfanne gescheuert hätte. „Aber sicher", lächelte ich. Ich war bereits auf dem Weg zu meiner Wohnung, als meine Nachbarin Mrs Fuchs mich erneut anhielt. „Mr Balthazar?", fragte sie zögernd. Ich blieb stehen und drehte mich zu ihr um. „Ja?"

„Fahren Sie an Silvester weg?", wollte sie wissen. Ich schluckte leer und blickte an die Decke. „Nein. Warum wollen Sie das wissen?" „Wenn Sie nicht allein sein wollen, Mr Balthazar, meine Katze und ich haben noch einen Platz für Sie frei. Zum Abendessen."

Ich lächelte, schüttelte aber den Kopf. „Das ist wirklich lieb von Ihnen, Mrs Fuchs. Zwar fahre ich nicht weg, habe jedoch Besuch im Moment."

Vielsagend zog sie die Augenbraue nach oben. „Trotzdem, schöne Rest-Feiertage, Mr Balthazar." „Danke. Ihnen auch Mrs Fuchs", murmelte ich und verschwand wie die ältere Dame in meiner Wohnung.

Ich räusperte mich, doch Attila nahm mich nicht wahr. Seufzend öffnete ich erneut die Tür du lies diese klangvoll ins Schloss fallen. Immer noch nichts. Ich griff nach der Einkaufstüte und stapfte in die Küche, wo ich sie auf den Küchentisch stellte und mich umsah. Mein Plattenspieler rotierte. Doch Attila – oder Flu – waren in der Küche oder dem Wohnzimmer anzutreffen. Erneut seufzte ich und ging hinüber zum Plattenspieler. Irgendwie war ich stolz auf Attila, dass er es geschafft hatte meine The Story So Far Platte, welche noch auf der Kommode lag, aufzulegen ohne etwas zu beschädigen. „Ich werde ja so gerne von solchen Texten begrüsst", murmelte ich zu mir selbst, als Parker Cannon, der Sänger von The Story So Far, mir die Passage „I'm trying hard, real hard, everyday not to lose my temper" ihres Smash-Hits Quicksand entgegenschmetterte. Ich nahm die Nadel von der Platte und damit stoppte die Musik. Meine Nachbarin Mrs Fuchs musste es mir danken.

Nachdem die Platte wieder zurück in ihrer Hülle war, machte ich mich auf die Suche nach Attila. Ich fand ihn auch relativ schnell in der Badewanne. Zum Glück nicht ertrunken. Er sass einfach nur im Wasser mit verschränkten Armen und schmollte vor sich her. Seufzend setzte ich mich auf den Rand der Badewanne.

„Ich bin nackt", brummte Attila. „Dir war das auch mal mir gegenüber egal, also", brummte ich in einem ebenso genervten Ton wie der blonde Junge in meiner Wanne. „Was ist los, Attila?"

Der Blonde wich meinen Blicken aus. „Ich bin mit dem falschen Fuss aufgestanden", murmelte Attila. Er hob den Kopf und sah mich mit einem selbstgefälligen Grinsen an. „Zufrieden?"

Ich nickte. „Magst Du darüber reden?", fragte ich. Attila tuckte mit den Schultern und wich wieder meinen Blicken aus. „Ich bin nicht gut darin über meine Gefühle zu sprechen." „Da sind wir nicht alleine", lächelte ich und boxte Attila in die Schulter. Er lächelte kurz und schwach. Es war kein ernstes Lächeln. Es war eines dieser „Nett"-Lächeln.

„Wenn ich über meine Gefühle spreche, dann in schriftlicher Form", öffnete sich Attila plötzlich von sich aus. Ich zog die Augenbrauen hoch und musterte ihn kritisch. „Lach mich nicht aus – aber wenn ich mich schlecht gefühlt habe in den letzten paar Monaten, dann hab ich immer Briefe geschrieben." „Das ist doch...", wollte ich sagen, doch hastig wurde ich von Attila unterbrochen. „Ich schreibe Briefe an meinen verstorbenen Lieblingsmusiker. Und bringe sie ihm vorbei. An sein Grab. Unter einem Stein auf seinem Grab liegen mehre von mir."

well built shipsWhere stories live. Discover now