take thirty one.

3.1K 272 39
                                    


Ich hatte es geschafft bereits kurz nach drei in der Früh ziemlich besoffen zu sein. Attila war im Schlafzimmer und schlief tief und fest. Er hatte nichts davon mitbekommen, dass ich mich aus dem Zimmer geschlichen hatte.

Die Bierflasche in meiner Hand gesellte sich zu den anderen auf dem Stubentisch. Ich war gerade dabei die nächste zu öffnen, als mein Handy vibrierte. Das Bier zur Seite stellend griff ich nach dem Ding. Ricks Name blinkte auf. „Ja?", lallte ich in den Hörer.

„Oh und meine Intuition hatte so was von Recht", seufzte Rick. Ich sah ihn förmlich vor meinem inneren Auge, wie er sich durch die Haare strich und den Kopf schüttelte. „Du besäufst Dich an deinem eigenen Geburtstag." „Halt die Fresse", zischte ich und griff nach der Flasche. Ich öffnete sie an der Tischkante und nahm einen kräftigen Schluck.

„Fick Dich und halt selbst die Fresse, Nate. Du benimmst Dich wie ein Kleinkind", fauchte Rick am anderen Ende des Hörers. Er war sichtlich genervt von mir und meinem Verhalten. Verständlich. Aber dafür war ich zu betrunken.

„Es ist mein gutes Recht...", lallte ich und nippte an meiner Bierflasche. Doch Rick war auf Diskussionskurs: „...nein ist es nicht. Nate, Du bist sieben... Entschuldigung, jetzt achtundzwanzig Jahre alt. Also benimm Dich gefälligst erwachsen. Nate - Du kannst nicht immer vor deinen Problemen weglaufen und..."

„...Fresse, Rick!", brüllte ich in den Hörer meines Handys. Attila hätte mich hören können, weswegen ich mich panisch herum sah. Doch da war nichts. Der blonde Strassenköter schien noch immer zu schlafen. Ich räusperte mich und fuhr in einem übertriebenen Flüsterton fort: „Ja, ich bin erwachsen. Also ist Alkoholkonsum mein gutes Recht." „Doch nicht in aller herrgottsfrühe, Nate!", seufzte Rick. Es war zu hören wie der Latino am anderer Ende des Hörers mit seinem Kopf gegen die Wand schlug, „Und besonders nicht weil Du..." „...erwähn seinen Namen nicht, Rick", fauchte ich.

Eine unangenehme Stille trat zwischen uns. Ich schlürfte weiterhin fröhlich an meinem Bier, während sich einer meiner einstigen Freunde den Kopf darüber zerbrach, wie er mich aufmuntern konnte. „Soll ich vorbei kommen?", flüsterte Rick nach einem Moment der Stille. „Du leidest. Da hast Du Beistand von Freunden nötiger als den von Alkohol. Soll ich vorbei kommen?"

Nein", sagte ich trocken und leerte die Flasche, „Attila ist hier und schläft. Er weiss immer noch nichts von euch. Ich krieg's nicht hin Rick. Ich kann nicht zu ihm hingehen und ihm das alles sagen. Es würde ihn kaputt machen. Und ich will nicht, dass er sich was antut..." „Nate", sagte Rick in einer einfühlsamen Tonlage, „Hör auf Dir..." „...nein!", rief ich energisch aus. Rick schwieg. Er wusste welchen wunden Punkt er erreicht hatte. Genauso wie er wusste dass jedes weitere Wort diesen wunden Punkt nur noch mehr verletzt hätte.

„Ich kann Dir ein Taxi rufen und Du kommst her." „Ich steig in kein Auto, Rick", fauchte ich. Rick am anderen Ende seufzte leise. „Gut, dass ich euch kein Taxi vom Flughafen zum Hotel organisiert habe", murmelte Rick trocken, „Ich kann Dich um die Uhrzeit doch nicht alleine zu mir laufen lassen. Nicht in diesem Zustand." „Mein Zustand ist grandios!", lallte ich ziemlich laut. Ein Wunder, dass da Atti nicht wach wurde. So laut wie ich war...

Wortlos drückte ich den roten Knopf auf meinem Handy. Heisst es nicht, dass man seinen Geburtstag geniessen und alle Menschen die man liebt um sich sammeln sollte? Wie zum Fick funktioniert so etwas, wenn die Person, die Du über alles liebst nicht mehr existiert. Wenn sie einfach weg ist. Nur noch eine Scheisserinnerung ist und man Angst davor hat, dass diese langsam erlischt.

Im Moment hatte ich die Erinnerung an Edgar noch lebhaft vor meinem inneren Auge. Dieses Jahr würde mich keiner mit Frühstück im Bett wecken. Sich mit mir in eine Badewanne mit einer dieser dämlichen Lush-Badekugeln setzen. Keiner der abends mit mir in mein Lieblingsrestaurant fahren, mein Lieblingsesssen und den Lieblingsrotwein bestellen und danach ins Kino sich den neusten Trash-Film reinziehen würde. Es würde dieses Jahr auch keinen Geburtstagssex mit anschliessendem Kuscheln geben.

well built shipsWhere stories live. Discover now