take twenty four.

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„Verdammt nochmal beeil dich, Mann!", hörte ich Attila aus dem Flur schon jammern. Ich war etwas spät dran, da ich es noch für nötig gehalten hatte, duschen zu gehen. Flurina war mit Allys bereits vorgegangen. Die beiden Mädchen wollten bei der Location auf uns warten. Attila wollte nicht mit, da er schiss hatte, ich würde gar nicht erst beim Exo aufkreuzen.

Wo Attila Recht hatte, hatte er Recht. Meine Laune zu meinem alten Stammlokal zu fahren, war nicht sonderlich gross. Aber schliesslich hatte ich es Flu versprochen.

Hastig spurtete ich aus meinem Schlafzimmer in den Flur. Attila musterte mich, während ich mir die Winterstiefel anzog und nach meinem Mantel griff. „Hübscher Pulli", kommentierte der Blonde. Ich schielte hinunter auf den weinroten Hoodie. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich den Refugees Welcome Hoodie trug, welchen Edgar einst für sich selbst bestellt hatte – nur war er ihm etwas zu gross, weswegen ich das gute Stück nun besass. Ertappt lächelte ich schwach. „Danke."

Auf dem Weg zum Exo wurde mir bewusst, dass ich nicht mal wusste, welche Band heute Abend spielte. Ich hatte weder Flu noch Attila oder Allys danach gefragt. Es fühlte sich ein bisschen so wie meine Jugend an. Oftmals hatten Edgar und die Jungs mich in den Schuppen gezogen ohne zu wissen, was spielt. Es war damals so üblich; wir unterstützen die Szene der Lokalbands und sie unterstützen Curse of 27. Es interessierte keinen, was für eine Band den Abend eigentlich auf der Bühne stand. So lange der Sound dazu gut war und man dazu pogen und skanken konnte, war die Welt heile. Man hatte den Spass seines Lebens – zumindest für eine Nacht.

„Warst Du schon mal auf einem Konzert?", fragte Attila mich auf unserem Weg zum Exodus. Wir waren nur noch einige Blocks davon entfernt. Leise lachte ich. „Ich weiss, man sieht es mir nicht an. Aber ja, war ich. Auf einigen schon."

„Klassische Konzerte zählen nicht", stichelte Attila zwinkernd, worauf ich die Augen verdrehte. „Ich weiss, du hältst mich nach wie vor für einen langweiligen Schnösel – aber stell Dir das vor, Attilein: Ich war noch nie in der Oper. Dafür schon drei Mal am Punk Rock Holiday." Ich grinste beim Anblick von Attilas runterhängender Kinnlade. „Na, das hast Du nicht erwartet."

„Hör auf mich neidisch zu machen", murmelte Attila mit gesenktem Kopf. Er vergrub die Hände in der Jackentasche. Leise seufzte ich. „Wer spielt heute Abend eigentlich?"

Terror Agent Kids", nuschelte der Blonde. Ich beobachtete ihn aus den Augenwinkeln, wie er eine Schachtel Kippen aus der Jackentasche zog und sich eine ansteckte. Attila hielt mir die Schachtel hin. Kopfschüttelnd lehnte ich ab. Ohne ein Wort zu verlieren, liess er die Packung wieder in seiner Jackentasche verschwinden. Der Rauch seiner Zigarette tänzelte hoch in den Nachthimmel, während wir weiter stillschweigend nebeneinander herliefen.

Wir erreichten die Location just in dem Moment als Attila seine Zigarette fertig geraucht hatte. Allys und Flurina warteten bereits ungeduldig auf uns. „Es ist arschkalt!", begrüsste mich das blonde Mädchen. Ihr Blick war finster. Schwach grinsend bezahlte ich die vier Eintrittskarten. Wir bekamen alle unsere Stempel auf das Handgelenk (Flurina zudem noch ein grosses fettes X auf den Handrücken, damit sie keinen Alkohol ausgeschenkt bekommen würde) und betraten das Lokal.

Alles fühlte sich wie damals an und alles sah zum Glück noch immer so aus: Die Wände waren weinrot gestrichen und die ein oder andere Band hatte sich mit schwarzem Edding darauf verewigt. Irgendwo darunter waren auch Curse of 27. Die Boxen waren aufgedreht und alte Klassiker des Punk Genres sowie aktuell junge erfolgreiche Bands beschalten den Raum. Ein paar Menschen standen an der Bar, die sich etwas oberhalb des eigentlichen Konzertraums befand, während die meisten sich vorne vor der Bühne tummelten. Die erste Band des Abends hatte bereits aufgebaut.

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