take thirty eight.

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Attila blieb meiner Wohnung fern. Flurina besuchte mich ab und zu noch nach der Schule, blieb aber nicht über Nacht hier. Ich war also wieder komplett in mein altes Muster verfallen: Ich stand gegen neun oder zehn Uhr auf, ass etwas Kleines und verbrachte die restliche Zeit über auf der Couch. Das Gute an der Sache war, dass ich weniger soff. So schwer es für mich war – ich versuchte die Flasche nicht vor achtzehn Uhr anzurühren.

Heute war ich ausnahmsweise erst weit nach elf aus den Federn gekrochen. Ich hatte unglaublich beschissen geschlafen. Immer wieder hatte ich vom Unfall geträumt. Nur, dass ich dieses Mal Attila statt Edgar auf dem Gewissen hatte. Mehrfach war ich panisch aufgewacht und hatte abwechselnd die Nummer von Rick und Jon gewählt. Ein normaler Mensch wäre vermutlich zu diesen unchristlichen Zeiten an denen ich anrief nicht ran gegangen, aber ich hatte das unheimliche Glück, dass Rick und Jon alles andere als normale Menschen waren.

Jon hatte mich nach all meinen Anrufen zum Mittagessen angerufen, weswegen ich jetzt unter der Dusche stand und mich versuchte zu beeilen. Ich hatte Glück, dass Jon nur zwei Strassen weiter lebte und ich für ihn nicht die halbe Stadt durchqueren musste wie bei Rick.


Mit nassen Haaren und falsch geknöpftem Hemd stand ich kurz vor zwölf vor Jons Wohnungstür und klingelte. Ich musterte das Klingelschild. Neben dem gravierten Namen „Joyce" klebte auf einem kleinen Stück Papier „+ Wojtkiewicz" daneben.

Die Tür ging auf und ich blickte hastig nach oben. Eine zierliche junge Frau begrüsste mich. Das musste wohl das „+ Wojtkiewicz" auf dem Klingelschild sein, Jons Freundin Alexis. Sie lächelte mich freundlich an. Bei Alexis Wojtkiewicz handelte es sich um eine zierliche kleine Frau, nicht älter als 25, aber dennoch bereits jetzt stark an beiden Armen tätowiert. Ihre kupferfarbenen Haare waren glatt und zu einem Bob geschnitten, welcher ihr ovales Gesicht mit den vielen Sommersprossen gut zur Geltung brachte. Sie trug ein schwarzes Kleid von Fred Perry und eine blickdichte schwarze Strumpfhose, während ihre Füsse in knallpinken Plüschpantoffeln steckten.

„Komm rein", sagte sie und trat ein wenig zur Seite, damit ich eintreten konnte. „Jon ist in der Küche." „Ungewöhnlich ihn kochen zu sehen", lachte ich als ich die Wohnung betrat. „Ich hab zwei Jahre allein gelebt", rief jemand aus der Küche, „da ist es nicht sehr unüblich für sich selbst zu kochen!"

Alexis und ich sahen einander an und grinsten. „Darf ich Dir was zu trinken anbieten?", fragte sie und war bereits in der Küche verschwunden. Etwas unbeholfen folgte ich ihr. „Bier oder Limonade?", fragte Alexis, welche am geöffneten Kühlschrank stand, „Mehr Auswahl kann ich Dir leider nicht anbieten." „Bier", antwortete ich und Alexis drückte mir eine Flasche in die Finger.

„Setzt Dich schon an den Tisch!", sagte Jon, welcher in der Tat mit Schütze am Herd stand und in einer Pfanne herum stocherte. Mit dem Bier in der Hand und einem etwas angespannten Lächeln im Gesicht setzte ich mich an den kleinen Tisch, der in Jons Küche stand.

„Tschüss ihr beiden", verabschiedete sich Alexis, welche nun schwarze Turnschuhe statt den pinken Plüschpantoffeln trug, von uns. Ich hatte es gar nicht bemerkt, wie sie sich aus der Küche gestohlen hatte. „Muss zur Arbeit. Und hey – ich will wenn ich zurück komme keine Schnapsleichen vorfinden."

Jon rollte mit den Augen über den Spruch seiner Freundin. „Geh jetzt lieber gutes Geld verdienen. Wir sehen uns später!"

Nachdem Alexis weg war, war es plötzlich still in der kleinen Küche geworden. Das einzige was den Raum mit Klang erfüllte, war das Brutzeln der Pfanne.

well built shipsWhere stories live. Discover now