Prolog - Juans Sicht

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Mühsam und zuerst ziemlich widerwillig öffnete ich meine dunklen Augen, kniff sie jedoch sofort wieder zusammen, als ich die hellen Sonnenstrahlen in das Zimmer dringen sah. Genervt von dem noch frühen Morgen zog ich mir die Decke über meinen schwarzen Haarschopf, bis auch die letzte abstehende Haarsträhne unter der, vor Sonnenstrahlen schützenden Decke verschwunden war.
Jeder Tag, den ich bereits in diesem Internat in Deutschland verbracht hatte, begann mit dem selben Schema. Täglich blieb ich nach dem Weckerklingeln noch etwa 10 Minuten liegen, in der Hoffnung dass der Unterricht wie durch ein Wunder ausfiel, bis ich mich dann doch ziemlich unmotiviert, weniger wegen der frühen Uhrzeit, als wegen dem langen Schultag, der mir bevorstand, aus dem Bett schälte und im Bad verschwand. Dieses grenzte an das Viererzimmer, was ich mir mit drei anderen Internatsschülern teilte.

Vier Jahre lebte ich bereits in Deutschland, abgegrenzt von meiner Familie, zu der ich nur regen Kontakt hatte. Mein Vater war Filmproduzent und in Portugal, meiner alten Heimat, sehr berühmt. Aber wo die Berühmtheit hinfiel, blieb auch die Arroganz nicht fern. Und so war es auch bei meinem Vater. Der Grund, warum ich hier aufs Internat ging, war die Tatsache, dass mein Erzeuger schon als junger Vater viel zu hohe Ansprüche an mich gestellt hatte. Ich war gerade mal 6 Jahre alt gewesen und hatte keinerlei soziale Kontakte gehabt, da mein Vater für mich mehrere Privatlehrer für sämtliche Fremdsprachen und die alltäglichen Unterrichtsfächer organisiert hatte. Wenig später war er mit der Schnapsidee angekommen, ich sollte Instrumente lernen. Aber nicht nur eines, sondern gleich zwei, wobei er seine Idee auch wirklich umgesetzt und mir Instrumentalunterricht aufs Auge gedrückt hatte. Klavier- und Geigenübungen hatten täglich zu meiner Routine gezählt, während andere Kinder in meinem Alter auf dem Spielplatz vor dem Haus spielen konnten.

Meine Mutter hatte sich nie wirklich durchgesetzt und in meiner Kindheit das getan, was der Mann, der sich mein Vater nannte, von ihr verlangt hatte. An Rote Teppiche, Journalisten und Blitzlichtgewitter war ich zwar bereits mit 8 Jahren gewöhnt, aber ich hatte nie wirklich Gefallen daran gefunden, bis ich mit 13 Jahren zu meinem Onkel gereist war, ohne ein einziges Wort bezüglich meiner Flucht aus Portugal über Frankreich nach Deutschland gegenüber meiner Eltern fallen zu lassen.

Und nun war ich hier. Seit knapp 4 Jahren. Und wie jeden Tag stand ich vor dem Spiegel und sah meinem Ebenbild entgegen. Typische portugiesische, dunkle Augen starrten mich durch die Scheibe an, während meine Lippen meine weißen Zähne verbargen und selten zu einem Lächeln verzogen wurden. Die Zeit hatte mich geprägt. All die Jahre, in denen ich unter dem Druck meines Vaters stand, hatte ich vergessen wie es war ein Kind zu sein, wie es war sich richtig zu entfalten, je älter man wurde. Selbst meine relativ früh auftretende Pupertät wurde in dem Anwesen meines Vaters nicht toleriert. Und diese Erziehung und der dazugehörige Druck hatten Spuren hinterlassen.

Seufzend hielt ich meine rechte Hand unter das kühle, fließende Wasser des Waschbeckens, bevor ich mir mit dieser durch meine schwarzen Haare fuhr, die wie jeden Morgen in alle Richtungen abstanden.

Im Hintergrund hörte ich, wie auch die anderen Schüler in meinem Zimmer allmählich wach wurden. Ich hatte mit keinem der drei wirklich viel zu tun, lieber blieb ich für mich alleine und mied große Menschenmengen oder offizielle Veranstaltungen für jedermann. Ich war niemand, der unbedingt Gesellschaft brauchte, gesprächig war ich ohnehin nicht wirklich. Es kam immer auf den Menschen an und wie er zu mir stand, aber egal wie viel ich mit jemandem redete, mein Vertrauen bekam nicht jeder.

Nach einer kurzen aber gründlichen Katzenwäsche und der gewohnten Morgenroutine im Badezimmer, ließ ich auch endlich den mittlerweile schlechtgelaunten André ins Bad, welcher mich nicht einmal eines Blickes würdigte, als ich an ihm vorbei zurück ins Schlafzimmer lief. War mir auch recht, mit dem Griesgram kam ich ohnehin nicht gut aus. Schweigend durchquerte ich das Zimmer mit den zwei Hochbetten, in denen jeweils zwei Schüler schlafen konnten, und machte mich daran, im Schrank nach frischen Klamotten zu suchen, wobei das Innere meines Kleiderschrankes hauptsächlich die dunklen Farben der Farbpalette aufwies.

Do You Believe In Fate?Where stories live. Discover now