Kapitel 17 - Gwens Sicht

31 2 0
                                    

Mittlerweile war Freitag Nachmittag und damit hatte das Wochenende offiziell begonnen. Ich hatte Juan seit Montag nicht mehr gesehen, weil ich versucht hatte, Begegnungen zu vermeiden. Ich hatte Zeit zum Nachdenken gebraucht. Nachdenken über den Kuss. Ich wusste gar nicht, wie oft ich in den letzten Tagen an diesen verdammten Kuss nachgedacht hatte. An das angenehme Gefühl von Juans weichen Lippen auf meinen... So ging das immer. Meine Gedanken schweifen immer wieder zu diesem kurzen Moment. Ich war überzeugt davon, dass das eine einmalige Sache gewesen war. Denn Juan war mir mittlerweile wieder ein wichtiger Freund geworden und den wollte ich nicht für so ein bisschen angenehmes Gefühl beim Küssen verlieren. Beziehungen funktionierten bei mir einfach nicht, es war ein Fluch und ich wollte das auch nicht versuchen, nur damit es schief ging. Lieber verbot ich mir jetzt schon jegliche Hoffnung und Gefühle, als dass ich am Ende wieder litt.

Deshalb entschied ich mich nach diesen Tagen des Nachdenkens einfach dafür, mich genauso zu verhalten, wie immer. Als wäre nichts gewesen. Dass ich heute in die Tierhandlung wollte und Mary bei ihren Pferden war, kam mir das gerade gelegen. Zielstrebig klopfte ich deshalb an die Tür von Juan und seinen 3 Mitbewohnern, um ihn zu fragen, ob er mich begleiten wollte. Die Tür wurde mir von einem wie immer grimmig guckenden André geöffnet.
"Was willst du denn hier?", fragte er, die Freundlichkeit in Person und ich guckte mindestens genauso finster zurück.
"Na zu dir Sonnenschein sicher nicht. Ist Juan da?" André sah, wenn das überhaupt noch möglich war, noch finsterer drein. Ich nahm dadurch automatisch eine ebenso abweisende Haltung ein, wie er. Die Arme vor meinem in einem schwarzen Top bekleidetem Oberkörper verschränkt und mit einem bestimmten Sicherheitsabstand.

"Juan, ist für dich." Er drehte den Kopf Richtung Zimmer, während er nach Juan rief. Obwohl er die Stimme nicht erhob, wirkte sie durch seinen harschen Tonfall laut. Ohne mir noch weiter Beachtung zu schenken, ging er weg von der Tür, zurück ins Zimmer. Seinen Platz ersetzte Juan, der sich nun an die Tür stellte und mich leicht überrascht ansah. Klar, ich hatte mich die ganzen letzten Tage nicht gemeldet und stand nun vor seiner Zimmertür.
"Hey, Gwen. Was gibt's?"
"Du hast die Ehre, mich in die Tierhaltung begleiten zu dürfen." Frech grinste ich ihn bei dieser Aussage an, was ihn im Gegenzug eine Augenbraue anheben ließ.
"Ich habe eine Katzenhaarallergie", informierte er mich, doch das störte mich nicht an meinem Vorhaben. " Dann ist es ja gut, dass ich sowieso zu den Hunden möchte. "
"Was willst du denn da genau? Welpen anschauen oder wirklich einen adoptieren? Und wann willst du da hin?" Juan kam schon mit den nächsten Fragen an.
"Na was wohl? Einen Hund adoptieren natürlich. Und ich dachte jetzt?" Ungeduldig wippte ich vor und zurück. Von den Fersen auf die Fußballen und zurück.

Wir hatten heute eine neue Mitschülerin bekommen, die mich auf die Idee gebracht hatte. Sie war, zum Erstaunen von uns Schülern, aber auch des Lehrers, blind, hatte jedoch trotzdem auf eine normale Schule gehen wollen. Wegen ihrer Einschränkung hatte sie - Josephine hieß sie - in der Klasse ihren Hündin dabei gehabt. Ein wunderschönes Golden Retriever Weibchen. Seit dem ging mir die Idee, dass ich einen Hund haben wollte, einfach nicht mehr aus dem Kopf.
"Du und deine spontanen Einfälle", murmelte Juan eher zu sich selbst, wobei ich mich fragte, ob er bei dieser Aussage ebenfalls an den Kuss denken musste, der ja auch ein solcher 'spontaner Einfall" gewesen war.
Als er fortfuhr, tat er dies wieder in normaler Lautstärke "Gib mir 2-5 Minuten" ich nickte und trat zurück, damit er die Tür schließen und sich fertig machen konnte

Eine halbe Stunde später betraten wir gemeinsam die kleine örtliche Tierhandlung. Unser Eintreten wurde durch eine kleine Glocke oben an der Tür angekündigt, wodurch sofort eine lächelnde Angestellte zu uns herüber kam.
"Guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen." Die Frau war ihrem Aussehen nach ungefähr Mitte dreißig und wirkte durch ihr Lächeln, ihre kleine aber kurvige Statur und ihre kurzen lockigen, roten Haare auf den ersten Blick wie eine sehr freundliche Person.
Ich lächelte leicht zurück und sogar Juan hatte ein höfliches Lächeln aufgesetzt. "Ich würde gerne einen Hund adoptieren und möchte mir deshalb Ihre Welpen ansehen." Unser Anliegen schien ihr sehr zu gefallen, denn sie klatschte einmal erfreut in die Hände, wobei ihr Lächeln noch breiter wurde. "Das ist toll, wir haben zurzeit so viele Welpen, dass wir bald gar nicht wissen, wohin mit ihnen! Kommen Sie mit, ich zeige Ihnen, wo Sie die Kleinen finden." Die Euphorie dieser Frau war fast schon ansteckend. Grinsend sah ich zu Juan hoch, ehe wir gemeinsam der Frau folgten, die uns in die linke Ecke der Tierhandlung führte, aus der man schon von weitem das hohe Gebell jünger Welpen hören konnte. In der rechten hinteren Ecke sah man von unserem Standpunkt aus die Katzen, die man hier ebenfalls adoptieren konnte. Juan sah gerade ebenfalls dorthin, jedoch nicht wie ich neugierig, sondern skeptisch und vorsichtig. Wahrscheinlich dachte er darüber nach, ob sie auch weit genug weg waren, so wie er gerade guckte.

Do You Believe In Fate?Where stories live. Discover now