Kapitel 24 - Juans Sicht

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"Ihr habt jetzt nicht ernsthaft eine Wette darüber geschlossen?" Mit hochgezogenen Augenbrauen blickte ich meinem besten Freund entgegen, welcher uns triumphierend angrinste. "Doch. Ich muss ja irgendwie die 20 Euro wieder reinbringen, die ich dem DJ bezahlt hab, damit er mal passende Musik spielt für eine romantische Szene im Wald." Die Frage, warum er so siegessicher mit dem Geldschein gewedelt hatte, hatte sich also von selbst beantwortet.
"Aber schön zu sehen, dass ich im Recht lag", konnte sich Ezra natürlich nicht verkneifen, weswegen ich kurz zu Gwen hinüber schielte, die einen leicht säuerlichen Blick aufgesetzt hatte. Ob es daran lag, dass Ezra uns beobachtet hatte oder einfach, dass nicht nur ihre Mutter sondern nun auch Ezra Recht hatte was uns anging, war nicht ganz eindeutig.

Ich wollte nicht unbedingt wissen, wie viel der Spanier von der Szene im Wald mitbekommen hatte. Als dieser sich jedoch Gwen zuwandte, musste ich mir ein Grinsen verkneifen: "Normalerweise ist es ja so, dass dem Freund der besten Freundin gedroht wird aber wenn du Juan verletzt, bist du fällig. Ich bin zwar unsportlich aber-" Ich unterbrach ihn, indem ich ihm mit der Hand kurz und leicht auf den Hinterkopf schlug. "Danke, Ezra aber ich kann auf mich selbst aufpassen. Kümmer du dich lieber darum, dass du Lilli nicht das Herz brichst." Ein empörter Blick war die Antwort darauf, während ich meine Bierflasche von der Bank nahm und den letzten Rest des Alkohols austrank. Derweil hatte sich auch Gwen in das Gespräch eingemischt: "Wenn er mich nicht verletzt, verletz ich ihn nicht. Ganz einfach, du Stalker." Ich hatte so die leise Vermutung, dass die beiden - auch wenn sie es vermutlich nie zugeben würden, wenn man sie darauf ansprach - die Provokationen und kleinen Auseinandersetzungen in den Ferien vermisst hatten, während sie sich nicht gesehen hatten. Und auch ich musste sagen - das hatte mir gefehlt.

"Und?" Ezra schien das Thema in eine andere Richtung lenken zu wollen, denn weiter auf Gwens Worte eingehen, tat er nicht. "Wie viele Stunden am Tag saßt ihr beiden vor dem Handy und habt auf den Namen des anderen gestarrt in der Hoffnung, dass plötzlich eine Nachricht von ihm eintrudelt?" Ein leichtes Schnauben meinerseits war zu hören. Der Kerl war zwar mein bester Freund aber trotzdem hatte er nichts in meinem Privatleben zu suchen, wenn es um Liebe ging. "Das gleiche könnte ich dich fragen. Wie viele Herzchen hast du auf ein kariertes Blatt Papier gemalt und Lillis Namen darunter geschrieben?" Darauf erwiderte Ezra nichts und verzog nur etwas gequält das Gesicht, sodass ich noch nicht einmal Anstalten machte, auf seine Frage zu antworten.

"Ich nehm' mir das Recht, darauf nicht zu antworten.", entgegnete der Spanier nach einiger Zeit der Stille, ehe er mir die Flasche aus der Hand nahm um zu überprüfen ob vielleicht doch noch was vorhanden war, was er austrinken könnte. "Ich hol mir dann mal die 10 Euro ab. Vielen Dank nochmal für meinen Gewinn." Ich zog meine Stirn kraus und sah meinem Gegenüber kurz in die Augen. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass er weder in Sport und Musik, noch in Mathematik begabt war. "Du hast keinen Gewinn gemacht. Mit deinen 20 Euro für den DJ hast du 10 Euro weniger in deinem Geldbeutel." Der Braunhaarige, der sich bereits umdreht hatte um uns wieder alleine zu lassen, hielt inne. "Es reicht mir auch zu sehen, dass ich es geschafft hab, euch zusammenzubringen." Es war typisch für ihn, dass er dachte, er hätte es alleine geschafft. Klar, hatte er etwas dazu beigetragen und da ich keine Lust hatte auf längere Erklärungen in dem Themengebiet ließ ich ihn in dem Glauben, er allein wäre der Auslöser dieser Beziehung gewesen. "Bis später", war seine stets fröhliche Grußformel, ehe er zwischen den Waldweg hinab in Richtung Internat zurück lief.

"So ein Idiot", murmelte ich und deutete ein kurzes Kopfschütteln an. "Ich mach mir noch nichtmal die Mühe, mich für ihn zu entschuldigen. Du kennst ihn ja mittlerweile gut genug", fügte ich an Gwen gewandt hinzu, wobei ich mich auf der Bank niederließ und mich leicht nach vorne beugte, sodass ich mich mit den Unterarmen auf meinen Knien abstützen konnte. Aus Gwens Richtung hörte ich, wie sie Schimpfwörter auf Französisch vor sich hinmurmelte und als ich den Kopf hob, sah ich, dass sie mit den Worten "Solange sein Stalkerverhalten nicht zur Gewohnheit wird. Sonst bekommt er leider wirklich eine von mir verpasst." abwinkte. Meine Mundwinkel zuckten verdächtig nach oben, während ich meine langen Beine schmunzelnd ausstreckte. "Ich könnte mir vorstellen, dass er nach einer Weile die Lust daran verliert - wenn er es überhaupt zu seinem neuen Hobby machen sollte." Gwen, die darauf nur mit einem Schmunzeln antwortete, ließ sich neben mir auf der Bank nieder und lehnte sich etwas gegen meine Schulter. "Man vergisst manchmal wie schön so eine Nähe sein kann", murmelte sie nach einem Moment des Schweigens. "Stimmt. Da lohnt es sich ja beinahe für mich, mich doch öfter unter die Menschen zu mischen.", stimmte ich ihr zu, wobei wir beide jedoch genau wussten dass ich es sicher nicht freiwillig tun würde - zumindest solange ich keinen Grund hatte. "Ich hab genug Persönlichkeit für eine ganze Menschenmasse, kein Grund also für dich, dir eine Menschenmenge zu suchen." Gwens Aussage ließ mich unwillkürlich grinsen, aufgrund dessen, dass ich mit so einer Antwort bereits gerechnet hatte.

Do You Believe In Fate?Where stories live. Discover now