2. Kapitel

12.7K 764 184
                                    

"Mona...", sie suchte nach den richtigen Worten, doch fand nicht wirklich welche. Ich wusste das sie mich für verrückten halten würde und das tat sie jetzt auch. Wieso hatte ich mich überhaupt auf das ganze hier eingelassen. "Sie sind zu hart mit sich selbst. Er..." Wieder stoppte sie und überlegte.

Seufzend zog ich meine Jacke an und nahm mir meine Tasche. Das hatte keinen Sinn mehr. "Mir war klar das sie so reagieren würden... Keiner versteht mich! Deshalb fiel es mir so schwer darüber zu reden... Ich, gehe dann mal..."

"Nein! Auf keinen Fall!" Sagte sie und sprang auf. "Ich verurteile sie nicht dafür, bitte setzen sie sich wieder. Es tut mir leid, aber bei den ganzen Sachen die sie erlebt haben, findet man nicht schnell Worte. Egal wie lange man in diesem Beruf ist und egal wie viel man gehört hat, jedes Mal ist es anders".

Anders... Sie hatte wohl noch nie so jemanden verrücktes wie mich in Behandlung. Nickend setzte ich wieder und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Vielleicht hielt sie mich nicht für so verrückt wie ich es selbst dachte. "Ich... Danke ihnen..."

Mit einem leichten Lächeln auf ihren Lippen, setzte sie sich neben mich und legte ihren Arm um meine Schulter. Ich zuckte zusammen und rutschte schnell weg. "B-Bitte fassen sie mich nicht an, okay?" Körperkontakt vermied ich zu jedem Menschen. Das Gefühl das mir jemand etwas antun wollte, war einfach zu groß. Ian liebte es mich zu ärgern, obwohl er wusste das ich Körperkontakt nicht ausstehen konnte, tat er es immer wieder für extra. Er war auch der einzige, bei dem ich es inzwischen zuließ.

"Ich verstehe...", sagte sie und setzte sich wieder in ihren Sessel.

"Danke", murmelte ich.

"Also Mona, es ist viel passiert, aber sie haben es geschafft! Er ist weggesperrt und sie sind nun frei! Sie haben so viel erreicht, auch wenn sie es selbst nicht sehen, aber das werden sie noch. Nach und nach, werden wir das zusammen verarbeiten, bis sie wieder ein normales Leben führen können. Okay?"
Langsam schaute ich ihr in die Augen, in der Hoffnung, das sie es endlich verstand, was ich die ganze Zeit nicht aussprechen konnte. Ihr lächeln verschwand mit der Zeit. "Er ist doch im Gefängnis?", Fragte sie.

"Sie dürfen niemanden etwas davon erzählen, oder? Von unseren Gesprächen". Nickend schaute sie mich an.
"Okay...", sagte ich leise und knetete nervös meine Finger. Wie sollte ich ihr am besten erklären, das James noch frei da draußen rumlief? "Ist er nicht".

"Mona, wissen sie wo James wohnt?" Ich nickte stumm. "Sollen wir zur Polizei gehen?"

Ich sprang auf. "Was?! Nein!" Sie schaute mich verwundert an. "Nein! Er denkt das ich Tod bin. Nur so bin ich sicher vor ihm!"

"Die Polizei kann ihnen helfen...", versuchte sie es, doch schnell unterbrach ich sie.
"Nein, das können sie nicht! Keiner kann es! Sie verstehen nicht wie James ist! Er war ein Jahr im Gefängnis und ich war dreitausend Kilometer von ihm entfernt. Als er draußen war, hat er nur einen Monat gebraucht um mich zu finden! Sobald er weiß das ich existierte, wird er mich jagen! Glauben sie mir, ich bin nirgends sicher, nicht einmal wenn ich im Jenseits bin..."

Ich starrte auf meine Armbanduhr und wartete, bis der Zeiger genau auf acht Uhr neunundfünfzig war. 'Endlich!' Jetzt konnte ich aussteigen. Mir war klar das ich an Zwangsstörungen litt, aber Ordnung musste nunmal sein. Es fühlte sich irgendwie komisch an, wieder hier zu sein, in meiner eigenen Firma.
"Hallo Lydia", sagte ich und lief zu der schönen Empfangsdame.

L-B Teil 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt