18. Kapitel

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"Erik, meine Familie weiß nicht wo ich bin und ich will sie auch nicht im Unwissen lassen. Wahrscheinlich hat er mein Handy...", seufzte ich und lehnte mich zurück. "Bitte, ich muss mit ihnen sprechen und ich verspreche auch, das ich hier rüber kein Wort verliere, okay?"

Er nickte verständnisvoll. "Ich komme in etwa einer Stunde wieder und bringe ihnen ihr Telefon. Machen sie sich keine Sorgen Miss, James Duscht gerade und wird ihnen keinen Besuch abstatten".

"Okay...", sagte ich leise. "Bitte beeil dich".

Eriks Mundwinkel gingen leicht hoch, dabei bildeten sich lachfältchen in seinem Gesicht. "Gucken sie solange Fernsehen, oder lesen sie ein Buch, ich bin bald zurück".

Ich fragte mich, wie alt Erik eigentlich war. Vom Gesicht her, wirkte er noch recht jung, aber von den komplett weisen Haaren, älter. Vielleicht fünfundfünfzig Jahre alt. Als er weg war, schaute ich mich langsam um. 'So vieles ist hier passiert...' Ich stand vorsichtig auf und lief zum begehbaren Kleiderschrank, um nachzusehen, ob sich darin eine Leiche befand. Das war nicht einmal unrealistisch.

Die Tür öffnete ich nur einen Schlitz und spickte rein, doch konnte kurz darauf erleichtert ausatmen. Drinnen befand sich keine Leiche, dafür aber alle meine alten Sachen. Er hatte sie behalten? Wie lang wollte er sie noch hier aufbewahren? Da war auch das rot glitzernde dabei, was er mir am Anfang gekauft hatte. Ich und Erik hatten es damals ausgesucht, es war wirklich wunderschön... Seufzend schloss ich die Tür und lief ins Badezimmer. Eigentlich hatte ich gerade eine Chance zu fliehen, jetzt wo er so benommen war, aber ich wollte erstmal Erik machen lassen. Außerdem wollte ich auch nicht von James angefasst werden und aus Erfahrung wusste ich, das ich eh nicht weit kommen würde. Er war mir schon immer zehn Schritte voraus gewesen, wusste was ich tun würde, ohne das ich es wusste.

'Was ist eigentlich aus mir geworden?' Ich stütze mich am Waschbecken und schaute in den Spiegel. Meine Augen waren immer noch rot und an sich, sah ich echt fertig aus, aber das war ich auch. Das alles strengte mich so sehr an und ich hatte langsam keine Kraft mehr, mich überhaupt noch zu bewegen. 'Wie war ich eigentlich früher?'

Ich tupfte mein Gesicht mit einem nassen Handtuch ab und hielt es etwas länger auf meine Augen. Es tat verdammt gut... Schniefend legte ich es weg und lief zurück ins Zimmer.

An der Wand gab es ein Regal mit Büchern, was Erik schon erwähnt hatte. Sie waren mir nie wirklich aufgefallen, weil ich tausend andere Probleme hatte.

Ich nahm mir den Stuhl vom Schminktisch und stellte mich vor dem Bücherregal drauf. Mein Blick fiel auf ein Buch, mit dem Titel 'Der Tag an dem ich aufhörte zu Leben'. Seufzend nahm ich das Buch und setzte mich aufs Bett. 'Das trifft ja mein Leben auf den Punkt...' Der Tag an dem ich, aufhörte zu leben, war der Moment, in dem ich und Michelle sein Haus betreten hatten. Seit dem Tag, war nichts mehr normal gewesen. Diesen Tag bereite ich bis Heute...

"Mach es nicht so fest", sagte ich leise und ließ mir von Erik die Hände verbinden. Ich machte mir immer noch sorgen um sie und wollte sie sehen, aber das würde wahrscheinlich nicht so schnell passieren. "Warst du bei ihr?"

"Ich muss es etwas festerachen, noch blutet es stark und ich glaube an der rechten Hand, muss es vielleicht genäht werden, Sir", sagte er und betrachtete die Stelle skeptisch.

"Wieso weichst du meiner Frage aus...", murmelte ich und Stütze mit der fertig verbundenen Hand, meinen Kopf. Er wollte mir nichts über sie sagen, weil er auch sauer auf mich war. 'Sogar Erik will schon nichts mehr mit mir zutun haben'.

Lange war es zwischen uns still, bis er endlich das Wort ergriff. "Sie sollten sie gehen lassen, Sir".

Seufzend schloss ich meine Augen. "Ich habe es dir doch erklärt, oder? Ich tue es nur zu unserer Sicherheit, ich will sie nicht verführen oder irgendwas mit ihr machen! Sie soll einfach hier bleiben, bis wir alle außer Gefahr sind! Außerdem, wenn uns dieser Mistkerl immer noch beobachtet, hat er sie jetzt gesehen... Du weißt das es ihr Todesurteil wäre, sie jetzt gehen zu lassen. Er wollte sie von Anfang an tot sehen...". Wortlos schüttelte er den Kopf und stand auf.

L-B Teil 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt