Sein Vater scheint weniger erfreut.

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,,Jess! Mach schneller. Sieh dir das mal an!" Oh man, was hat er jetzt wieder gefunden? Ich trete näher heran. Sebastian sieht voller Freude seinen Fund an. Bei näherem betrachten erkenne ich Fotos. 

,,Oh mein Gott, ist das Dave?", frage ich. Auf den Fotos sind immer nur drei Personen zu sehen. Eine elegant gekleidete, junge Frau, ein junger, selbstbewusster Mann mit einem etwa einjähriges Kind an der Hand. Wie süß!

,,Ich glaube schon." Wieso will er die denn wegschmeißen? Ich schaue mir die ganze Sammlung an Fotos an. Es sind etwa vier Kisten voll. Die kann ich nicht alle wegschmeißen. Da sind Fotos wo klein Dave lacht, böse guckt, am heulen ist, schwimmt, rutscht, mit Barbies spielt, bei seinen Eltern ist und einfach da wo er schläft. Ich schaue mir das mit den Barbies an. Dahinter steht der Mann, der wohl sein Vater sein wird und die Frau sitzt vor ihm und lächelt ihn an. Sein Vater scheint weniger erfreut. Naja, welcher Vater sieht es gerne, wenn sein Sohn mit Barbies spielt? Aber er war doch noch ein Baby. 

,,So, Sebastian leg alles wieder in die Kisten und trag die nach Unten", weise ich ihn an. 

,,Aber ich habe noch nicht alle angesehen." Ich strafe ihn mit einem Blick und er versteht. Er packt alles zusammen und trägt die Kisten runter. Das eine Bild behalte ich und stecke es in meine Hosentasche. Wir machen noch lange weiter und wir kommen voran. Endlich. Ich dachte wir bekommen hier keine Struktur mehr rein. Wir müssen die Kisten nur noch nach unten tragen. Die Möbel können wir morgen rausholen. Wenigstens sind die Papiere alle verstaut es kommt mir so vor, als hätte Dave sie voller Wut einfach nur hier reingeschmissen. Es ist inzwischen fünf Uhr und ich bin so fertig.

,,Ich komme gleich wieder. Mach du weiter", informiere ich Sebastian. 

,,Jawohl!" Ich gehe runter und schaue was die Anderen noch machen. Hier ist so gut wie alles fast fertig. Kate scheint jetzt besser mit allem klar zu kommen. Sie winkt mir grinsend. Ich will nicht wissen, wie viel die sich anhören mussten. Dave kann manchmal sehr Angst einflößend sein. Apropo Dave, ich sehe ihn mit jemandem reden. Ich warte bis der weg ist, um dann zu Dave zu stoßen. Ich stelle mich vor ihn. Im ersten Moment ist er überrascht, fängt sich aber recht schnell wieder. 

,,Hey", sage ich einfach auch wenn das null Zusammenhang hat. Wir haben uns ja schon gesehen heute. Er lächelt. 

,,Guten Abend, Miss Pink. Wie kann ich Ihnen helfen." Und wieder steckt er seine Hände in die Hosentaschen. Wieso macht er das immer?

,,Also oben waren einige Kisten mit Fotos und ich wollte einfach mal fragen, ob die auch weg sollen." Er nickt. ,,Wieso?", frage ich verständnislos. 

,,Jessica, ich habe noch genug Fotos. Diese anderen hundert brauche ich nicht unbedingt. Außerdem kann ich, wenn ich Sehnsucht nach Bildern habe immer noch das Haus meiner Eltern aufsuchen, mich in eine Ecke setzen und mir jedes einzelne genau ansehen. Auch wenn es nicht alles die gleichen sind. Ich glaube, dass es den gleichen Effekt hat." 

,,Na gut, im Prinzip ist es Ihre Schuld, wenn Sie die doch mal sehen möchten." Aber Schade ist es trotzdem. 

,,Wars das dann? In einer Stunde können Sie nach Hause gehen." Stark will weggehen. 

,,Warte mal", sage ich aus reiner Intuition. Da dreht er sich wieder zu mir um. ,,Oh, entschuldigen Sie", entschuldige ich mich für mein Duzen.

,,Das rutscht mir auch manchmal raus. Da brauchst du dich nicht zu entschuldigen. Das sollte nur nicht vor Anderen passieren", entgegnet der Stark und sieht mich ruhig an.

,,Ich weiß. Ich wollte dich was fragen oder eher etwas sagen."

,,Ich weiß was", sagt er leise und sieht vom Boden wieder hoch zu mir. ,,Und ich gebe dir recht. Es war unverantwortlich wie ich mich verhalten habe. Ich hoffe,  wir können die letzte Woche vergessen und zu unserem vorherigen Stand zurückkehren."

,,Was war unser letzter Stand?", frage ich. Er lächelt mich nicht mehr so warm an. Eher mit einem raubtierartigem Funken.

,,Das finde dann mal heraus." Damit lässt er mich stehen. Was sollte das denn jetzt heißen? Aus diesem Typen wird man einfach nicht schlau. Ich gehe verwirrt wieder hoch und mache die letzten Abstriche, um nach Hause zu gehen. 

Kate und ich gehen zusammen nach Hause und als ich schon im Bett liege, klingelt mein Handy. Ben. Ich nehme lächelnd an. ,,Hey", begrüße ich ihn leise, da Kate schon schläft. 

,,Es tut mir leid, wenn ich dich gestört habe..."

,,Nein, Nein", unterbreche ich ihn. ,,Ich freue mich. Außerdem habe ich noch gar nicht geschlafen."

,,Schön, ich bin nämlich gerade fertig. Es hat wohl länger gedauert im Büro. Wie war es bei dir?" Ich erzähle ihm vom Umbau und dass wir alle Überstunden machen müssen. Er ist erst skeptisch was er davon halten soll, aber ich versichere ihm, dass es alles ganz lustig ist. 

,,Ich dachte, es würde diesen Putzen und Handwerker Krieg geben, aber so ist es gar nicht. Ich verstehe mich super mit meinem Helfer. Der ist noch etwas kindisch, aber das finde ich mega. Kate ist da eher anders bepackt." Ben amüsiert die Erzählung. 

,,Das freut mich ja für dich. Wenigstens freut sich einer auf die Arbeit. Das wird aber dann wohl heißen, dass ich dich die ganze Woche nicht sehen werde. Wie soll ich das nur überleben?", fragt er gespielt tragisch. Ich muss lachen. 

,,Das schaffst du schon. Die nächste Woche wird nicht so stressig und da werden wir bestimmt Zeit finden. Außerdem ist so viel Nähe für Mann und Frau nicht gut. Damit musst du jetzt zurechtkommen."

,,Ach Jess, ich wäre jetzt gerne bei dir." Ich atme laut und lange aus. Ich kann nicht sagen, wieso es mir nicht so leichtfüßig über meine Lippen kommt. 

,,Ich wäre auch gerne bei mir. Das kann ich dir nicht verübeln." Ich höre Ben amüsiert lachen und muss instinktiv direkt mit lächeln.

,,Dann lasse ich dich jetzt schlafen. Gute Nacht Sonnenschein."

,,Gute Nacht Benson."

Take me.Où les histoires vivent. Découvrez maintenant