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Enola

„Ich bin wieder Zuhause." Rufe ich, als ich die große Eingangstüre hinter mir ins Schloss fallen lasse. Im Flur empfängt mich augenblicklich ein Duft, der mir schmerzlich bekannt vor kommt. Mein Magen zieht sich vor Hunger und Erinnerungen unangenehm zusammen. Ich streife meine Schuhe ab und hänge meine Jacke auf.

„Cloe?" Rufe ich, als ich weiter in den Flur trete. "Hier!" Vernehme ich ihre Stimme aus der Küche. Als ich Cloe, die ihre wilden Locken hochgebunden hatte, am Herd stehen sehe schmunzle ich. Im Ofen sehe ich die dunkelgrüne Auflaufform unserer Mutter und schüttle den Kopf. „Du hast Mums Lasagne gekocht?" Mein Blick schweift über die vollkommen chaotische Arbeitsplatte und ich habe so eine Ahnung, wer das später aufräumen darf.

„Ja. Ich habe ihr Rezept hier gefunden." Sie hebt einen beschmierten Zettel hoch, auf dem man sicherlich nur etwas entziffern kann, wenn man unsere Mutter gut kannte. „Sie zu kochen, hat mich etwas an sie erinnert. Ich brauchte das." Ich nicke und weiß, dass es an mir ist, jetzt den nächsten Schritt zu gehen, damit wir uns wieder etwas näher kommen. Doch der fällt mir nicht leicht. Bisher war es immer unser Vater, der den Familienfrieden nach einem Streit wieder hergestellt hatte.

„Cloe, es tut mir leid. Ich wollte nicht so sein." Platze ich mit meinen Gedanken raus und stehe unsicher im Türrahmen. „Ich weiß. Komm setzt dich, wir essen was." Während sie Lasagne auf einen Teller häuft, sehe ich, mit was sie sich gerade beschäftigt hat. „Du hast sie angesehen?" Auf dem Tisch steht eine dunkle Schachtel mit Fotos, Erinnerungen und Zetteln unserer Eltern. „Ja. Ich dachte, in dem Haus kann ich ihnen sowieso nicht entkommen. Es ist düster in dieser Jahreszeit. Als Kind fand ich es kuschelig, ohne Mum ist es aber irgendwie,..." Sie scheint nach den richtigen Worten zu suchen. „Kalt?" Schlage ich ihr vor und sie nickt. „Ja. Ohne Mums Radiogeplänkel, ihren Essensgeruch und Lärm von Dad's ewigem Handwerkeln." Sie setzt sich mir gegenüber an den Tisch, stellt die Teller und eine Kanne Tee darauf ab. Ich schiebe die Kiste sorgsam zur Seite.

Wir essen schweigend, weil jeder seinen eigenen Gedanken nachhängt. Doch nach einer Weile wird die Stille unangenehm. Ich habe heute so viel unnormales erlebt, dass ich froh bin, als Cloe ein ganz gewöhnliches Thema anschneidet.

„Machst du aktuell was am Haus?" Hackt sie nach und ich kratze die letzten Gabeln mit Lasagne zusammen. „Ja, ich wollte die Küche abschleifen, streichen und dringend diese Vorhänge loswerden. Mum in allen Ehren, doch die sind richtig hässlich." Cloe sieht nachdenklich die Rüschengardienen um das Fenster an, als würde sie diese zum ersten Mal wahrnehmen. „Ich kann dir ja helfen? Morgen?" Ich überlege, da Paul sowieso viel im Rudel zu tun hätte, könnte ich etwas Ablenkung gut brauchen. Und vor allem etwas Normalität. „Ja gerne. Wie lange bleibst du eigentlich hier? Vermisst dein Angelo dich nicht?" Ich kratze vor mir auf meinem Teller die letzten Lasagne-Reste zusammen und es ist das einzige Geräusch für einen kurzen Moment. Ich blicke zu meiner Schwester hoch und schlucke.

„Enola, ich muss dir was sagen." Ich lasse meine Gabel fallen. Ihr Gesicht ist ernst. Ich wusste, dass sie nicht einfach so gekommen war. Sie hatte immer einen Grund, Cloe nahm die lange Reise nicht einfach so auf sich, um mit mir Abend zu essen. Sie war nicht der familiäre Typ und ich hatte mir das dennoch weismachen lassen. „Komm mir jetzt nicht damit, dass du Krebs hast, dein Freund ein gesuchter Verbrecher ist oder du hier einziehen willst." Platze ich heraus. Cloe hebt eine Augenbraue, wie unsere Mutter es auch immer getan hatte, wenn sie misstrauisch war.

„Du würdest nicht wollen, dass ich wieder hier wohne? Das wäre so schlimm, wie wenn ich Krebs hätte?" Sie kichert nervös, doch ich kann noch nichts witziges an der Situation finden, so lange sie so verspannt war. „Raus damit Schwester, was ist los?" Nach dem heutigen Tag bin ich der naiven Annahme, dass ich alles verkraften kann, was sie mir jetzt sagt. Ich ziehe im Geiste noch einige Möglichkeiten in Betracht, von positiven bis zu negativen, während ihre Hand unter den Tisch wandert. Sie kramt einen Moment in ihrer Hosentasche und legt dann ihre linke Hand mit einem Klackern auf den alten Holztisch ab.

Wenn du dich auf die Welt einlässt - Twilight FFWhere stories live. Discover now