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Paul

Ich habe gerade mal eine Stunde gedämmert. Mein Herz Körper ist noch immer angespannt vor Nervosität, als ich aus meinem Bett hochfahre. Enolas Anruf hat mich aufgewühlt und ich kann nichts tun, um diese Emotion zu bändigen oder mir Erleichterung zu verschaffen. Sie geht nicht an ihr Handy und ich verzweifle. Mein Magen krampft, meine Füße fühlen sich an, als wären sie aus Blei und in meinem Kopf hämmert es. Sam hatte mir quasi auferlegt mich auszuruhen, doch das ist unter den aktuellen Umständen nicht möglich. Daher beschließe ich, mich wenigstens etwas abzulenken.

„Hast du Hunger, Dad?" Rufe ich, während ich durch den Flur laufe und mir ein Shirt überstreife. Mein Vater sitzt noch immer im Fernsehsessel und starrt ein Footballspiel an, während ich in die Küche marschiere. Ich schnappe mir eben eine Semmel, als es an der Türe klingelt. Mein erster Impuls ist es, in den Flur zu laufen und die Türe zu öffnen. Doch das ist unsinnig. Seit ich dem Rudel angehöre, kommt niemand mehr für mich vorbei. Die Jungs rufen mich auf unsere eigene Art und Weise und andere Freunde haben ich nicht mehr. Deshalb bin ich auch mehr als überrascht, als mein Vater in die Küche tritt und über seine Schulter nach hinten deutet.

„Paul, da ist ein Mädchen für dich. Sie ist klitschnass und macht einen eher unstabilen Eindruck." Ich lasse augenblicklich meine Semmel auf die Theke sinken und gehe ins Wohnzimmer. Enola steht vor mir, ihre dunkelroten Haare hängen in feuchten Strähnen um ihr kreidebleiches Gesicht und ihre Hände zittern sichtlich. Ihre Jeans ist von dunkelroten Flecken durchzogen, die eindeutig nach Blut aussehen. Als ein metallischer Geruch zu mir herüberweht, wird mir übel. „Enola, was machst du hier?" Ich laufe zu ihr und drücke sie, ohne an meinen Vater zu denken, fest an mich. Sie ist eiskalt und klammert sich an mich, als wäre ich eine Rettungsboje im offenen Meer. Ich stelle fest, dass mir das Gefühl sehr gut gefällt, auch wenn ich mir für das nächste Mal andere Umstände wünsche.

Hinter uns räuspert sich die dunkle Stimme meines Vaters. „Ähm, Paul, willst du mir deine Freundin nicht vorstellen?" Enola löst sich augenblicklich von mir, als wäre ihr schlagartig klar, dass wir nicht allein sind. Sie schiebt ihre Haare aus dem Gesicht und sieht meinen Vater mit großen Augen an. „Ähm ja, Dad das ist Enola. Sie kommt aus Forks und ist meine Freundin." Enola streckt ihre, noch immer leicht zitternde, Hand aus. „Freut mich Mr. Lahote." Dad reicht ihr die Hand und schüttelt sie kurz, was mir schlagartig klar macht, dass ich nun die zwei Welten um mich herum irgendwie vermischt habe. Obwohl mein Vater und Enola die beiden einzigen Menschen sind, mit denen ich außer Emily und Kim regelmäßig Kontakt habe, scheint es mir geradezu unwirklich, die beiden hier gemeinsam stehen zu sehen.

„Nenne mich bitte Gene, ich wusste ja nicht, dass du... also, dass Paul mit jemandem ausgeht." Mein Vater sieht aus, als würde er sich noch unwohler fühlen, als ich, wobei ich mir das fast nicht vorstellen kann. „Tut mir leid, ich wusste nicht, ob das so interessant für dich ist." Dad zuckt nochmal mit den Schultern und sieht Enola an. Wie haben seit dem Tag als meine Mum gestorben ist nie über meine Freunde, Mädchen oder ähnliche soziale Kontakte gesprochen. Es kam einfach nie der Moment, in dem ich Rat oder Zuspruch von meinem Dad gebraucht hätte. Und das mit Enola ist eine so tiefe Art von Beziehung, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass mein Vater mir damit irgendwie helfen könnte. Immer wenn ich Rat dazu brauche, wende ich mich einfach lieber an Sam.

„Also wie lange geht das denn schon?" Enola zieht kurz die Nase hoch und beginnt nervös an ihrem Pulli zu zupfen. „Ich denke ein Jahr, vielleicht etwas mehr oder weniger." Gestehe ich, denn an das genaue Datum, an dem Enola mir Pizza gebracht hat, kann ich mich nun wirklich nicht mehr erinnern. Wir drei sehen uns einen Moment unschlüssig an. „Na gut, dann sorgen wir doch erstmal dafür, dass du hier nicht mehr alles volltropfst, oder?" Schlägt mein Vater schließlich vor und ich nicke. Das ist eine gute Idee, Enola muss durchgefroren sein bis auf die Knochen. Draußen herrscht heute nicht gerade frühlingshaftes Wetter und sie sieht aus, als hätte sie durchaus einen längeren Fußmarsch hinter sich. „Danke Mr.... Ähm, Gene." Verbessert sich Enola und ich bedeute ihr, mir zu folgen, als mein Vater sich noch einmal kurz räuspert. „Ähm, Enola, dein Vater war nicht zufällig Jeff von dem Haus unten an der Grenze, oder?" Enolas ganze Haltung spannt sich bei den Worten meines Vaters an und sie dreht sich langsam nochmal zu ihm um. „Doch. Kannten sie sich?" Ich sehe meinen Dad verdutzt an. Er hatte keine Freunde oder Bekannten außerhalb von LaPush. Nicht mal hier hat er richtige Freunde. Wir sprechen seit dem Tod meiner Mutter kaum noch über irgendwas anderes als Sport, das Wetter und den Haushalt.

Wenn du dich auf die Welt einlässt - Twilight FFWhere stories live. Discover now