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Paul

Ich laufe nun schon den ganzen Tag die Grenze entlang, ohne ein Zeichen von Jacob, Leah oder Seth zu entdecken. Auf der einen Seite beruhigt mich das, weil ich vermute, dass sie dann bei Enola sind, um sie zu schützen. Auf der anderen Seite, bedeutet dass, dass sie uns im Kampf gegen eventuelle Eindringlinge nicht unterstützen können. Jared und Embry wechseln sich alle paar Stunden ab, trotten neben mir her, ohne groß zu nerven. Sam schaut gegen Abend vorbei und lobt mich, dass ich so engagiert mit den Cullens zusammenarbeite.

Paul: Du weißt, dass ich mit den Blutsaugern nicht zusammenarbeiten will! Aber wenn etwas mit Enola passiert, erfahre ich es hier an der Grenze am schnellsten.

Mich beunruhigt trotzdem, dass ich Jacob immer noch nicht hören kann. Er würde im Notfall hier her zur Grenze laufen und wir würden uns wie zwei Vollidioten anstarren, bis sich einer verwandelt. In diesem Fall wäre es vielleicht sogar ich, aus Panik, ich könnte irgendetwas verpassen, das mit Enola zu tun hat. Es ist unerträglich für mich, so lange nichts von ihr zu hören. Meine Gedanken schweifen unbewusst einen Moment zu dem Gefühl ihrer weichen Finger auf meiner Haut, ihrem sinnlichen Lachen an meinem Ohr und dem Gefühl... als ich mich wieder an Sam neben mir erinnere, lenke ich meine Gedanken schnell auf Leah, Seth und Jacob. Am meisten von ihnen fehlt mir vermutlich Seth, auch wenn er erst neu dabei ist und ich es vor den anderen niemals zugeben würde. Doch er hat mit seinem jungen, sonnigen Gemüt irgendetwas sorgloses in unsere Gedanken gebracht, was sonst nur Embry geschafft hatte. Doch der kommt gegen die vielen neuen Stimmen in unserem Kopf kaum noch an. In den letzten Tagen haben sich viele junge Quileute verwandelt, dank der großen Anzahl der Blutsauger auf der anderen Seite der Grenze. Doch die werden bald wieder verschwinden und uns einen Sack voller Welpen hinterlassen, die impulsiv und unkontrolliert sind. Mein Job ist Beschützer des Stammes, nicht Babysitter.

Sam: Weil du ja so zahm und diszipliniert warst. Darf ich dich daran erinnern, dass du bis vor einem Jahr keine Hose zwei Mal getragen hast, weil du jeden Tag ein paar Mal unkontrolliert explodiert bist?

Sam schnaubt neben mir und lässt ein paar Bilder in meinem Kopf auftauchen, die ich lieber wieder verdrängen will.

Paul: Du weißt was ich meine. Wie soll das denn weiter gehen? Verwandeln sich bald Kinder? Mit 11 Jahren sollten sie noch andere Dinge im Kopf haben, als sich in der Mittagspause zufällig auf dem Schulhof in einen riesigen Wolf zu verwandeln. Sie sollten Baseball spielen, mit Mädchen flirten und Stress mit ihren Eltern haben. Stell dir mal vor, wie dein Leben wäre, wenn du dich schon Jahre früher verwandelt hättest.

Ich sehe bruchstückartig Sams Gedanken, Visionen und wir schaudern beide kurz.

Paul: Und stell dir nur mal vor, die prägen sich auch. Das wird der reinste Hormonzirkus. Bald brauchen wir noch eine Aufklärungsbeauftragte in unserem Kreis. Und jemanden, der die armen Mädchen aufklärt. Das hält dann echt keiner mehr aus!

Sam denkt kurz an Emily, wie er sie das erste Mal gesehen hat und das das seine Welt vollkommen auf den Kopf gestellt hat. Emilys schlanke Gestalt, mit dem damals noch makellosen Gesicht, wie sie in einer Gruppe von Freunden lächelt. Ihre Hand hält eine Art Kuchenplatte und Sams Magen kribbelt, als sie sich umdreht und ihn offen anlächelt.

Paul: Ich weiß, wie das ist, ich habe das auch erlebt.

Ich denke an Enola. Ihre Haare waren zu einem festen Zopf gebunden und hingen unter einer gelben Pizza Cap hervor. Sie war ganz in Grau gekleidet, mit einer schlecht gelaunten Miene und hat meinen Tag trotzdem mit einem Mal zum Strahlen gebracht.

Sam: Du hast recht, wenn die Kinder auch nur halb so schlimm wie wir reagieren, haben wir wirklich ein größeres Problem als ich dachte.

Sam fletscht die Zähne zu einem kleinen Lächeln und ich nicke. Wir laufen wieder eine Weile still durch den Wald, jeder hängt seinen eigenen Gedanken nach.

Wenn du dich auf die Welt einlässt - Twilight FFWhere stories live. Discover now