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Enola

Drei Wochen später ist mein Leben, als hätte es Paul nie gegeben. Es ist als hätte es die Jungs nie gegeben und als wären die Cullens nur Schulfreunde gewesen. Ich war mit Jessica und Angela einkaufen, habe viel mit Cloe telefoniert, Mike und ich haben zusammen Pizza ausgetragen und er hat mir sogar noch geholfen meine Fassade und die Fenster zu streichen. Nun wird das Wetter kälter, der Wind schärfer und meine Laune endlich wieder ausgeglichener. Ich lebe wieder meinen normalen Alltag ohne ständige Höhen und Tiefen. Ich bin sogar so weit, dass ich sämtliche Anrufe von Emily blockiere, bis sie es endlich nicht mehr versucht. Ich lösche Alice Nummer. Ich umgehe das Krankenhaus und Mikes Laden, aus Angst dort den Cullens zu begegnen. Aber sonst, ist alles wie immer. Das einzige Überbleibsel sind die Albträume nachts und der Schatten im Wald. Beides kommt nachts, beides wünsche ich mir weg. Die Bewegungen am Waldrand würde ich gerne als Traum abtun, doch ich weiß, dass sie das nicht sind. Sie sind genau so real, wie die blauen Flecken, die erst vor wenigen Tagen ganz verblasst sind.

Meinem normalen Leben entsprechend, stehe ich nun also auf meiner Veranda und kehre das Laub runter. Ich bin in einen dicken Pulli eingehüllt, habe eine Kanne Tee aufgesetzt und hoffe, dass der Wind meinen Laubhaufen nicht gleich wieder umwehen wird. Ich stütze mich auf den Besen und stecke einige Haarsträhnen unter meine Mütze, als ich unerwartet Besuch bekomme. "Hey Enola." Jacob winkt mir lässig von der Straße aus zu. Einen Moment denke ich darüber nach, ob ich jetzt schon realistische Tagträume habe. Wie in Trance winke ich zurück und ignoriere dabei das Ziehen in meiner Brust. "Empfängst du Besuch?" Sein Lächeln scheint wie die Sonne hinter meine Mauern, die ich in den letzten Wochen um mich herum aufgebaut habe. Nach so langer Zeit der Isolation, des Normalseins und der stumpfen Gefühle, ist Jacob wie eine Erscheinung. Seine Haut ist tiefbraun, seine Muskeln treten unter dem dünnen Pulli stählern nach außen und an seiner Hand.... "Ähm klar." Ein kleines Mädchen geht neben Jacob her. Ihr Gesicht ist hell, bis auf die rosa Wangen. Ihre Haare sind lang und dunkel, wie die ihrer Mutter. Die Augen sind wachsam und freundlich, wie die ihres Vaters. Renesmee steht vor mir und lächelt unsicher. Wüsste ich es nicht besser, würde ich an dieser Erscheinung nun wirklich zweifeln. Doch dafür war ich zu tief in der Welt der Wölfe und der Vampire drin. Ich kann mich diesem Mädchen gegenüber nicht unhöflich verhalten, nur weil ihre Mutter mich neulich fast als Snack verspeist hätte.

"Hey, du musst Renesmee sein. Ich bin Enola." Ich gehe in die Knie und reiche ihr die Hand. "Ich weiß, ich kenne dich." Meine Augenbraun schnellen überrascht in die Höhe. "Ich glaube kaum dass,..." Jacob schüttelt den Kopf. "Ihr Gedächtnis ist wirklich sehr gut. Ich würde ihr glauben was sie sagt." Mir fällt auf, dass Renesmee's Hände so warm sind wie meine. Ausgekühlt vom Wind, aber menschlich warm. "Wollt ihr beiden nicht reinkommen? Ich habe gerade einen Tee gemacht."

Wir gehen rein, ich nehme Renesmee ihren kleinen Mantel ab und hänge meine dicke Jacke daneben. "Ich kenne niemanden außer mir, der so viele Sachen draußen trägt." Ich lächle und mir fällt wieder ein, wie isoliert auch Renesmee zwischen ihren Eltern und Jacob ist. "Nun ja, uns ist draußen eben kalt. Jacob ist eine Heizung auf zwei Beinen, ihm macht der Wind nichts aus." Renesmee kichert und es klingt wie ein kleines Glockenspiel im Wind. "Jake hatte recht, du bist witzig." Ich sehe zu Jacob und er wirft mir ein Lächeln zu, welches für seine Verhältnisse geradezu schüchtern wirkt. Und damit hat er bei mir bessere Chancen, als er mit einem sarkastischen Kommentar jemals gehabt hätte.

Ein paar Minuten später sitzt Renesmee auf meinem Schoß und will unbedingt wissen, was mein Lieblingsessen ist. "Ich weiß nicht Recht, ich denke Nudeln. Was ist denn dein Lieblingsessen?" Jake seufzt. "Nun ja, das ist bei Ness etwas schwierig. Ihre Familie schmeckt nichts und tischt ihr daher nicht gerade leckere Sachen auf. Und ich esse nun mal alles. Sie ist sozusagen der Feinschmecker unter uns." Renesmee lächelt mich still an. "Ich kenne Esme's ungewürztes Spiegelei! Ich verstehe also dein Problem." Ich nippe an meinem Tee und sehe Jacob an. "Warum seid ihr hergekommen?" Er zuckt die Schultern. "Wir waren eben gerade in der Gegend und haben Charlie einen Besuch abgestattet." Ich nicke und tue so, als würde Charlie nicht am anderen Ende der Stadt wohnen. "Wir sind extra zu dir gefahren, weil Jacob mit dir was besprechen will." Ich lächle, Kinder können so ehrlich sein. "Renesmee, was hältst du davon, wenn ich dir die Murmelbahn von meiner Schwester zeige? Sie steht ihm Wohnzimmer. Ich wette, deine Eltern haben dir noch nicht so was Großartiges gezeigt." Renesmees Augen fangen an zu leuchten und ich gehe mit ihr ins Wohnzimmer. Schon als ich ihr die erste Murmel gebe und sie diese durch die selbstgebastelten Röhren fallen lässt, ist sie voll auf fasziniert. Sicher ist das für Vampire eine viel zu langweilige Beschäftigung, doch Ness scheint es zu genügen.

Wenn du dich auf die Welt einlässt - Twilight FFWhere stories live. Discover now