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Enola

Grüner Stoff fließt durch meine Hände, als ich am nächsten Morgen vor meinem Badezimmerspiegel stehe. Das Make-Up auf meinem Gesicht fühlt sich merkwürdig ungewohnt an und meine hochgesteckten Haare geben mir das Gefühl nackt zu sein. Ich fahre über den zierlichen Schmuck an meinem Handgelenk und überlege, ob ich wirklich so den Raum verlassen soll, oder ob das alles einfach zu viel des Guten ist. Ich habe keine Ahnung von dem Dresscode auf einer Vampirhochzeit und bisher war ich noch auf keiner anderen. Ich zupfe eine der losen Strähnen zurecht, die sich um mein Gesicht wellen.

„Enola?" Paul klopft an meine Badezimmertüre und ich zucke vor Schreck zusammen. „Alles in Ordnung bei dir? Du bist da schon eine ganze Weile drin." Ich kaue auf meiner Unterlippe, schmecke etwas Merkwürdiges und mir fällt wieder ein, dass ich Lippenstift trage. Ich prüfe im Spiegel, ob er nicht verwischt ist und räuspere mich dann.

„Ich bin nicht sicher." Paul klopft nochmal an der Türe. „Kann ich reinkommen?" Ich bejahe und als er eintritt, scannt sein Blick mich von oben bis unten. Es fühlt sich an, als würden seine Augen mich Schicht für Schicht ausziehen. Alleine bei der Intensität die in seinem Blick liegt, muss ich an seine Worte von gestern denken und bin froh, dass wir nicht weiter gegangen waren. Wenn ich eines Tages Paul alles von mir geben würde, dann nicht, weil mich der Moment dazu hinreist, sondern weil ich mir sicher bin. Und ich bin froh, dass er mich vor den gewissen Reizen gewarnt hat, die sein Körper absichtlich aussendet, um mich zu verführen. Und ich bin mir ganz sicher, dass dieser Blick dazu gehört.

„Ich weiß nicht, ob ich wirklich fertig bin." Ich zupfe an dem dünnen Träger meines Kleides herum und muss mich zwingen nicht wieder auf meiner Lippe zu kauen. Ich sehe Paul fragend an. „Du bist auf jeden Fall fertig." Stammelt der große Mann in meiner Badezimmer türe. „Für alles auf der Welt, außer eine Vampir-Hochzeit." Ergänzt er und stellt sich hinter mich. Mein Blick wandert in den Spiegel und ich staune. Pauls schwarze Haare scheinen sich mit meinen rötlichen zu verbinden, sein dunkler Tan ist ein starker Kontrast zu meiner zarten Haut und sein Gesicht scheint ein Geheimnis zu wahren, welches ich offenbare. Meine Augen schimmern hell vom Liedschatten und meine Lippen unterbrechen den Glanz durch ihre blutrote Farbe. Paul streicht leicht über meine Schultern und die Wärme lässt mich leicht zittern.

„Das Grün passt perfekt zu deinen Augen." Haucht er in meinen Nacken und verpasst mir damit eine Gänsehaut. „Das ist so ein Klischeespruch." Lache ich auf und versuche die Situation etwas aufzulockern, denn ich fühle mich nicht sonderlich wohl in dieser Kleidung. Bisher waren Klamotten immer mein Schutzschild, die der Welt zeigen, dass mir egal ist, was sie denkt. Die klar macht, dass ich nicht so ein kicherndes Mädchen bin, wie meine Schwester. Doch in dem Kleid sieht das schon anders aus.

„Kann schon sein, aber er ist ernst gemeint." Er will noch etwas erwidern, doch da klingelt es an der Haustüre. Ich bin froh dass einer der Jungs diesen Missstand endlich behoben hat, so muss ich nicht mehr auf der Veranda auf meine Gäste warten. Denn manche, wie zum Beispiel Mike, lassen öfter mal auf sich warten und das ist im Winter nicht ganz so angenehm. „Also das ist sicher Seth." Sage ich und will mich an Paul vorbei aus dem Bad schieben. Seine warme Hand zuckt nach vorne und wir sehen uns einen Moment lang in die Augen. Paul öffnet den Mund und schließt ihn wieder, auf seiner Stirn sehe ich eine steile Sorgenfalte. Schließlich beugt er sich zu mir herunter und küsst mich. Es ist ein zarter, unschuldiger Kuss und nicht mit dem von gestern Abend zu vergleichen. Doch er haucht mir auch um einiges mehr an Liebe ein. „Pass bitte auf dich auf." Flüstert mein Freund und ich nicke. Ein Nicken, welches ich auch vollkommen erst meine. Dann schnappe ich mir die kleine Handtasche, die ich aus Cloes Schrank geliehen habe und gehe die Treppe runter.

Als ich unten die Haustüre öffne, blicke ich in Seths strahlendes Gesicht. „Wow Enola, du siehst wunderschön aus." Ich trete raus zu ihm und Paul folgt mir. „Danke Seth, du siehst auch sehr gut aus." Seth trägt eine lockere Hose, ein weißes Hemd und einen beigen Blazer. Eigentlich hätte wirklich vieles an ihm besser ausgesehen und Paul scheint mich zu durchschauen. „Und das war kein Klischee?" Ich knuffe ihn in die Seite.

Wenn du dich auf die Welt einlässt - Twilight FFWhere stories live. Discover now