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Taehyung POV

Verlegen kratze ich mich an meinem Hinterkopf und schaffe es nur schwer meinen Blick von dem Jungen zu lösen.

"Ehm, ja, der bin ich. Aber mir wäre es lieb, wenn ihr mich ganz normal behandeln würdet. Hier bin ich einfach nur Taehyung."

Glücklicherweise hat meine Klasse Verständnis dafür und lächelt mich weiterhin an. Auch wenn ich beruhigt bin, dass sie mich scheinbar wie einen normalen Mitschüler annehmen, kann ich doch nicht verhindern, dass ich mich ein wenig ärgere. Immerhin werden sie mich trotzdem immer anders behandeln, sie werden immer im Hinterkopf haben, dass Taehyung eigentlich V ist.

"Gut, kommt mal wieder zur Ruhe. Taehyung, du kannst dich neben Jungkook setzen, das ist im Moment der einzige freie Platz." Die Klasse verstummt sofort bei den Worten von Ms. Choi und mir entgehen nicht die mitleidigen Blicke, die sie mir zuwerfen. Meine Lehrerin deutet auf den Jungen in der hintersten Ecke. Ob das Schicksal ist, dass ich nun neben ihm sitze? Selten interessiert mich so etwas wie dieser Junge, der scheinbar Jungkook heißt.

Weiterhin lächelnd gehe ich durch die Reihen der vielen Tische und lasse mich mit einem Schnaufen neben dem Schwarzhaarigen fallen. Er sieht nicht einmal auf, als ich mich setze und widmet seine Konzentration weiterhin seinem Block vor sich.

Als Ms. Choi den Unterricht beginnt, beuge ich mich leicht zu ihm und stupse ihm in die Seite.

"Hey. Jungkook, richtig?"

Weiterhin würdigt er mich keines Blickes, aber wenigstens unterbricht er jetzt seine Kritzeleien. Na, gehört hat er mich dann ja schon mal.

"Bist du gut in Mathe?"

Keine Antwort. Warum ignoriert der Typ mich? Aber gut, ich kann hartnäckig sein und da er mich so sehr interessiert, werde ich nicht so schnell aufgeben.
Ich stupse ihn erneut an, dieses mal ein wenig fester und sehe, wie seine Muskeln sich anspannen. Doch weiterhin dreht er den Kopf nicht zu mir.

Wie oft habe ich an diesem Tag eigentlich schon geseufzt? Ich habe nicht mitgezählt, aber es war oft und eben gerade konnte ich es mir nicht noch einmal verkneifen.

"Ich bin nicht gut darin, weißt du? Ich habe gehofft, du könntest mir helfen."

Jetzt sehe ich das erste mal eine richtige Reaktion von ihm. Leicht dreht er seinen Kopf zu mir und lässt mich in seine Augen schauen. Ich weiche ein Stück zurück, aber nicht, weil sie mich vor Wut anfunkeln, sondern weil sie wunderschön sind. Warum versteckt er so schöne Augen unter seinen Haaren?

"Hör zu, mir ist egal, wer oder was du bist, aber lass mich einfach in Ruhe", zischt er wütend und wendet sich dann seiner Kritzelei wieder zu.

Was ist denn sein Problem? Wenn er glaubt, mich dadurch abgeschreckt zu haben, dann hat er sich getäuscht. Ich bin jetzt nur noch interessierter an ihm.

In den Pausen werde ich von den anderen mit Fragen durchlöchert. Auch wenn mich das Ganze wahnsinnig nervt, bleibe ich freundlich und gebe ihnen geduldig ihre Antworten. Dadurch schaffe ich es leider nicht, mich erneut mit Jungkook zu unterhalten, sofern man das zwischen uns beiden in der ersten Stunde eine Unterhaltung nennen kann.

Nachdem der Gong endlich das Ende der letzten Stunde verkündet hat, strecke ich mich einmal ausgiebig und lasse daraufhin meine Sachen in meinem Rucksack verschwinden. Unauffällig starre ich auf den Rücken von Jungkook, der sich nicht wie sonst direkt nach Stundenende vom Stuhl erhoben hat, um die Klasse fluchtartig zu verlassen, sondern noch immer nach vorne gebeugt über seinem Block hängt.
Ich hebe gerade meine Hand, um ihn erneut anzustupsen, als sich ein mir unbekannter Junger vor unseren Tisch stellt.

"Hey Kooks. Bist du soweit?"

Jungkook nickt dem Jungen einmal zu und beginnt seine Sachen einzupacken. Mehr als überrascht hebe ich eine meiner Augenbrauen und lasse meinen Blick zwischen Jungkook und dem Jungen hin- und herwandern. Es ist das erste mal heute, dass ich jemanden mit Jungkook reden sehe und eigentlich dachte ich, alle Schüler würden ihn meiden. Aber dieser Junge mit dem silbernen Haar nicht, der sogar einen Spitznamen für den Schwarzhaarigen parat hat. Sie müssen also in irgendeiner Weise befreundet sein.

Nun habe ich scheinbar auch die Aufmerksamkeit des Unbekannten auf mich gezogen, denn skeptisch zieht er seine Stirn kraus. Doch dann scheint ihm ein Licht aufzugehen und erneut wendet er sich an Jungkook.

"Du hast ja nun einen Sitznachbar, Kooks. Das ist doch toll." Als Antwort bekommt er nur ein Schnauben von dem Schwarzhaarigen. Dieser zieht den Reißverschluss seiner Tasche zu und will gehen, merkt aber, dass sein Kumpel ihm nicht folgt.
Der Silberhaarige steht noch immer vor mir, hält mir aber zur Begrüßung seine Hand hin.

"Hey, ich bin Jimin. Freut mich, dich kennenzulernen. Du scheinst neu zu sein?"

Ich nicke lächelnd und erwidere seinen Handschlag. Er ist der erste an diesem Tag, der vollkommen natürlich zu mir ist.

"Ich bin Kim Taehyung. Freut mich ebenfalls. Ja, ich bin heute in die Klasse gekommen."

"Dann tut es mir leid, dass du ausgerechnet Jungkook als Sitzpartner bekommen hast. Einen ungesprächigeren Schüler hättest du gar nicht erwischen können."

Jimin lacht einmal auf und ignoriert den wütenden Blick, den sein Freund ihm zuwirft. Eng umklammert er seinen Rucksack, geht auf den Kleineren zu und versucht ihn, an der Hand hinter sich her zu ziehen.

"Jimin, lass uns nach Hause gehen", zischt er leise und ich habe Schwierigkeiten, ihn zu verstehen.

Jimin jedoch ist tiefenentspannt und bedeutet dem Schwarzhaarigen mit einer Handbewegung ruhig zu sein.

"Sag mal, Tae...so darf ich dich doch nennen oder?" Überrascht von dieser prompten Vertrautheit nicke ich nur. "Bist du nicht dieser Youtuber? Wie heißt er noch?" Nachdenklich tippt er sich an sein Kinn und blickt hilfesuchend zu Jungkook. "Hilf mir doch mal, du schaust ihn doch immer."

Sofort wird Jungkook rot im Gesicht und dreht sich von uns weg. Er zieht Jimin zu sich herunter und flüstert ihm etwas ins Ohr, dessen Miene sich kurz darauf aufhellt. Doch meine Gedanken kreisen noch um das, was Jimin gerade sagte.

Jungkook schaut also meine Videos. Das habe ich nicht erwartet, denn immerhin hat er ganz anders als unsere Mitschüler reagiert und von Anfang an war er abweisend zu mir. Wenn er mich wirklich in irgendeiner Weise mögen würde, dann hätte er sich doch anders verhalten, oder?

Entschuldigend hebt Jimin seine Hände und dreht sich noch einmal kurz zu mir.

"Sorry Tae, ich muss los, sonst bekomme ich noch Ärger. Lass uns morgen mal wieder quatschen, ja?"

Fröhlich winkt er mir zu, ehe er sich von Jungkook hinterher ziehen lässt. Die beiden sind ein eigenartiges Gespann, passen überhaupt nicht zueinander, aber wahrscheinlich sind sie deshalb so gut miteinander befreundet.

Na dann, pass mal auf Jungkook, mir entkommst du nicht. Ich gewinne schon deine Freundschaft.

𝐕-𝐁𝐥𝐨𝐠│ᴛᴀᴇɢɢᴜᴋ ✓Where stories live. Discover now