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Taehyung POV

Am nächsten Morgen wache ich tatsächlich vor dem Weckerklingeln auf. Das ist bisher noch nie vorgekommen. Es ist nicht so, dass ich schlecht geschlafen hätte, nein. Ganz im Gegenteil sogar, ich habe wirklich gut geschlafen und komische Sachen geträumt. Von mir und...

Jungkook.

Meine Gedanken stehen seit gestern nicht mehr still, seit ich so komisches Herzklopfen bekommen habe. Und nun träume ich auch noch von ihm und es war nicht gerade jugendfrei...

Verwirrt richte ich mich auf und kratze mich einmal verschlafen am Kopf. Ich glaube, das sollte ich umschmückt in mein Video mit hineinnehmen, vielleicht haben meine Zuschauer ja eine Ahnung, was mit mir los ist.

Doch erst einmal werde ich duschen gehen. Ohne Umwege steuere ich also das Badezimmer an, putze einmal in Lichtgeschwindigkeit die Zähne und lasse dann meine Kleidung auf den Boden sinken.
Vorsichtig steige ich in die Dusche und stelle das Wasser sofort auf heiß. Ich zische auf, weil es mich beinahe verbrüht, doch schnell habe ich mich daran gewöhnt und beginne damit, mich zu waschen.

Dabei wandern meine Gedanken ungewollt wieder zu Jungkook. Ich denke an seine vermutlich weichen Haare, in die ich gern hineingreifen würde, an seine schönen Augen, aus denen ich gern etwas anderes als Ablehnung sehen würde, an seine zarten Hände, die so umsichtig den Stift beim Zeichnen gehalten haben...

Okay Taehyung, jetzt hast du ein Problem. Seufzend sehe ich an mir herunter und stelle die Dusche augenblicklich kalt. Ich kann mir einen kurzen Aufschrei nicht verkneifen, aber es tut gut, das Blut von meiner Mitte wieder in den Rest des Körpers laufen zu lassen. Ich denke über die Worte nach, die ich meiner Mutter gestern an den Kopf geworfen habe: 'Ich bin nicht schwul.'

Wenn ich es nicht bin, warum bekomme ich dann einen Ständer, wenn ich an einen Jungen denke? Zudem ist es auch noch einer, der mich nicht einmal leiden kann und über den ich eigentlich gar nichts weiß. Außer, dass er ein gewissenhafter Schüler ist und scheinbar nicht viel Freizeit hat. Aber warum kommen dann solche Gefühle in mir auf?

Vielleicht sollte ich da nicht zu viel hinein interpretieren. Das Ganze ist bestimmt nur Zufall. Ich nicke einmal eifrig und stelle daraufhin das Wasser aus.
Ich greife mir das Handtuch, das neben der Dusche hängt und wickele es mir um die Hüften.
Vor dem Spiegel föhne ich etwas meine Haare und gehe dann, noch immer halbnass in mein Zimmer zurück. Dort trockne ich mich dann richtig ab, ziehe Unterwäsche an und schlüpfe in die Schuluniform.

Unten in der Küche liegt ein Zettel von meiner Mutter mit ein wenig Geld daneben.

Hallo Tae mein Schatz,

Ich musste heute leider früh raus, deshalb sehen wir uns jetzt nicht. Aber du bist ja schon groß, du verkraftest das sicher. ;)
Das Geld ist noch immer das von gestern. Geh doch bitte endlich zum Friseur.
Pass auf dich auf und ich hab dich lieb. :* Bis heute Abend. <3

Deine Mutter

Ich seufze einmal genervt auf, als ich die Zeile mit dem Friseur lese, packe aber trotzdem das Geld in meine Tasche und verlasse kurz darauf das Haus.

In der Schule sitze ich bereits an meinem Platz und es ist noch einige Minuten hin, bis der Unterricht beginnt. Ich war ja aber auch wirklich früh wach gewesen und habe mich somit früh auf den Weg zur Schule gemacht.

Meine Zeit habe ich bis eben mit aus dem Fenster starren verbracht, bis ich Jungkook aus dem Augenwinkel erkenne. Als er mich ebenfalls erblickt, bleibt er kurz schockgefroren stehen, bevor er sich lautlos auf seinen Stuhl, wieder ganz weit am Rand des Tisches, hinsetzt.

"Guten Morgen, Jungkook", begrüße ich ihn fröhlich, woraufhin ich nur ein Schnauben erhalte.

"Na, nicht gut geschlafen?" Ich werde nicht locker lassen, Jungkook.

"Um ehrlich zu sein, nein."

Über diese ehrliche und vor allem erste richtige Antwort von ihm überhaupt, bin ich überrascht. Ich rücke näher an ihn heran und stütze interessiert meinen Kopf auf meiner Hand ab, während ich ihn weiter beobachte. Auch heute sieht er wieder sagenhaft gut aus, seine Haare sitzen perfekt und die Schuluniform steht ihm ausgezeichnet. Ich bin mir sicher, er hat viele Verehrerinnen, vielleicht auch gerade deshalb, weil er so unnahbar erscheint, was gepaart mit seinem guten Aussehen eine glatte Zehn ergibt.

Verwundert weite ich die Augen und schüttele den Kopf. Was denke ich denn da schon wieder? Kann mir doch egal sein, ob er gut aussieht, oder nicht.

Ich merke gar nicht, wie Jungkook auch mich anstarrt, von oben bis unten mustert, ehe er das Wort wieder an mich richtet.

"Ist irgendwas? Oder warum starrst du mich so an?"

"Wer starrt hier wen an, hm?"

Ich grinse breit und freue mich über die Reaktion von ihm. Leichte Röte zeichnet sich um seine Nase herum ab und verlegen wendet er sich von mir ab. Er rückt noch ein Stück weiter weg, mittlerweile sitzt er fast schon im Gang. Doch mich amüsiert das Ganze nur, ich lasse mein Grinsen breiter werden und hebe meinen Kopf von meiner Hand.

"Gefällt dir, was du siehst, Jungkook?"

Der Rotton in seinem Gesicht wird noch eine Spur dunkler und der Blick, den er mir zuwirft könnte jemanden umbringen.

"Bilde dir bloß nichts darauf ein", zischt er wütend. "Du bist ganz schön arrogant."

"Hmm, eigentlich nicht", pfeife ich fröhlich.

Jungkook will noch zu einem Konter ansetzen, doch unser Lehrer kommt in die Klasse und beginnt mit dem Unterricht. Ich kichere leicht und drehe meinen Kopf in Richtung Tafel, doch mir entgeht nicht der eigenartige Seitenblick, den der Schwarzhaarige mir zuwirft. Na also, irgendetwas scheine ich ja doch bei ihm zu bewirken, sonst würde er mich ja komplett ignorieren. Das heißt, es ist nicht alles verloren und ich bin vielleicht auf einem guten Weg, mich mit ihm anzufreunden, wenn auch auf einem eher ungewöhnlichen. Noch nie habe ich einen Freund durch Sticheleien gewonnen, aber man hat in vielen Dingen ein erstes Mal.

𝐕-𝐁𝐥𝐨𝐠│ᴛᴀᴇɢɢᴜᴋ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt