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Alexander

"Lightwood" höre ich Dr. Morgenstern brüllen. Schnell schenke ich dem Patienten noch ein Lächeln, bevor ich zur Tür hinaus eile und in das nächste Zimmer renne. Ich bleibe vor dem Bett stehen, in dem eine alte Frau liegt und mich mustert. Dr. Morgenstern steht daneben, mit ihrer Akte in der Hand und würdigt mich keines Blickes. "Bettpfanne leeren" sagt er nur knapp, bevor er den Raum mit wehendem Arztkittel verlässt. Genervt schaue ich ihm nach und in mir wächst der Wunsch, ihm meine Meinung zu sagen. Plötzlich wird meine Hand getätschelt und ich sehe zu der Frau, die mich immer noch mustert. "Entschuldigung" murmel ich und mache meine Arbeit.

Nach einem 14 Stunden Tag, in dem ich nur hin und her gerannt bin, kann ich endlich nach Hause gehen. Seufzend betrete ich die Umkleide und sehe, dass ich nicht alleine bin. Dr. Loss ist gerade im Begriff sich ihren Kittel überzuwerfen. "Alec" sagt sie freundlich. Ich mag sie sehr gerne, denn sie ist im Gegensatz zu Dr. Morgenstern stets freundlich und hat immer ein offenes Ohr. "Du siehst müde aus. War ein harter Tag?" Ich nicke kurz und fahre mir durch mein Gesicht. "Dann fahr schnell nach Hause und ruh dich aus. Die nächsten Tage werden anstrengend werden. Mehrere meiner Kollegen müssen zu einem Kongress." Sie grinst mich an und verdreht die Augen. "Ok. Und unser Casanova?" Viel mehr kann ich vor Müdigkeit nicht sagen, aber sie weiß auf wen ich anspiele, denn Dr. Morgenstern hat diesen Spitznamen bekommen, weil er sich für unwiderstehlich hält und das gesamte weibliche Personal anbaggert. Bisher allerdings erfolglos. In diesem Moment ertönt Dr. Loss Pieper und sie klopft mir auf die Schulter. "Leider nein Alec. Er wird uns mit seiner Anwesenheit beglücken" Mit diesen Worten verlässt sie die Umkleide. Schnell ziehe ich meine Krankenhaus Uniform aus und schlüpfe in meine blaue Jeans und ziehe mein schwarzes Shirt über. Dann steige ich in meine Boots, schnappe mir meine Lederjacke und verlasse zügig das Krankenhaus. Zum Glück wohne ich nur einige Blocks entfernt in einem 1-Zimmer Appartement und es liegt eine Imbiss mit chinesischem Essen auf dem Weg. Schnell hole ich mir dort etwas zu Essen und erreiche dann endlich mein Zuhause. Dort lasse ich mich auf das kleine schäbige Sofa fallen und beginne sofort zu essen. Kurz zappe ich durch das Fernsehprogramm, merke aber schnell, dass ich mich nicht konzentrieren kann und mache das Gerät wieder aus. Ich merke, wie müde ich bin und lasse mich nach hinten fallen, nachdem ich fertig gegessen habe, denn mein Sofa ist auch meine Schlafgelegenheit, etwas anderes kann ich mir nicht leisten. Plötzlich klingelt mein Handy und auch ohne darauf zu sehen, weiß ich genau, wer es ist, denn viele Freunde habe ich nicht. "Hey Izzy" sage ich und bereite mich schon innerlich auf ihren Redeschwall vor. "Alec, wie geht es dir? Vermisst du mich? Wann kommst du nach Hause?" Ich muss lachen, denn meine Schwester ist wie immer kaum zu stoppen. "Izzy, mir geht es gut, ich vermisse dich natürlich und ich komme nicht nach Hause. Vielleicht an Weihnachten, aber dann wohne ich auf keinen Fall bei euch." Ich höre ihr Seufzen am anderen Ende. "Weihachten ist noch 7 Monate hin. Vorher komme ich dich besuchen." Entsetzt richte ich mich auf, denn das möchte ich auf keinen Fall. Isabelle soll nicht sehen, in welchen Verhältnissen ich gezwungen bin zu leben. Ich habe ihr nie erzählt, dass unsere Eltern mir die finanzielle Unterstützung gestrichen haben, als ich nicht sofort einen Studienplatz bekommen habe und ich trotzdem nach New York gegangen bin. Unser Verhältnis war mehr als schlecht, denn sie hatten ein Problem damit, dass ich mich vor 5 Jahren geoutet habe, aber ich hatte es satt, ihnen alles Recht zu machen. Als mein Vater mich dann im letzten Jahr mit einem Mann in meinem Zimmer in einer eindeutigen Position gesehen hat, konnte er mir nicht einmal mehr in die Augen schauen. Das war der Moment, wo ich mich in Brooklyn im Krankenhaus beworben habe und bin dann sofort nach der Zusage abgehauen. "Alec, bist du noch dran?" holte mich die Stimme meiner Schwester in die Wirklichkeit zurück und ich beeilte mich zu antworten. "Wie geht es dir und Max?" fragte ich, denn meine beiden jüngeren Geschwister vermisse ich wirklich. "Mir geht es gut und Max ist fast nie zu Hause. Entweder er ist beim Football Training oder er ist bei Amy" Mein Bruder ist erst 18, aber schon seit 2 Jahren mit seiner High School Liebe zusammen und ich freue mich, dass er so glücklich ist. Izzy dagegen hat mit ihren 23 Jahren noch nicht den Richtigen gefunden, aber das ist bei mir ja auch nicht anders, aber im Gegensatz zu ihr, habe ich noch nie eine feste Beziehung gehabt. "Sei mir nicht böse, aber ich muss jetzt schlafen. Morgen habe ich zwar tagsüber frei, aber für heute hab ich genug. Wir reden morgen noch mal ok?" sage ich müde. "Dann schlaf gut Großer, aber morgen reden wir noch mal über meinen Besuch bei dir." Bevor ich reagieren kann, hat sie aufgelegt und ich werfe mein Handy auf den kleinen Tisch. Wieder lasse ich mich nach hinten fallen und versuche eine bequeme Position zu finden, was bei meiner Größe auf dem kleinen Sofa nicht sehr einfach ist. Trotzdem fallen mir schnell die Augen zu und ich falle in einen traumlosen Schlaf.

Bittersweet SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt