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Alexander

Ich wische gerade den Esstisch ab, als Ragnor aus Magnus Arbeitszimmer rollt und ziemlich verstört aussieht. Er sieht aus, als hätte er geweint und besorgt will ich gerade etwas sagen, als er mit einer Hand abwinkt und auf die Terrasse rollt. Verwirrt sehe ich ihm nach und frage mich, was zwischen den Beiden vorgefallen ist. Langsam gehe ich zu Magnus Arbeitszimmer und öffne die Tür. Im ersten Moment kann ich ihn nicht sehen, aber dann höre ich ein Geräusch und finde ihn auf dem Boden sitzend vor. Er hat die Arme um sich geschlungen und weint. Besorgt knie ich mich neben ihn und lege eine Hand auf seine Schulter. "Magnus?" frage ich leise und bekomme ein ungutes Gefühl, als er mich einfach nur anstarrt. "Was ist passiert zwischen Ragnor und dir?" Ich will meine Hand heben, um ihm seine Tränen abzuwischen und bin erschrocken, weil er seinen Kopf wegdreht. "Bitte fass mich jetzt nicht an Alexander." Seine Stimme ist leise aber dennoch bestimmend, also lasse ich meine Hand wieder sinken und frage mich erneut, was passiert ist und was ich damit zu tun habe. "Lass mich allein." Ich entspreche seinem Wunsch und stehe langsam auf, um den Raum zu verlassen. Zielstrebig gehe ich auf die Terrasse, wo ich Ragnor vorfinde, der ins Leere zu starren scheint. "Ist alles in Ordnung?" frage ich behutsam und weiche zurück, als er mich anschreit "Nein Alec, nichts ist in Ordnung, aber das geht dich einen Scheiß an. Lass mich in Ruhe und tu das, wofür Magnus dich reichlich bezahlt." Kalt sieht er mich an. "Ach ja, hab ich vergessen, er bezahlt dich, damit du den Krüppel, der zu nichts mehr zu gebrauchen ist, versorgst aber weißt du was? Für heute hast du frei. Verschwinde." Ich muss schlucken und ich weiß nicht mehr, was ich noch denken soll, also sage ich nichts mehr und gehe in mein Zimmer. Dort angekommen setze ich mich verzweifelt auf mein Bett und vergrabe den Kopf in meinen Händen. Was ist da gerade passiert? Im einen Moment haben wir friedlich gefrühstückt und gelacht und im nächsten, haben mich Beide von sich gestoßen. Völlig überfordert, lege ich mich hin, schließe die Augen und versuche meine Gedanken zu ordnen. Ich vermisse Magnus an meiner Seite und ich denke an die Momente, die wir geneinsam verbracht haben.

Darüber muss ich eingeschlafen sein, denn als ich das nächste Mal die Augen öffne, dämmert es bereits und ich sehe, dass Magnus an meinem Bett sitzt und mich ansieht. Ich setze mich auf. "Magnus ist was passiert?" Kurz lächelt er mich an, bevor er antwortet "Nein Alexander, es ist nichts passiert. Ragnor möchte ins Bett, deswegen wecke ich dich. Er möchte mich im Augenblick nicht um sich haben, sonst hätte ich es gemacht." Seine Stimme klingt traurig und ich greife nach seiner Hand, aber er entzieht sie mir wieder. "Was ist heute Morgen zwischen euch vorgefallen?" frage ich ernst und er weicht meinem Blick aus. "Er hat mir gesagt, dass er mich liebt." flüstert er und ich reiße die Augen auf. "Ist das dein Ernst? Und was hast du geantwortet?" Er springt auf und fährt mich an "Na was habe ich wohl gesagt? Natürlich das ich ihn nicht liebe, aber er versteht es nicht und ist verletzt." Ich stehe ebenfalls auf und trete zu Magnus und ob er will oder nicht, ziehe ich ihn an mich. "Er wird es verstehen, irgendwann. Man kann Gefühle doch nicht erzwingen" sage ich leise an seinem Ohr und für einen Moment entspannt er sich und erwidert meine Umarmung. "Alexander, dass mit uns muss aufhören." flüstert er. Mir wird kalt und mein Magen dreht sich um. Ich trete einen Schritt zurück, um ihm in die Augen sehen zu können. "Was? Machst du gerade Schluss mit mir?" Gequält kneift er die Augen zusammen und nickt. Ich merke, wie die Hilflosigkeit und die Verzweiflung mich übermannen und so ist mein Ton schärfer als beabsichtigt, als ich antworte "Das hätte ich mir ja auch denken können. Was will ein Mann wie du auch mit mir? Einem mittellosen Pfleger, der abhängig ist von jemandem, der mich scheinbar nur ins Bett bekommen wollte." Ich lache humorlos auf und verfluche mich in Gedanken selbst. Wie konnte ich so dumm sein. Er sieht verletzt aus, aber das bin ich auch und als er etwas sagen will, komme ich ihm zuvor "Sag nichts Magnus, oder soll ich ab heute lieber Mr. Bane sagen? Ich mache jetzt meinen Job und bringe Ragnor ins Bett. Danach möchte ich ebenfalls schlafen, also geh bitte. Ab jetzt haben wir nur noch beruflich miteinander zu tun, also bitte ich dich meine Privatsphäre zu respektieren." Damit drehe ich mich auf dem Absatz und und verlasse fluchtartig den Raum. In mir zerbricht etwas und ich muss mich zusammen reißen, um nicht zu weinen. Mit großen Schritten gehe ich nach unten, wo ich Ragnor nach wie vor draußen vorfinde und packe seinen Rollstuhl an den Griffen und drehe ihn ruckartig um, ohne ein Wort zu sagen. Kurz sieht er mich an, bevor er wieder in seine Gedanken abdriftet und er lässt alles widerstandlos über sich ergehen. Wir sprechen kein Wort miteinander, weder als ich ihn erst in den Lift hinein und dann wieder hinaus setze, noch als ich ihn umziehe, wasche und auf die Toilette setze. Erst als er zugedeckt im Bett liegt, schaut er mich an. "Hattest du schon mal ein gebrochenes Herz Alec?" fragt er mich unvermittelt und ich muss mir auf die Unterlippe beißen, um nicht auf der Stelle zusammen zu brechen. Ich bringe kein Wort hervor und kann nur nicken. Verstehend seufzt er. "Ja, ich auch. Gute Nacht und es tut mir leid, dass ich dich so angefahren habe." Ich tätschel kurz seine Hand und zwinge mich dazu, ihn anzulächeln. "Schon gut Ragnor. Schlaf gut." Dann kann ich endlich den Raum verlassen und an der Tür rutsche ich auf den Boden und kann nicht verhindern, dass mir die Tränen über mein Gesicht laufen.

Bittersweet SecretWhere stories live. Discover now