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Alexander

Schweigend fahre ich mit Ragnor zum Treppenlift und hebe ihn hinein. Für den Rollstuhlgibt es eine Extra Befestigung und so klappe ich ihn zusammen und hänge ihn ein. Dann drücke ich den Knopf und der Lift beginnt sich zu bewegen. Ragnor sagt kein einziges Wort, beobachtet aber jeden meiner Griffe ganz genau. Oben angekommen setze ich ihn wieder in den Stuhl und fahre ihn in sein Zimmer. Dort rolle ich ihn als Erstes in das Badezimmer und reiche ihm seine Zahnbürste. Er nimmt sie und beginnt sich die Zähne zu putzen, dabei starrt er mich permanent im Spiegel an. Seine Blicke machen mich nervös und ich weiß nicht, was er gegen mich hat, also bemühe ich mich ihn freundlich anzusehen. Als er fertig ist und sich mit einem Waschlappen gewaschen hat, öffnet er das erste Mal seinen Mund. "Toilette" sagt er nur knapp und so öffne ich seine Hose und setze ihn auf die Toilette. Ich verlasse das Bad um ihm seine Privatsphäre zu gönnen. Als er fertig ist und ich ihn auf sein Bett gewuchtet habe, ziehe ich ihn aus und stecke ihn in ein T-Shirt und eine Jogginghose und ziehe die Decke über ihn. Mit dem Babyphone in der Hand, will ich gerade von seinem Bett zurück treten, als er mich plötzlich am Arm packt und festhält. "Lightwood" knurrt er und ich bekomme eine Gänsehaut. "Ich sehe genau, wie du Magnus anschaust. Wie ein Raubtier, was sich bei erster Gelegenheit über seine Beute hermachen will, aber ich habe dich im Auge." Ich ziehe die Augenbrauen überrascht nach oben. "Ragnor, ich weiß nicht was du meinst" Einen Moment starren wir uns an, bis er weiter spricht und seine Worte treffen mich härter, als ich es gedacht hätte. "Magnus ist mein Freund. Bei dem Unfall waren wir gerade auf dem Weg zu einem Date, also rate ich dir, lass die Finger von ihm." Ich schlucke und kann nur nicken. Dann verlasse ich eilig den Raum und lehne mich draußen an die Flurwand um einen Moment zu Atem zu kommen. Was hatte ich auch gedacht? Natürlich hat jemand wie Magnus einen Freund und kein Interesse an mir. Ich komme mir naiv vor und frage mich, ob ich mir das Alles nur eingebildet habe. Die Blicke, die Berührungen, das Feuerwerk, welches zwischen uns explodiert, sobald wir uns nahe sind. Langsam gehe ich zurück in die Küche, um aufzuräumen, als sich mir ein Anblick bietet, den ich nie wieder vergessen werde. Magnus hat Musik angemacht und wirbelt tanzend durch die Küche. Dabei sieht er so elegant und zugleich sexy aus, dass meine Knie weich werden und mein Herz bis zum Hals schlägt. Ich lehne mich an die Tür und beobachte jeden seiner Bewegungen und versuche alles in mich auszusaugen. Als er mich schließlich entdeckt, bleibt er stehen und wird tatsächlich ein wenig rot, was ihn nur noch attraktiver macht und er lächelt mich an. "Magnus" sage ich. "Das wollte ich doch machen, dafür bin ich doch da". Erstaunt sieht er mich an und kommt langsam zu mir. "Ich mache das gerne und ich habe dich nicht als meine Putzfrau oder als meinen Koch eingestellt, sondern als Pfleger für Ragnor" Er kommt mir sehr nahe und wieder kann ich seine Wärme, die er ausstrahlt spüren und ich atme seinen Duft tief ein. Wir ziehen uns an, wie zwei Magnete und ich müsste nur meine Hand ausstrecken um ihn am Nacken zu packen und ihn zu küssen. Mein Blick fällt auf seine perfekt geschwungenen Lippen und ich frage mich, wie sie wohl schmecken, wie es ist ihn mit meinem Mund zu berühren, aber dann fallen mir Ragnors Worte ein und ich trete einen Schritt zurück. "Alexander, möchtest du noch einen Wein mit mir trinken?" Magnus hat seine Hand auf meinen Arm gelegt und wieder brennen seine Berührungen. Erwartungsvoll sieht er mich an und ich bin hin und hergerissen. Oben liegt sein Freund, der mich gewarnt hat, Magnus zu nahe zu kommen, aber hier unten steht mein Traummann, in dessen Nähe ich das Gefühl habe, angekommen zu sein, wieder atmen zu können. Mein Egoismus siegt und ich nicke. Magnus strahlt mich an und ich weiß, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Fast schon tanzend eilt er in der Küche herum und zaubert neben einer edlen Flasche Wein auch zwei Gläser hervor und deutet mir mit einer Kopfbewegung an ihm zu folgen. Fasziniert von seiner Art sich zu bewegen, folge ich ihm und lande mit ihm zusammen auf einem weißen Sofa, welches vor einem Kamin steht. "Kannst du die Flasche öffnen Alexander, dann mache ich uns ein Feuer?" Als Antwort greife ich nach dem Wein und beobachte dabei, wie Magnus geschickt einige Holzscheite aufstapelt und ein Feuer entfacht. Ich öffne die Flasche und schenke uns beiden ein Glas ein, als er wieder neben mir sitzt, reiche ich ihm eines und dabei berühren sich kurz unserer Finger. Immer wieder fasziniert von der Auswirkung, die jede noch so kleine Berührung von ihm auf mich hat, lächel ich unwillkürlich und er lächelt ebenso zurück. "Also Alexander, erzähl mir etwas von dir." Mein Lächeln vergeht mir und mir fällt auf, wie langweilig mein Leben eigentlich ist. "Also, ich bin nicht sehr interessant." Magnus reißt die Augen auf und legt seine bandagierte Hand auf meine. "Du sagst, du bist nicht interessant Alexander? Wie kannst du so etwas sagen? Für mich bist du der interessanteste Mensch der Welt und ich möchte alles über dich erfahren. Bitte" Meine Augen zucken zwischen unseren Händen und seinen Augen hin und her, warum macht er das, wenn er in einer Beziehung mit Ragnor ist. Kurz räusper ich mich, bevor ich antworte. "Sag hinterher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Mein vollständiger Name ist Alexander Gideon Lightwood und ich bin am 12. September 1994 in Cleveland geboren. Ich habe zwei wundervolle Geschwister, die mich zwar manchmal in den Wahnsinn treiben, aber ich liebe sie beide über alles. Isabelle ist 23 Jahre alt und viele sagen, wir sehen uns sehr ähnlich. Das mag vielleicht auch so sein, aber sie ist ganz anders als ich. Sie ist so stark, selbstbewusst und unabhängig. Sie studiert Schauspiel und ich bin sicher, ich werde sie irgendwann im Fernsehen sehen. Dann gibt es noch Max, meinen kleinen Bruder. Er ist 18 und ein toller Football Spieler. Er hat ein Stipendium angeboten bekommen, aber er zögert noch es anzunehmen, weil er sich so ungerne von seiner Freundin Amy trennen will. Und ja, viel mehr gibt es eigentlich nicht." Nach meiner langen Rede, muss ich kurz Luft holen und ich bemerke, dass Magnus mich anlächelt und seine Hand noch immer auf meiner liegt. "Und wie ist es mit einem Partner oder Partnerin an deiner Seite?" fragt er mich und ich muss lachen, da er das Wort Partnerin so vorsichtig ausgesprochen hat. "Nein ich habe keinen Partner und eine Partnerin kommt nicht in Frage." Es wirkt als wäre Magnus erleichtert über meine Antwort und wieder sehen wir uns tief in die Augen. Innerlich schimpfe ich mit mir, denn wie kann ich das alles zulassen, wenn Magnus doch in einer Beziehung ist. Ich unterbreche den Blickkontakt und trinke einen großen Schluck Wein. Ich brauche all meinen Mut um das nächste zu sagen und wage es kaum, ihn dabei anzusehen. "Jetzt bin ich dran. Wie lange bist du schon mit Ragnor zusammen Magnus?"

Bittersweet SecretWhere stories live. Discover now