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Magnus
Verzweifelt laufe ich einfach los. Weg von meinem Haus, was ohne Alec nicht mehr wirklich mein zu Hause ist. Ohne Rast und ohne Ziel renne ich. Meine Lunge brennt und irgendwie ist mir kalt. Obwohl die Sonne scheint, erwärmt sie mich nicht. Meine Welt wirkt grau ohne ihn und schon wieder frage ich mich, wie er es geschafft hat, so schnell in mein Herz zu gelangen. Ich weiß das er Recht hat. Aber ich fühle mich gefangen von der Schuld und sobald ich ausbrechen möchte aus diesem Gefängnis, gehorcht mir mein Körper nicht. Er ist wie gelähmt. Das Gefängnis kann man mit Mauern vergleichen. Mauern, die sich um mein Herz gezogen haben. Sie wehren alles ab. Das ganze Glück und vor allem Alec.  Ich hätte ihm gern gesagt, dass ich ihn ebenfalls liebe. Mehr als alles andere auf der Welt, doch ich konnte nicht, es wollte nicht über meine Lippen. Vielleicht war es einfach nicht der richtige Augenblick. Ich will gar nicht wissen, wie er sich jetzt fühlt. Ich habe ihn mal wieder einfach stehen gelassen. Es würde mich nicht wundern, wenn er jetzt gar nichts mehr von mir wissen will. Ich könnte es ihm nicht mal verübeln. Ich ertrage mich ja selbst nicht mehr.

Irgendwann verlässt mich das Adrenalin und ich bleibe stehen. Kurz stütze ich mich auf meine Knie ab. Das Atmen tut weh und ich weiß  nicht, ob es wirklich nur vom Rennen kommt. Mir ist  nach weinen zumute, doch auch das kann ich nicht. Ich habe vorhin geweint, aber die Tränen sind jetzt versiegt. Es geht nichts mehr. Als hätte der Himmel mich erhört, schüttet es plötzlich los. Ein kurzer Donner und dann trifft mich der kalte Regen. Er durchnässt meine Klamotten, aber irgendwie ist  es genau das,  was ich brauche. Es verschafft mir für einen kurzen Moment einen leeren Kopf. Aber wirklich nur kurz, denn bald strömen meine ganzen Gedanken wieder durch meinen zittrigen Körper. Wenn ich jetzt nicht nach Hause gehe, werde ich sicherlich krank. Meine Beine haben  kaum noch Kraft. Nach langem schmerzt meine eingegipste Hand. Sie ist eiskalt. Kurz schaue ich rauf zu den grauen Wolken, bevor ich langsam los laufe.

Eine gefühlte Ewigkeit später, erreiche ich mein Grundstück. Ragnor ist  bestimmt schon zu Hause. Meine Sachen kleben an meinen Körper, wie eine zweite Haut. Es schüttet immer noch. Mittlerweile laufen wieder heiße Tränen meine Wangen herunter. Sie bilden einen Kontrast zu dem kalten Regen. Man kann  sie nicht sehen. Das Gespräch mit Alec schiesst mir wieder durch den Kopf. Wie gerne hätte ich ihm nach gegeben, ihn wieder zurück genommen, ihn ein letztes Mal geküsst, aber wie gesagt, es geht nichts mehr. Es hätte alles nur noch schwieriger gemacht und die Sehnsucht erhöht, die jetzt schon an meinen Herzen kratzt. Wie hat Alec so schön gesagt ‚Das Herz begehrt das, was es will. Und mein Herz will dich.“ Ich empfinde ihm nach. Mein Herz sehnt sich nach ihm. So wie jede einzelne Zelle meines Körpers, doch ich darf nicht nachgeben. Es geht nicht, es würde nicht funktionieren. Es ist besser so. Das muss ich mich nur selbst immer wieder sagen. Kurz drücke ich die Klingel. Ich habe nichts bei mir, weder Handy noch Schlüssel. Die Tür öffnet kein anderer als Alexander. Besorgt sieht er mich an. Sofort zieht er mich in das Haus und umwickelt mich mit einem Handtuch. Er muss damit gerechnet haben. „Ich hab Dir trockene Kleidung in das Gästebad hier unten gelegt. Der Tee kocht ebenfalls schon.“ Sein Arm liegt um meiner Schulter und sofort wird mir wieder warm. Ich sehe in seine Augen und das Bedürfnis einfach über ihn herzufallen wie ein Irrer, wird größer. Gott, wie sehr ich ihn eigentlich brauche. Bevor es dazu allerdings kommen kann, macht mein Verstand mir einen Strich durch die Rechnung. „Danke.“ Damit entziehe ich mich  seinem Halt und eile in das kleine Bad. Wieder einmal stelle ich mich unter die heiße Dusche. Kurz niese ich. Das hab ich ja super hinbekommen. Jetzt werde ich auch noch krank. Als wäre der Herzschmerz nicht schon genug. Es ist wie ein
Déjà - vu. Wieder betrete ich vorsichtig mit einfachen Klamotten die Küche. Wieder ist alles ordentlich aufgeräumt. Nur der Geruch von Alec und frischem Tee liegt in der Luft und leitete mich gleichzeitig in das Wohnzimmer. Auf dem Couch Tisch ist eine Karaffe Tee mit meiner Lieblingstasse. Auf der Couch selbst liegt eine Decke. Langsam gehe ich darauf zu und setze mich. Erst jetzt merk ich doch die Kälte und den Schmerz in meinen Knochen. Wieder muss ich Niesen. „Gesundheit.“ Mein Herz bleibt kurz stehen, nur um danach schneller weiter zu schlagen. Was macht er mit mir. „Danke.“ Er tritt in mein Blickfeld. In seiner Hand meine Wärmflasche. „Hier bitteschön. Ragnor liegt schon im Bett und schläft.“ Kurz nicke ich und ich fühle mich wie in einem falschen Film. Ich habe diese Fürsorge nicht verdient. „Ich glaube, du brauchst jetzt deine Ruhe. Wenn was ist, du weißt wo ich bin. Gute Nacht.“ Damit sieht er mich lange an. Seine Augen glitzern immer noch, aber nicht mehr so stark. Er dreht sich um und eigentlich will ich nach seiner Hand greifen. Am liebsten würde ich ihn neben mir haben. Ich würde gern mit ihm sprechen. Über meine Gedanken und Gefühle, die so durcheinander sind. Über die Mauer um mein Herzen und das Gefängnis, was mich von meinen Glück trennt. Und mein Glück ist Alexander. Das weiß ich selbst. Doch im Moment, mach ich nichts. Ich rühre mich nicht und so sehe ich dabei zu, wie der Mann, den ich so liebe,  aus dem Raum geht. Ich fühle mich allein. Kurz schaue ich heraus, auf meine Terrasse. Ich erinnere mich an den Abend, zusammen mit Alexander. Wir haben  gelacht, geredet und geschwiegen. Er hat mich in mein Bett getragen und ich habe mich sicher gefühlt. Jetzt ist von dieser Sicherheit nichts mehr übrig und ich frage mich zum wiederholten Male, ob meine Sehnsucht noch weiter wachsen kann, nach nicht mal 24 Stunden. Ich schüttel meinen Kopf und wieder lasse ich meine Tränen einfach laufen. Ich weine mich in einen unruhigen Schlaf, voller Träume von Alexander.

Bittersweet SecretDonde viven las historias. Descúbrelo ahora