Itsy Bitsy Spiders

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Ok, soviel zum taktischen Rückzug, dachte Leonora und kam wieder hoch.

Sie hatte ihre Luger nachgeladen und legte nun auf einen Koloss an, der aus einem Hauseingang zu ihrer Rechten geschossen kam. Sie sichtete das massive Biest über den Lauf ihrer Waffe und musste den Instinkt unterdrücken, davon zu laufen. Finsternis, aber das Vieh war riesig, mit einem geschwollenen, mehr als fassgroßen Hinterleib, der eine Furche durch den Schnee zog. Es würde vermutlich auf sie herabblicken können, sollte es sich auf seine acht langen Beine aufrichten.

Leonora hielt den Atem an und drückte ab - und heulte vor Freude auf, als eines der großen, silbernen Augen des Biests unter der Wucht der Patrone zerplatzte. Die Spinne wurde herumgerissen, fing an wie wild zu zucken und um sich zu schlagen. Ihre starken Beine zermalmten dabei mehrere kleinere Spinnen, die sich zu nah an den Koloss herangewagt hatten.

Ein geradezu mädchenhafter Aufschrei hinter ihr ließ sie zusammenzucken. „Theo? Alles ok bei dir?"

„Nichts ist ok. Nichts-Nichts-Nichts!"

Sie blickte sich kurz um, beruhigt, dass Theodor ihr nicht nur den Rücken frei hielt, sondern sich dem Kampf auch noch angeschlossen hatte. Eine Horde kleinerer - was in diesem Fall nur faust- bis kopfgroß hieß - Spinnen hatte den Moment gewählt, aus einem Kanalisationsschacht zu kriechen und auf sie zuzuwuseln. Immer wieder zuckte sein Tesla-Schlagstock vor, wenn auch nur zögerlich und nie mit viel Kraft, was im Anbetracht der Waffe auch nicht nötig war. Es brauchte oft nur eine leichte Berührung und schon schossen blaue Blitze in die getroffenen Arachniden und ließen sie tot - oder zumindest betäubt - auf dem Rücken liegend zurück.

Auf den Gestank von verschmortem Chitin könnte ich jedoch verzichten, dachte Leonora und würgte.

Der Kampf verlief jedoch nicht ausschließlich zu ihren Gunsten. Mehr als einmal schaffte es ein kleineres Exemplar, sich hinterrücks auf Anskar zu stürzen und ihn zu beißen, bevor er das Untier abschütteln und unter einem Stiefelabsatz zermalmen konnte. Heißes Blut gesellte sich schnell zu kaltem Ichor, doch wenn überhaupt, machte dies Anskar nur umso wütender.

Ein weiterer Riesenarachnid huschte aus einem der Häusereingänge und Leonora feuerte. Klick. Leergeschossen ...

„Scheiße!", fluchte Leonora, steckte die silberne Automatik weg und zog zwei Stilette aus Damast-Stahl. Die Dolche waren von exquisiter Machart, perfekt ausbalanciert und tödlich, doch sie wusste nicht, ob die schlanken Klingen ihr gegen diese Dinger nutzen würden. Nicht das sie noch eine große Wahl gehabt hätte, denn schon war der erste Spinnling heran. Das Biest katapultierte sich auf ihr Gesicht zu, schnell wie eine zustoßende Schlange.

Der Sukkubus war jedoch schneller.

Beide Stilette schossen in einem perfekten Stoß nach vorne und durchbohrten das kleine Biest. Ohne in ihrem Angriff innezuhalten hob Leonora den Spinnling über ihren Kopf, drehte sich wie eine Tänzerin um die eigene Achse und brachte ihre Hände wieder auseinander. Sehr elegant, sehr tödlich - und wenn ihr dabei etwas von dem Spinnenschnodder in die Haare spritzte, so ignorierte sie dies mit glorreicher Verachtung.

Zwei zuckende Teile fielen hinter ihr zu Boden, als sie sich dem nächsten Gegner zuwandte. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust und sie bestand nur noch aus Gänsehaut, doch sie würde verdammt sein, wenn sie ihrer Angst nachgab. Dies war ihre Chance auf Rache, für das, was sie in den Eingeweiden von Walhalla 23 hatte erdulden müssen.

Sie huschte über das Schlachtfeld, anmutig und tödlich wie der Winter selbst und wo sie wandelte, starb die Brut. Einem entfernten Zuschauer wären vielleicht die seltsame Harmonie zwischen dem Sukkubus und ihrem vernarbten Gefährten aufgefallen, wie perfekt sie einander ergänzten. Ihr Tanz war einer von Geschicklichkeit und Anmut, der von Anskar einer von roher Kraft und brachialer Gewalt, doch zusammen waren sie ... wundervoll.

ARCHETYPE 2.0Where stories live. Discover now