Helheim

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Anskar stieß ein leises Pfeifen aus.

Das Innenleben der alten Kirche hatte nicht mehr viel mit einem Gotteshaus gemeinsam und glich nun eher einem Basar des Todes. Überall waren Waffen, Rüstungen und Ausrüstung ausgestellt. Exzellente Ware. Mordwerkzeuge aus allen Epochen – von Zweihandschwertern bis zu Lasergeschützen – ruhten auf rotem Samt hinter zu Hochglanz polierten Glasvitrinen oder warteten in Rahmengestellen auf potentielle Käufer. Alles wirkte sehr professionell. Sehr sauber.

Und wenn man die Totenköpfe mit in Betracht zog, sehr verstörend ...

Benny unterdrückte mit Mühe einen Hustenanfall und flüsterte, „Nuke-Shit, diese Bastarde sind wirklich so verrückt, wie man sagt."

Dutzende, vielleicht hunderte Schädeltrophäen waren ausgestellt: Mensch, Tier und Monster. Sie zierten die Wände, die Regale, und dienten als Köpfe der Schaufensterpuppen die überall herumstanden. Was diese morbiden Ausstellungsstücke jedoch so besonders machte, war die liebevolle Arbeit, die in ihre Verzierungen geflossen war. Jeder Schädel war ein mit Silber oder Gold überzogenes, mit Schnitzereien oder sogar mit Edelsteinen verziertes Kunstwerk. Am faszinierendsten waren jedoch die Exemplare, die man wie zerbrochene Vasen wieder zusammengefügt hatte. Anskar trat näher an einen dieser „Scherben-Schädel" heran. Er war menschlich, mit einem Einschussloch in der Stirn und feinen Brüchen entlang der Schädeldecke – alles mit Gold gekittet.

„Meisterhaft", murmelte Anskar.

Leonora schüttelte sich. „Morbid trifft es wohl eher."

Denny und Theodor stimmten ihr mit einem Nicken zu.

Benny murmelte etwas von „Freaks."

„Vielleicht sollten wir lieber wieder gehen", begann Theodor. „Das hier scheint—" Er verstummte, sein Blick wie magisch von einer riesigen Rüstung angezogen. „Bei meinem Bolzenschneider! Ist das ... Das ist eine T-33!"

Anskar folgte seinem Blick. „Eine was?"

„Eine Teutonen-Rüstung", sagte Leonora, offenbar selbst erstaunt. „Eine motorisch angetriebene Exoskelettrüstung."

Theodor wankte auf das nachtschwarz lackierte Ungetüm zu. Das Design rief Erinnerungen an einen mittelalterlichen Harnisch hervor, war jedoch viel zu massiv, um ohne motorische Unterstützung getragen zu werden. Es wirkte weniger wie eine Rüstung, denn wie ein verdammt gemeiner Panzer auf zwei Beinen. Ein großes, weißes Kreuz prangte auf der Brust und ein Vollvisierhelm, der Anskar stark an die Stahlhelme der Nazis erinnerte, rundete das Erscheinungsbild ab.

Benny funkelte die Rüstung an. „Diese verdammten—" Ein Hustenanfall brachte ihn zum Schweigen.

Anskar schlenderte Theodor hinterher und klopfte der Panzerrüstung gegen das Schienbein. „Massiv. Das Ding muss ein paar hundert Kilo wiegen."

„Nein, nur knapp einhundert", sagte Theodor, als er die Rüstung andächtig umrundete. „Das ist das T-33 Model. Eine leichte Unruhebekämpfungseinheit."

„Leicht?" sagte Leonora.

„Naja, relativ gesehen. Der T-33 und seine Varianten sind relativ dünnhäutig; wenig mehr als ein nuklearbetriebenes Exo-Skelett mit Panzerplatten und Motorantrieb. Die Juggernaut oder Desolator Einheiten allerdings ..."

Hels Lachen ließ sie herumfahren. „Ich bin beeindruckt, kleiner Mann." Die riesige Elfe schlenderte auf sie zu, ein breites Grinsen auf den tätowierten Zügen. „Ihr drei seid wie eine Pinata voll von archaischem Wissen. Man muss euch nur anstupsen und schon platzt es heraus."

Theodor grinste. „Mein Großvater hat mir alles von den Teutonen-Rüstungen erzählt. Er hat mir sogar ihre Baupläne gezeigt."

Hels unterschiedliche Augen weiteten sich. „Baupläne?"

ARCHETYPE 2.0Where stories live. Discover now