Red Rain

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„Im Namen des Ordens!" rief Benedikt und stach einen Finger in Richtung der Gefährten. „Zeigt diesen Kreaturen die Macht der Menschheit! Heil Humanis! Tötet den vernarbten Hund, aber lasst die Frau und den Schwächling am Leben. Der Vikar hat Fragen an die beiden und wird den Mann persönlich in den Orden aufnehmen, der sie gefangen nimmt oder den Vernarbten zu Fall bringt!"

Benedikt musste sich beherrschen um nicht lauthals loszulachen, als ein allgemeines Schubsen und Stoßen begann, da die übereifrigen Aspiranten in den hinteren Reihen versuchten an die Spitze zu gelangen, um ihren Wert zu beweisen.

Wie Schafe, die zur Schlachtbank drängten.

Seine Worte waren 100%iger Bullshit – dass diese menschlichen Blitzlichter glaubten der Vikar selbst würde sie in den Orden aufnehmen, war schlicht und einfach zum totlachen. Doch er konnte es in ihren dreckigen Gesichtern sehen, als sie an ihm vorbeispülten: Hoffnung. Hoffnung und Hass. Eine mächtige Kombination, wenn man diese beiden Gefühle nur richtig zu kombinieren wusste und Benedikt war ein Meister der Manipulation. Manchmal schien es fast so, als starben die Menschen gerne für ihn. Ein Eindruck, der einen Moment später davon untermauert wurde, als ein magerer Bursche, kaum mehr als sechzehn, auf das Eis der Güllegrube sprang und prompt einbrach. Die Überraschung auf seinem Gesicht, als ihn die schleimigen Fluten verschlangen, war geradezu köstlich. Er hoffte, dass die von ihm und seine Gefährten platzierten Kameras sein Gesicht gut erwischt hatten.

Es gab kein Plätschern, kein Auftauchen und Prusten, nur ein paar Luftblasen, die durch den zähen Schlick nach oben sickerten. Der Junge war einen Moment da und dann verschwunden. Steckte vermutlich mit den Füßen im schlammigen Bodensatz fest, nicht in der Lage sich zu befreien, während der ekelhafte Blutschlabber seine Lungen füllte. Ein kranker, fieberhafter Glanz trat in Benedikts sonst so leblose Augen und ein wohliger Schauer überkam ihn, erfüllte ihn mit Erregung. Es gab wahrlich nichts Schöneres, als Menschen sterben zu sehen. Wie begierig diese Narren doch auf den Tod waren. Für einen Moment sah es sogar aus, als würden sie sich selbst bekämpfen, um die „Ehre" zu haben, als erste die Klingen mit den Gefährten zu kreuzen.

Ihr Ansturm verlor stark an Geschwindigkeit, als sie sich in den Engpass zwischen den Güllebecken drängten. Nicht mehr als drei oder vier würden von jeder Seite zeitgleich auf den Archetypen und seine Gefährten eindringen können. Maximal vier.

Allesamt Todgeweihte ...

Benedikt lies sich zur Wand nahe der Gasse zurückfallen, so dass er das Schlachtfeld besser überblicken konnte und aktivierte sein Kehlkopfmikrofon. „Attila, halt dich mit deinem neuen Spielzeug zurück. Du kannst den Archetypen noch immer zu Recht stutzen, nachdem er das Kanonenfutter dezimiert hat."

„Verstanden", grollte Attila.

„Adolf", fuhr Benedikt fort, „behalte unseren großen Freund immer im Fadenkreuz. Verpass ihn den ersten Tranquilizer nachdem er zwei drittel der Aspiranten zur Strecke gebracht hat."

„Jawohl, mein Führer!"

Benedikt grinste.

Die Aspiranten hatten die Hackordnung festgelegt und die ersten Wellen – jeweils vier Mann stark – stürmten auf den Archetypen und seine Gefährten zu. Einer schien besonders darauf bedacht sich hervorzuheben und eilte den anderen voran: ein verhältnismäßig kräftiger Kerl, vermutlich einer der vielen Dockarbeiter oder Walschlachter. Er sah aus, als wüsste er mit dem Hackbeil in seiner Hand umzugehen.

Benedikts zitternder Zeigefinger näherte sich dem Gefechtscomputer in seiner Unterarmschiene und legte sich auf den Schalter mit der Aufschrift C-37. Dies würde seine zweite Dosis sein und er krümmte sich fast in Vorfreude. Es gab nichts das Benedikt Braun mehr Wonne bereitete als das Leid und der Tod der Anderen.

ARCHETYPE 2.0Where stories live. Discover now