Klein aber fein

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Gretchen Klein.

Leonora schüttelte den Kopf. Der Name der Zwergin war vielleicht ein bisschen unpassend gewählt. Brunhilde, Helga oder auch Olga wären weit passender gewesen, denn mit ihrem blondem Haar, den langen Zöpfen und der gewaltigen Oberweite sah sie aus, als wäre sie direkt aus einer Oper getreten. Dennoch, dies war eine Zwergin, eine Veränderte in der Rolle einer Offizierin der Stadtwache und dieser Umstand alleine beruhigte den Sukkubus ungemein. Was man jedoch nicht von dem Blick sagen konnte, mit dem Gretchen den Kopf von Leopold Greifenstein betrachtete ...

Man hatte sie in ihr kleines Büro in den Baracken der Stadtwache gebracht, ein Raum, dessen Wände unter Lagen von Karten und Steckbriefen fast unsichtbar war. Gretchen starrte den tiefgefrorenen Kopf über ihren Schreibtisch mit gefurchter Stirn an und ließ ihre blauen Augen ab und an über die Gefährten wandern.

Sie lehnte sich in ihren übergroßen Stuhl zurück und schüttelte den Kopf. „Ich frage mich, gilt man als Königsmörder wirklich nur dann, wenn man einen König tötet oder auch bei anderen Mitgliedern der herrschenden Familie?"

Die Frage, so leichthin gestellt, ließ die Gefährten etwas in ihren Stühlen zurückrucken. Sie warfen sich besorgte Blicke zu. Königsmord? Wenn sie—

Gretchen brach in schallendes Gelächter aus. „Ha! Kein Grund so lange Gesichter zu machen! Hier ist, was ich von diesem Mistkerl halte." Sie schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und spuckte Leopold geräuschvoll ins Gesicht. Nicht sehr damenhaft, aber ...

„Ich habe immer gewusst, dass ich diesen schmierigen kleinen Bastard eines Tages wieder in die Augen sehen werde", sagte Gretchen. „Keine Sorge, Freunde. Ihr habt Waagen einen großen – einen sehr großen – Dienst erwiesen."

Anskar nickte dem Kopf zu. „Auf den ist also wirklich eine Belohnung ausgesetzt?"

Gretchen lachte auf. „Ein Vermögen! Seit drei Jahren suchen wir den Greifenbastard und der Preis auf seinen Kopf ist um jedes Jahr gestiegen. Ah, es tut meiner Seele gut, diesen Scheißkerl zurechtgestutzt zu sehen. Arrogantes kleines Wiesel, das er war ... "

Die Zwergin lehnte sich vor und spießte den Kopf auf einen großen Nagel, auf welchem bereits mehrere Zettel ein ähnliches Schicksal gefunden hatten. Leonora schaffte es geradeso nicht das Gesicht zu verziehen. Definitiv nicht, was sie von einer „Gretchen" erwartet hatte. Theodor scheinbar auch nicht und anhand dessen, wie blass er war, fragte sich Leonora ob er nicht bald vom Stuhl kippt. Anskar nahm alles mit stoischer Gelassenheit hin – und warum auch nicht? Leopold war laut seiner eigenen Worte ein Mörder, Vergewaltiger und Sklavenhändler gewesen. Dennoch, der beiläufige Umgang mit dem, was einmal ein Mensch war, verstörte Leonora zutiefst. Sie unterdrückte ein Schaudern und musterte stattdessen Gretchen.

Trotz der geringen Körpergroße von vielleicht gerade mal 130 cm, war „klein" nicht das erste Wort was einem bei der stämmigen Veränderten in den Sinn kam. Üppig schon eher. Sie hatte die wohl gewaltigste Oberweite die Leonora je gesehen hatte – wahrhaftige Monsterbusen, vor denen kleinere Brüste sich vermutlich verstecken würden, wenn sie es könnten. Die üppigen Fleischberge quollen bei jedem Atemzug aus dem maßangefertigten Harnisch und sahen aus, als können sie den Brustpanzer sprengen, sollte Gretchen einmal zu tief Luft holen. Ihr wogender Anblick war geradezu hypnotisierend – selbst für Leonora – und besonders Theodor schien von der Ansicht extrem angetan und starrte das Busenwunder mit offenem Mund an. Interessanterweise schien Gretchen nicht das geringste Problem damit zu haben.

Ein Lächeln zupfte an Leonoras Mundwinkel. Theodor, du alter Hund du.

Die Zwergin räusperte sich. „Also, in welchem Loch habt ihr den Bastard ausfindig gemacht? Es hieß, er hat sich der Bande von Papa Gums angeschlossen. Sklavenhändlerabschaum von der schlimmsten Sorte."

ARCHETYPE 2.0Where stories live. Discover now