🔥 1. Kapitel

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Mein Blick glitt über die Weiten der Landschaft von Rivercore, während ich auf meinem Himmelsbett saß. Einige Wolken türmten sich am Himmel und kündigten den bevorstehenden Regen an, der uns morgen heimsuchen sollte, wenn man denn den Leuten hier recht geben konnte. So genau wusste ich das nicht, da sie manchmal recht hatten und manchmal nicht. Um meine Gedanken nicht weitere daran zu verschwenden richtete ich mein Blick auf das Meer, was im warmen Sonnenlicht funkelte. Der Sommer stand kurz vor der Tür. Ein Sommer, der so viel mehr zu versprechen schien. Seufzend wandte ich den Blick vom Fenster ab und stand auf. Meine Füße berührten den sonnengewärmten Boden und für einen Moment schloss ich die Augen. Dann erhob ich mich und wappnete mich für die heutigen Pflichten. Schließlich war ich die Kronprinzessin von Rivercore. Ein gewisser Druck lastete auf meinen Schultern. Besonders heute. Heute wurde die Freiheit der Drachen gefeiert. Vor drei Jahren hatten die Drachen den damaligen König von Terosa besiegt und wurden seit dem Tag in die Gemeinschaft eingegliedert. Zu diesem Anlass würde mein Vater ein Fest feiern. Einige Drachen waren eigeladen und es würde einen Ball geben. Einen Maskenball. Die Maske diente dazu, den Unterschied zwischen Mensch und Drache nicht zu erkennen. Diente dazu, dass man auch mit Drachen tanzte, statt nur mit Leuten die man kannte.

Die Idee war gut, aber fehleranfällig. Ich würde den Unterschied sicher erkennen, das glaubte ich jedenfalls. In dem Moment kam mir mein Traum wieder in den Sinn. Dieser Traum plagte mich schon seit ich von diesem Ball wusste. Ich träumte immer wieder das Gleiche. Immer wieder von diesem Unbekannten, der mir nie seinen Namen sagen wollte. Seufzend fuhr ich mir durch meine rötlichen Haare und zog einmal an den Spitzen, bevor ich mich zur Vernunft riss. Darüber nachzudenken würde mir nicht weiterhelfen. Tief holte ich Luft, dann glitt mein Blick zu meinem Schrank. Vor der Tür hing mein Kleid für heute Abend. Es war dunkelrot du mit goldenen Blütenblättern verziert. Zumindest der Teil über meiner Brust. Die Schultern waren frei. Ich wunderte mich, dass mein Vater dieses Kleid durchgehen ließ. Es zeigte sehr viel Haut meiner Schultern. Dazu auch ein Teil meines Rückens. Doch er hatte bei der Anprobe sofort zugestimmt. Ich lief darauf zu. Meine Finger fuhren über den vertrauten Stoff. Er war aus Seide und weich. So weich, dass ich mich darin den ganzen Abend wohlfühlen würde. Ich stellte mir vor wie ich in diesem Kleid tanzen würde, bis meine Füße wund waren. Kurz erlaubte ich mir in meinen Tagträumen zu versinken.

Erlaubte mir, mir vorzustellen, wie ich mit dem Unbekannten tanzen würde. Wie wir bis in die Nacht tanzen würden. Wie ich seine Berührung genießen würde und wie ich in seinen braunen, warmen Augen versinken würde. Bevor ich aber noch weiter in meinen Träumen versinken konnte, öffnete sich die Türe und Emilia stand im Türrahmen. Sie schenkte mir ein warmes Lächeln. Gerade als sie einen Knicks machen wollte, hielt sie sich doch davon ab. Sie wusste, dass ich das nicht wollte, da wir beide uns schon so lange kannten. Vier Jahre. Sie musste nicht mehr so tun, als sei ich höher gestellt als sie. In meinen Augen war ich das nämlich nicht. Ich war auch nur ein Mensch und wenn ich nicht in diese Familie geboren worden wäre, wäre ich vielleicht auch eine Dienerin und würde mir wünschen, dass meine Prinzessin mich so wertschätze. »Ich soll dir sagen, dass das Mittagessen fertig ist«, begrüßte sie mich. Ich schenkte ihr ein Lächeln. »Danke.« Ich lief auf sie zu, als sie gerade in mein Zimmer treten wollte, um mein Bett zu machen, auf das ich mich gesetzt hatte. Mit einem strengen Blick hielt ich sie davon ab. »Gönn dir eine Pause. Geh in den Schlossgarten und sonn dich. Ließ eines der Lieblingsbücher, aber wehe du arbeitest. Das ist ein Befehl.« Emilia lächelte mich an. »Danke.« Sie schlang ihre Arme um mich, bevor sie davon stürmte. Lächelnd sah ich ihr nach. Dann schlüpfte ich in meine Schuhe und schloss die große Eichentür hinter mir.

Meine Füße trugen mich durch den Flur. Ich blickte aus den bunten Fensterscheiben hinaus in den Innenhof. Diener liefen wild umher. Trugen Bänke, Tische oder Dekoration durch die Gegend. Die letzten Vorbereitungen zum Fest wurden getroffen. Für einen Moment hielt ich inne und sah ihnen zu. Sie taten mir leid. Sie mussten in dieser Hitze Tische schleppen. Oder Bänke. In diesem Moment überkam mich eine Welle der Wut. Mein Vater hatte gewusst, dass das Fest heute stattfand und doch hatte er zugelassen, dass alles auf den letzten Drücker geschah. Nur jetzt konnte man ihnen auch keine Pause mehr geben. Es waren nur noch ein paar Stunden bis zum Fest. In dem Moment sah ich eine Gruppe an Männern. Sie kamen nicht von hier. Ihre Leinenhemden klebten an ihren muskulösen Körpern. Einer von ihnen hatte hellbraune Augen und leuchtend, grüne Augen, die aussahen wie Smaragde. So sah es zumindest von hier aus. Schnell huschte ich zu einem Fenster, dass nicht farbig war. Der andere neben ihm hatte rabenschwarze Haare, die im Licht ab und zu blau leuchteten. Er war muskulös und hochgewachsen. Es wirkte so, als wäre er fast zwei Meter groß. Mir blieb die Spucke weg. Dann glitt mein Blick zu dem, der ganz außen links lief. Seine braunen Haare gingen im bis zum Kinn und er ebenso muskulös. Seine Haut war dunkler im Vergleich zu der, der anderen.

Broken Wings ✔Where stories live. Discover now