🔥 7. Kapitel

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Meine Sorge war unnötig gewesen. Den ganzen Ritt über war nichts weiteres passiert. Garnichts. Als wie wären die Pfeile nie durch die Luft geschossen. Dennoch konnte ich nicht verhindern, immer wieder über die Schulter zu blicken, oder jedes noch so kleine Geräusch für einen Angreifer zu halten. Dieses Gefühl hatte mich wahnsinnig gemacht. Es zu kennen, beängstigte mich. Mir wurde klar, dass ich in meinem Leben noch nie eine echte Gefahr erlebt hatte. Vielleicht einen kleinen Sturm, bei dem mal ein Fenster zu Bruch gegangen war. Aber das war nicht so tragisch gewesen. Den ganzen Ritt über hatte ich mich nervös umgesehen. Jede Sekunde. Es war so schlimm gewesen, dass Gwaine mir befohlen hatte, still zu sitzen. Ich hatte sogar Diabolo ganz nervös gemacht. Dieser drehte mir jetzt sein Hinterteil zu. Ich sah ihn an. Er war beleidigt, dass er Ritt schon vorbei war. Ich hatte ihnen einen wichtigen Platz nicht gezeigt, weil ich Angst hatte, dass man uns dort hätte angreifen hätte können. Seinen Lieblingsort. Deswegen zeigte er mir jetzt sein Hinterteil und sah mich nicht an. Leise seufzte ich, konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. »Dein Pferd ist echt ein Pferd für sich. Ich mag ihn«, hörte ich Laia sagen. Ich sah zu ihr. Satan fraß gemütlich sein Futter und sah rund um glücklich aus. »Ja, ich mag ihn auch, trotz seiner Macken ab und an«, gestand ich, während mein Blick weiter auf ihm ruhte.

Dann drehte ich meinen Kopf wieder zu ihr. »Darfst du eigentlich reiten. Also weil du schwanger bist?«, fragte ich nach. »Jetzt schon noch. Wir sind ja auch nicht schnell geritten. Nächste Woche nicht mehr. Deswegen wollte ich das heute noch auskosten«, meinte sie und warf einen lächelnden Blick auf ihren Bauch. Unter ihrer Kleidung sah man die Wölbung nicht. Vorhin hatte ich es nur gesehen, weil ihr Hemd hochgerutscht war. »Ähm... kommen jetzt auch Drachen aus deinem Körper?«, stelle ich die nächste Frage, bevor ich sie zurückhalten konnte. Laia grinste schief. »Rhett meint, dass das unterschiedlich sein kann. Das erste Kind kann ein Drache sein, vielleicht aber auch nicht. Es kommt darauf an, welche Seite sich durchsetzt. Ich hoffe ja darauf, dass es ein kleines Mädchen wird, was seine Gene hat und den Jungs irgendwann Feuer unterm Hintern machen wird.« Bei der Vorstellung musste ich leise lachen. »Das hört sich gut an.« Sie nickte. »Obwohl ich auch gerne einen Jungen hätte, der Rhett ähnelt. Das wäre auch süß«, meinte sie und ihre Augen funkelten verträumt. Ein Stich durchfuhr meine Brust. Ein Teil in mir freute sich so sehr für sie. Ein anderer Teil bedauerte aber, dass ich vielleicht nie so glücklich werden könnte.

Vielleicht musste ich einen Prinzen heiraten, den ich nicht liebte und ich würde mich nie fragen, wie unsere Kinder aussehen könnten. Ich würde nie wollen, dass unser Sohn ihm ähneln würde. Traurigkeit machte sich in mir breit. Sie war zwar kein „normaler" Mensch, sie war trotzdem adelig, aber man hatte nicht diese Erwartungen an sie. Sie war schließlich doch keine Prinzessin, so viel ich mitbekommen hatte. Von ihr verlangte niemand mehr, dass sie jemand Adligen heiraten musste. Darüber musste sie sich keine Sorgen machen. »Wusste Rhett es bis heute nicht?«, fragte ich. »Doch, er wusste es. Er wusste es schon vom ersten Tag. Deswegen weicht er mir auch kaum noch von der Seite. Kylan, Gwaine und Garrett müssen ihn fast mitzerren, so schlimm ist es manchmal«, meinte sie. Da war wieder dieses verträumte Lächeln auf ihren Lippen. Ein Lächeln, was ich eines Tages auch haben wollte, wenn ich über meinen Mann sprach. Obwohl ich nicht einmal wusste, ob er offiziell ihr Mann. Die sie beim Reiten Handschuhe getragen hatte und ich gestern Abend weder bei ihm noch bei ihr darauf geachtet hatte, war das schwer zu sagen. »Es tut mir wirklich nochmal leid, dass das pa-«, fing ich an, doch sie unterbrach mich. »Hör auf, die zu entschuldigen. Es ist alles gut. Mir ist nichts passiert. Niemanden von uns. Ich will keine Sonderbehandlung, nur weil ich schwanger bin. Ich kann mich noch immer verteidigen und das werde ich auch, weil ich jetzt nicht nur für mein Leben zu kämpfen habe.« Bei ihren letzten Worten wurden ihre Züge so ernst und der Ausdruck in ihren Augen so intensiv, dass man ihr nur glauben konnte.

Broken Wings ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt