🔥 17. Kapitel

336 30 0
                                    

Lächelnd sah ich Saphira zu, wie sie den Brief ihres Vaters gleich noch einmal durchlas. Er hatte ihr erlaubt, noch länger bei mir zu bleiben. Das breite Lächeln auf ihren Lippen stand ihr besser, als diese ernste Miene, die sie seit dem Ball getragen hatte. Der Ball war nun gut eine Woche her. Eine Woche, in der ich Gwaine fast etwas zu nah gekommen war und eine Woche, in der so viel passiert war, wie noch nie. Der Verräter wurde noch immer gesucht. Mein Vater setzte sich daran, ihn zu finden, während das meiner Mutter nicht so wichtig war. Gestern hatte Gwaine damit angefangen, in der Stadt, die in den Schlossmauern lag, den Kindern Geschichten über die Drachen zu erzählen. Auch ich hatte kurz vorbeigeschaut. Die Kinder liebten ihn. Besonders die Mädchen. Sie hingen an seinen Lippen und verfolgten jedes Wort aufmerksam. Voller Freude und Interesse. Auch ich hatte mir meine Zeit genommen, um seiner tiefen, aber dennoch sanften Stimme zu lauschen, die von Drachen erzählte, die vor dem Abschlachten gelebt hatte. Von Drachen, die noch wahrlich frei gewesen waren. Wie er seine Kindheit verbracht hatte, bis seine Eltern gestorben waren. Dieser Teil hatte mich traurig gestimmt. Es noch einmal zu hören war mir nicht leicht gefallen.

Auch keinem der Kinder hatte dieser Teil gefallen. Zurecht hatten sie gefragt, warum König Uther und König Maxim das getan hatten. Gwaine hatte es ihnen versucht zu erklären. Er hatte versucht ihnen klar zu machen, was Menschen aus Angst taten. Die Kinder waren wütend geworden und meinten, dass sie ihre gerechte Strafe verdienen sollten. Dass es ihnen nicht erlaubt wäre, Drachen so wehzutun. Gwaine hatte sie nur angelächelt und hatte mit vollster Überzeugung gesagt: »Karma wird sich darum kümmern. Es hat sich auch schon darum gekümmert.« Daraufhin waren die Kinder zufrieden gewesen. Als Saphira mich glücklich umarmte, flog ich aus der Erinnerungen zurück in die Realität und sah sie an. Sie strahlte auf dem ganzen Gesicht, selbst ihre blauen Augen schienen zu funkeln und zu strahlen. »Ich kann noch länger bleiben. Ich freue mich so. Dann kann ich versuchen ein Bild von Gwaine und dir zu malen. Oder ich kann versuchen euch zu verkuppeln«, meinte sie euphorisch. Lächelnd schüttelte ich den Kopf und betrachtete meine beste Freundin, als sie sich von mir löste. »Hältst du das für eine gute Idee? Ich meine, eines Tages muss er gehen und ja...« Saphira musterte mich, als hätte ich einen Dachschaden. Als wäre ich nicht ganz dicht im Kopf. »Das kannst du nicht ernst meinen.« Sie schüttelte demonstrativ den Kopf.

»Doch, das kann ich ernst meinen.« Hartnäckig blieb ich bei meiner Meinung. Wild schüttelte sie den Kopf. »Nein, kannst du nicht.«

»Kann ich wohl.«

»Kannst du nicht.«

Energisch stemmte ich die Hände in die Hüfte und wollte zu einem Widerspruch und einem guten Argument ansetzten, als Gwaine um die Ecke kam. Fragend hob er eine Braue, als er uns so sah. Schnell richtete ich den Blick aus dem Fenster, während Saphira leise lachte. An meiner Reaktion konnte sie ablesen, wer da genau auf uns zukam. Unser Kuss war zwei Tage her. Zwei Tage, in denen wir nicht mehr darüber gesprochen hatten. Was auch gut so war, da ich nicht wusste, was ich dazu sagen sollte. Allein die Vorstellung, mit ihm darüber zu reden, ängstigte mich. Der Kuss hat viel bei mir ausgelöst. So viel mehr als jeder Kuss zuvor. Dieser Kuss war anders gewesen, was meine Angst nur schürte. Meine Gefühle für Gwaine waren in dieser kurzen Zeit rasant gestiegen. Zu rasant. Das war ich nicht gewohnt und würde es auch nie sein. Seine Nähe brachte alles in mir durcheinander, selbst mein Leben schien es durcheinander gebracht zu haben, obwohl ich ihm daran nicht wirklich die Schuld gab. »Warum habe ich ein Quietschen von hier gehört?«, fragte er uns, als er uns erreichte. Saphira wandte ihm ihren Blick zu, was ich aus dem Augenwinkel mitbekam. Noch immer traute ich mich nicht, ihn anzusehen. Ein Teil in mir wusste, dass das dumm war. Dass es unreif und ihm gegenüber nicht nett war, doch ich konnte nicht aus meiner Haut raus.

Hier kam wieder meine schüchterne Seite zum Vorschein, die ich kaum unterdrücken konnte. Sie zeigte sich fast immer und ließ nur ab und an meine mutige Seite herausstechen. Jetzt gerade hatte meine schüchterne Seite die Überhand. »Ich darf länger hierbleiben. Deswegen freue ich mich so«, erklärte Saphira ihm. Sein Blick brannte sich in meine Wange. Dieser intensive Blick schien mich dazu zwingen zu wollen, ihn anzusehen. Das durchsichtige Band seiner Augen, dass mich auf magische Weise zu ihm ziehen wollte, spürte ich ganz deutlich. Dennoch versuchte ich verbissen immer noch nach draußen zu blicken, um so zu tun, als gäbe es dort draußen etwas Tolles zu sehen. Allerdings verdeckten dicke, graue Wolken die Sicht auf den strahlendblauen Himmel und der ganze Tag wirkte allgemein trostlos. »Freya?« Mein Herz setzte einen Satz aus. Die Art, wie er meinen Namen aussprach. So sanft, bestimmt und mit dieser tiefen Stimme. Manchmal hörte mein Name sich aus seinem Mund wie ein Gebet an. Wie von selbst drehte sich mein Blick zu ihm. Meine Zehen rollten sich in meinen Schuhen zusammen, als sein intensiver Blick den meinen traf. Hitze schoss mir in die Wangen.

Broken Wings ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt