🔥 2. Kapitel

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Nervös strich ich mir über den weinroten Stoff des Kleides. Der weiche Stoff schmiegte sich elegant an meinen Körper und betonte meine Kurven an den richtigen Stellen. Das Gold stand dabei im perfekten Kontrast zu dem roten Kleid. Mein Blick glitt zu meinen rötlichen Haaren. Die einzigen rötlichen Haare in der Familie. Schon immer hatte ich mich gefragt, warum ich die einzige war, die diesen Farbton hatte. Dann habe ich mir sagen sollen, dass es sein kann, dass einer meiner Vorfahren, einst rotes Haar gehabt hatte. Das hatte mich in dem Moment zwar beruhigt, aber die Zweifel nagten noch immer an mir. Plagten mich manchmal in meinen Träumen. Doch ich liebte meine Haare, so wie sie waren. Ich liebte auch die leichten Sommersprossen, die den Bereich meiner Wangen und Nase zierten. Sie passten zu mir. Passten zu meinem Ebenbild. Ich liebte sie, auch, wenn ich die Einzige in meiner Familie damit war. Zwei grüne Augen strahlten mir entgegen. Wie so oft erinnerten sie mich an die weiten Wälder und Felder in unserem Königreich. Rivercore war gesäumt von Flüssen, weiten Feldern, Wäldern und Bergen. Daher vielleicht auch der Name. Wir hatten mehr Flüsse und Seen, als Arafall. Ein Privileg für viele von uns. In dem Moment klopfte es und Emilia stand in der Tür. Auch sie trug ein Kleid. Ein schlichtes, weißes Kleid. Das Kleid, was heute alle weiblichen Dienerinnen trugen. Innerlich seufzte ich und fragte mich manchmal, warum meine Familie die Diener und Dienerinnen so behandelte.

»Es ist soweit«, meinte sie und sah mich an. Mein Herz setzte aus. Mir wurde plötzlich heiß bei dem Gedanken, den Mann von vorhin wieder zu sehen. »Okay, ich bin gleich fertig«, erwiderte ich und sah sie an. Sie nickte. Ich sah weiterhin ihr schlichtes weißes Kleid und entschied, dass ihr etwas fehlte. Entschlossen schritt ich auf meinen Schrank zu und zog ihn auf. Meine Finger fuhren geschickt zwischen die schweren und teuren Kleider, von denen ich noch nicht einmal die Hälfte getragen hatte. Meine Hand berührte weichen Seidenstoff und dann einen wohlbekannten Stoff, den ich schon lange nicht mehr gespürt hatte, da ich dieses Tuch schon lange nicht mehr getragen hatte. Es war ein Tuch, dass ich seit meiner Geburt hatte. Früher hatte ich es mir dreimal um den Körper wickeln können, jetzt war es perfekt, um es über Schultern zu legen. Es gab jedem Kleid noch einen bestimmten Touch, sofern es dazu passte. Zu Emilas Kleid passte es perfekt. Das Tuch war ebenfalls weiß, mit Spitze und einzelnen Stickereien versehen. Ich zog es sanft heraus und hielt es ihr hin. Sofort schüttelt sie den Kopf.

»Das kann ich nicht annehm-«, fing sie an, doch ich unterbrach sie, indem ich sagte: »Du kannst es annehmen. Du leihst es dir ja nur aus. Ich werde auch eine Nacht ohne damit überleben.« Unschlüssig sah sie mich einen Moment lang an, bevor sie es annahm und es sich über ihre Schultern legte. »Danke, Freya«, bedankte sie sich bei mir. Ich wank ab. »Gerne doch. Es steht dir gut.« Das tat es wirklich. Es stand im perfekten Kontrast zu ihren blonden, wilden Locken. Emilias Wangen wurden leicht rot. In ihrer gesamten Laufbahn als Dienerin bekam sie selten ein Lob. Jedenfalls keines, was ihr Aussehen betraf. Sie lächelte schüchtern, bevor sie mein Zimmer verließ. Noch einmal warf ich mir im Spiegel einen Blick zu. Sagte mir, dass ich hübsch aussah. Das tat ich. Dennoch konnte ich die Nervosität in meinem Inneren nicht zügeln. Ich war nervös. So nervös war ich die letzten Tage nicht gewesen, fiel mir auf. Erst, seit dem jungen Mann, dessen Blicke sich in meinen Rücken gebrannt und vermutlich Brandlöcher hinterlassen hatten, klopfte mein Herz wild und taktlos. Schnell wandte ich den Blick ab und versuchte mich zur Vernunft zu bringen. Es war nur ein Ball. Wie jeder andere auch. Nichts besonders. Nichts, was nicht jedes Jahr hier gehalten wurde. Die Chance, dass ich ihn heute Abend über den Weg laufen würde, war bei den ganzen Gästen, die mittlerweile schon im Schloss waren, unwahrscheinlich.

Unwahrscheinlicher ging es nicht. Es waren einfach zu viele Leute. Mit diesem Gedanken verließ ich mein Zimmer und zog die Eichentür hinter mir zu. Saphira kam gerade den Gang entlang geschritten. Elegant wie eine Elfe. Ich beobachtete ihren Gang. Bewunderte, wie sie auch diesen Schuhen graziös laufen konnte. Sie bewegte sich so anmutig. Ihre schwarzen Haare hatte sie nach oben gebunden und ihre Haare bildeten eine Art Kranz auf ihrem Kopf. Ihre blauen Augen standen im perfekten Kontrast zu dem blauen Ballkleid, zu dem sie eine Silberkette trug. Saphira achtete immer auf ihr Aussehen. Sie sah immer wunderschön aus und trug die teuersten Kleider, die es geben konnte, während ich auch gut mit einem Kleid von billigerem Preis umgehen konnte. Doch das Kleid, das ich trug, war auch nicht billig gewesen. Warum mein Vater dem Kauf zugestimmt hatte und nicht einmal über den Preis gefeilscht hatte, wusste ich nicht und würde es vermutlich auch nie erfahren. »Du siehst wunderschön aus«, meinte ich zu ihr und schenkte ihr ein Lächeln. Saphira grinste mich an. »Ich weiß. Du siehst auch schön aus«, erwiderte sie. Ich rollte lächelnd mit den Augen. Aber sie hatte recht.

Broken Wings ✔Where stories live. Discover now