🔥 16. Kapitel

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Als Gwaine und ich zurück im Schloss waren, waren meine Haare vom Wind ganz zerzaust. Meine Arme waren kalt von dem eisigen Wind, der noch immer über die Gegend fegte und die letzten Ausläufer des Sturmes forttrug. Als sich das Tor hinter uns schloss, schossen die Gedanken der Realität wieder auf mich ein. Die Leute, die uns überfallen hatten, hatten nicht einmal das Tor benutzen müssen, um ins innere der hohen Schlossmauern zu kommen. Sie hatten einen Rat von jemanden aus unseren eigenen Reihen bekommen. Einfach so. Jemand hatte ihnen verraten, wo die Geheimgänge anfingen. Wir waren verraten wurden. Das hatte ich für mich selbst beschlossen, auch, wenn ich es nicht wollte. Leider war das die bittere Wahrheit. Eine Wahrheit, die ich selbst nicht wahrhaben wollte. Eine Wahrheit, die alles veränderte. Jemand aus dem Rat könnte uns verraten haben. Mein Vater hatte auch diesen Verdacht, doch es war nicht so leicht, den Rat zu verdächtigen, ohne das etwas davon an die Bewohner kam. Alle würden nur unnötig in Sorge geraten. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, während Gwaine und ich über den Innenhof liefen. Tief in Gedanken versunken blickte ich die Schlossmauern empor. Nach ein paar Meter erblickte ich das eingeschlagene Fenster, das noch immer nicht repariert war und der Beweis dafür war, dass wir verraten worden waren. Wut stieg in mir auf. Wer auch immer uns verraten hatte, sollte dafür bezahlen, schwor ich mir selbst.

Man konnte nicht sein Königreich verraten, und ohne Strafe davonkommen. Da war ich mir sicher. Gwaines Blick glitt zu mir, als würde er meine aufkommende Wut spüren. »Denkst du noch immer, dass euch jemand verraten hat?«, fragte er mich und musterte mich. Seine dunklen Augen schienen sich in meine Augen zu bohren. Entschlossen nickte ich, auch, wenn mir der Gedanken nicht besonders gefiel. »Ja. Niemand sonst kann von den Geheimgängen wissen. Niemand. Es ist also mehr als wahrscheinlich, dass wir verraten worden sind.« Die Worte taten mir selbst weh. Verletzten mich, doch daran ließ sich nichts ändern. Wir waren verraten worden und mein Vater suchte seit dem Vorfall nach dem Verräter, der in unseren eigenen Reihen saß. Gwaine nickte. Verrat an sich schien er gut zu kennen. Verrat schien nichts neues für ihn zu sein, doch für mich war es das. Etwas Neues. Hier hatte es noch nie Krieg gegeben, geschweige denn Verrat. Doch jetzt gab es ihn. Noch immer konnte ich es nicht ganz begreifen. Verstand nicht, wie das alles innerhalb ein paar Tagen hatte passieren können. Es war, als hätten wir alle die Jahre in einer Blase gelebt, die mit der Ankunft der Drachen geplatzt war. Dennoch gab ich Gwaine nicht die Schuld. Es war nicht seine Schuld. Sondern die der Leute, die die Drachen fürchteten und sie nicht hier haben wollten.

Noch immer konnte ich nicht nachvollziehen, wie man den Drachen keine Chance geben konnte, sich zu beweisen. Wie man einfach durch Vorurteile handeln konnte. Gerade als ich Gwaine fragen wollte, wie sein morgiger Tag aussah, rauschte eine Kutsche an uns vorbei. Die Kutsche trug zwar unser Wappen, doch die Personen darin erkannte ich nicht. Das einzige, was ich erkannte war, dass die Innsassen königlich gekleidet waren. Ein ungutes Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit und ließ eine gewisse Unruhe in mir aufsteigen. Meine Hände begannen zu schwitzen, als ich sah, wie die Kutsche vor der großen Tür und der Treppe haltmachte. Meine Mutter eilte die Stufen hinab, mit einem breiten Lächeln auf den Lippen. Ein Lächeln, was das Blut in meinen Adern gefrieren und böse Vorahnung wahrwerden ließ. Kurz darauf stieg ein König aus der Kutsche, hinter ihm sein Sohn. Meine Beine stoppten wie von selbst. Gwaine neben mir hielt mit mir an. Sein Blick brannte auf mir, während ich wie gebannt auf die Kutschte starrte. Es dauerte nur eine Sekunde, bis ich begriff, was das sollte. Bis ich begriff, warum sie hier waren. Wozu dieser Prinz hier war. Ich sah es an der Art, wie meine Mutter mit ihnen umging. Wie der König mit ihr sprach und wie der Blick meiner Mutter suchend über den Innenhof glitt. Schnell duckte ich mich in die Menge der Diener. Gwaine tat es mir gleich.

»Spielen wir Verstecken oder was tun wir hier?«, fragte er mich leise, als wir uns mit dem Strom an Dienern bewegten. »Der Prinz da... er ist für mich hier. Ich will ihm nicht begegnen. Nie in meinem Leben«, wisperte ich. Gwaines Augen weiteten sich und nun schien auch er zu verstehen. Schien die blanke Panik in meinem Blick zu verstehen. Ich fürchtete um meine Freiheit. Natürlich gab es noch meinen Vater, doch meine Mutter war schon immer bereit, etwas hinter seinem Rücken zu tun. Dies hier würde nicht anders sein. Der Rat konnte ihr auch zustimmen. Sie musste nur überzeugend genug sein. »Du kannst dich nicht ewig verstehen, Freya. Außerdem kann sie dich zu nichts zwingen«, wisperte er und nahm meine Hand in seine. Aufmunternd drückte er sie. Ich schüttelte verzweifelt den Kopf. »Natürlich kann sie das. Ich bin die Thronfolgerin. Die Einzige. Sie muss nur einen guten Grund finden, warum ich diesen Prinzen nehmen soll und alle werden es von mir erwarten.« Gwaines Augen wurden dunkler. Ich konnte nicht sagen, ob es daran lag, dass die Wolken über uns noch einmal dichter worden oder an etwas anderem. »Du musst das tun, was richtig für dich ist. Nicht für sie.« Aus seinem Mund klang das so einfach. Doch die Realität war anders. Ich war eine Prinzessin, er war ein freier Mann. Ich war an das hier gebunden. Für immer. Er konnte frei fliegen, wohin er wollte. Für immer. Das war ein Unterschied.

Broken Wings ✔Where stories live. Discover now