🔥 29. Kapitel

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Nervös krallten sich meine Finger um den Bogen. Der Feind war nun nicht mehr ein Schatten oder ein Schemen am Horizont. Mittlerweile konnte man jeden Körper erkennen, jedes Schwert, jedes Pferd. Woher die Pferde kamen, wusste ich nicht. Doch ich wusste, dass ich über 30 Pfeile in meinem Köcher hatte, die nur darauf warteten, abgeschossen zu werden. Doch eigentlich hatten wir einen ganz anderen Plan. Überzeugung. Mein Vater wollte sie überzeugen, aufzuhören auf Drachen zu schießen. Mit der Wahrheit, die er über Uther erzählen würde, die der König von Rivercore seinen Gefolgsleuten vielleicht anders erzählt hatte. Wie von selbst glitt mein Blick noch mal über jeden, der sich hier befand. Jeder könnte heute sterben, wenn die anderen sich nicht überreden ließen. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Gwaine neben mir schien sich nun auch anzuspannen. Von seinem Körper ging eine besorgniserregende Hitze aus. Gebannt sah ich auf die Menge, die immer näher kam. Staub wirbelte unter den Hufen der Pferde auf, so trocken war der Boden. Tief holte ich Luft und wartete ab. Ein paar Meter von uns entfernt, vielleicht zehn, blieben sie stehen und sahen uns alle an. In dem Moment trat mein Vater vor. Ganz allein. Mein Herz machte einen Sprung. Die Gegner richteten ihre Waffen auf ihn, andere zogen ihre Schwerter. Maxim blieb in der Mitte stehen. Sah alle an. War ganz ruhig.

»Wir werden nicht gegen euch kämpfen, wenn ihr nicht gegen uns kämpft. In den letzten Jahren vor dem letzten Kampf, den ich geführt habe, ist einiges an Blut geflossen, unschuldige Drachen und auch Menschen sind dabei gestorben. Den selben Kampf habe ich bereits vor drei Jahren geführt, auch um die Drachen zu retten. Jetzt muss ich es wieder tun, weil ihr Uther glaubt. Weil ihr den Kampf von ihm zu Ende tragen wollt. Doch ich sage euch hiermit, dass Uther mich belogen hat. Er hat mir erzählt ein Drache hätte meinen Bruder getötet, weil dessen Frau seine Gefährtin war. Ich habe es ihm abgekauft und habe mich darauf eingelassen jeden Drachen zu töten. Am Ende stellte sich heraus, dass Uther meinen Bruder tötete, weil er seine Macht wollte. Er wollte immer nur Macht. Und der König von Rivercore will auch nur Macht und ihr folgt ihm, weil ihr besessen seid und nicht merkt, dass euch diese Drachen gar nichts getan haben. Selbst im letzten Kampf haben sie euch nicht verletzt. Warum also wollt ihr kämpfen?«

Dort endete die Rede meines Vaters für den Moment. Stille herrschte auf der weiten Ebene. Unsere Gegner sahen sich alle lange an. Getuschelte und Gemurmel ertönte. Alle schienen wild durcheinander zu sprechen, Mein Blick fiel auf den Mann, der mich 23 Jahre lang angelogen hatte. Der Mann, der meinen Gefährten töten wollte. Zum ersten Mal sprach ich es in Gedanken aus, ohne dabei innerlich zusammenzuzucken. Das Wort fühlte sich richtig an. Wir waren Gefährten und ich würde nicht zulassen, dass mir diese nun fremde Mann das nahm, was mir am Wichtigsten war. Dieser Mann erhob nun das Wort. »Glaubt ihm nicht. Er versucht nur euch anzulügen, weil er fürchtet zu verlieren. Er lügt nur. Uther hat seinen Bruder nicht getötet. Das war ein Drache. Wie ich euch gesagt habe und Gwaine versucht meine Tochter auch zu töten.« Ich erstarrte, als mir bewusst wurde, dass auch die anderen nicht wussten, dass ich nicht seine Tochter war. Er hatte sie angelogen. Nun erhob ich mich. Wut rauschte durch meinen Körper, gemischt mit purem Adrenalin. »Ich bin nicht seine Tochter! Maxim ist mein Vater und Alex ist mein Bruder. Er lügt euch an! Gwaine würde mir nie etwas tun. Er ist mein Gefährte und würde alles für mich tun!«, rief ich. Da wurde mir bewusst, was ich ausgesprochen hatte. Röte schoss mir in die Wangen, als Gwaine sich erhob und meine Hand mit seiner umschloss. Ein kleines Lächeln huschte über meine Lippen, dann sah ich die große Armee vor mir an. Wieder legte sich Stille über die weite Ebene.

Sie schienen sich alle zu beraten. Wieder fing der König von Rivercore an. Neben ihm stand Saphiras Vater. »Glaubt ihr nicht. Sie würde alles sagen, um ihn zu schützen, weil er sie glauben lässt, sie seien Gefährten. Er lügt sie nur an.« Wut brodelte in meinem Körper auf, strömte durch meine Adern. Noch mehr als zuvor. Ein Teil in mir konnte nicht glauben, dass er alle so belog. Dass er Gwaine als Verbrecher darstellte, obwohl er doch der Verbrecher war. »Er lügt nicht! Ich weiß, dass ich seine Gefährtin bin. Ich spüre es!«, rief ich wieder. Alle Blicke waren auf mich und Gwaine gerichtet. Dieser drückte meine Hand. Bevor ich allerdings noch mehr sagen konnte, zog er mich zu Boden. Wütend sah ich ihn an, bis ein Pfeil oberhalb meines Kopfs an mir vorbeisauste. Erschrocken schnappte ich nach Luft, als ich den Luftzug spürte. Der Pfeil bohrte sich irgendwo hinter mir in die trockene Erde. Mit großen Augen sah ich Gwaine an, in dessen Augen jetzt Wut brodelte. Unzähmbare Wut. »Gwaine. Mir geht es gut. Sieh mich an. Es bringt nichts, sich auf sie stürzen«, hauchte ich und nahm seine Hände in meine. Seine Brust hob und senkte sich in flachen Atemzügen. Intensiv sah ich ihm in seine dunklen Augen, die zu glühen schienen.

Broken Wings ✔Where stories live. Discover now