🔥 5. Kapitel

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Die Stille am Frühstückstisch schien mich zu erdrücken. Man hörte nur das Klirren von Besteck, dass auf die Silberteller traf und das Kauen. Mehr nicht. Die Wachen standen ruhig an ihren Posten, Diener huschten um her, schenkten Wasser nach und nahmen Teller weg, um neue Teller hinzustellen. Saphira stocherte in ihrem Essen herum. Der vergangene Abend setzte ihr mehr zu, als sie zugeben wollte, während die Blicke meiner Mutter mich zu verbrennen drohten. Innerlich verdrehte ich die Augen. Die Wut, die sie ausstrahlte, hätte ein ganzes Königreich vernichten können, so wütend war sie. Meine Mutter hatte von Anfang an etwas dagegen gehabt, dass wir einen Ball mit Masken führten, auf dem man den Unterschied zwischen Mensch und Drache nicht so leicht erkennen würde. Mein Vater war schon immer auf der Seite der Drachen gestanden, während meine Mutter schon immer skeptisch gewesen war. Dass ich jetzt mit einem Drachen getanzt hatte und dann auch noch mit vielen von ihn geplaudert hatte, schien ihr nicht zu passen. Es versetzte ihre Krone einen Knacks. Doch es war mir egal. Es war schön gewesen, sich mit ihnen zu unterhalten. Sie waren ehrlicher als die meisten. Sie waren netter und schenkte einem ein ehrliches Lächeln, dass von Herzen kam.

Als ich mir eine Traube in den Mund schob, richtete meine Mutter schließlich das Wort an mich. »Ich möchte nicht mehr, dass du diesen Drachen triffst.« Mein Vater verschluckte sich an seinem Wasser und Saphiras Blick schnellte zum ersten Mal an diesem Morgen nach oben. Zu ihr. Meiner Mutter. »Und könntest du mir auch einen guten Grund nennen, warum ich das nicht tun sollte?«, fragte ich, als ich die Traube hinuntergeschluckt hatte. Sie schnaubte und ihre grauen Augen funkelten mir wütend entgegen. »Du kennst den Grund, Freya. In ein paar Wochen ist er wieder weg und wird dir keine Träne nachweinen. Er wird sein Leben so weiter leben wie zuvor. Du bist eine Prinzessin, du musst einen Prinzen heiraten«, erwiderte sie nur und sah mich so ernst an, dass ich glaubte, sie wolle mit Gedankenkraft ihre Worte in meinen Kopf pressen. Doch ihre Worte prallten an der Wand meiner Sturheit ab. Gwaine würde in ein paar Wochen wieder gehen. Das wusste ich. Das hieß aber nicht, dass ich deswegen keinen Kontakt mit ihm haben konnte. Wenn es nach dem ginge, könnte jeder von uns morgen sterben. Dann dürfte ich gar keine Freunde suchen und schon gar keinen Gatten für mich. Bei dem Wort Gatte zog sich alles in mir zusammen.

»Ich muss keinen Prinzen heiraten, Mutter. Damit das klar ist. Das mag früher so gewesen sein, aber Prinz Alexander von Lavandia wurde erlaubt, eine Dienerin zu heiraten. Warum sollten wir also noch nach alten Traditionen leben, die bereits vor Staub besetzt sind?«, konterte ich mit dem Beispiel, dass ich gestern Abend selbst erfahren hatte. Natürlich hatte ich das Gerücht schon gehört, doch Laia hatte es mir selbst erzählt. Laia war zwar nicht mehr seine Schwester, offiziell, aber sie war seine Cousine. Sie wusste mehr als genug über Alex. »Na und? Die auf dem Festland hatten schon immer komische Ansichten«, murrte meine Mutter und schien sich damit nicht überzeugen zu lassen. Wütend schnaubte ich. »Man sollte nicht heiraten, nur weil es das Beste für ein Land ist. Man sollte heiraten, weil man die andere Person aufrichtig liebt. Ich will nicht irgendwann feststellen, dass ich den falschen an meiner Seite habe, nur weil du das so wolltest«, fuhr ich sie an, wobei ich das Du in meinem Satz ausdrücklich betonte. Bei meinem Ton zuckte die Königin zusammen und ballte die Hand zur Faust. »Veronica ich finde auch, dass es durchaus in Ordnung wäre, wenn sie keinen Prinzen oder Adeligen heiratet. Dort draußen gibt es so viele nette jungen Männer«, eilte mir mein Vater zu Hilfe. Wütend sah meine Mutter ihn an. »Du schlägst dich immer auf ihre Seite! Immer.« Dann stand sie auf, dabei knarrten die Stuhlbeine, als sie den Stuhl mit einer solchen Wucht nach hinten schob, dass der ganze Saal zu beben schien. Kurz darauf stolzierte sie aus dem Saal, doch mein Vater eilte ihr nicht nach, weil er wusste, dass sie genau das wollte.

Manchmal ließ mein Vater sich von ihr unterbuttern, doch heute blieb er sitzen. Meine Mutter tat das immer, um ihren Willen zu bekommen. Ihm ein schlechtes Gewissen zu machen, war eine gute Methode, die lange funktioniert hatte, doch seit er die Drachen eigeladen hatte, passierte das immer weniger. Mein Vater ließ es einfach nicht zu. Nicht einmal annähernd. Er blieb stur auf dem Stuhl sitzen und aß ruhig weiter. Saphira sah zu mir und grinste leicht. Wir beide freuten uns, dass er endlich seinen eigenen Willen durchsetzen wollte. »Ich habe Gwaine und den anderen gesagt, dass du ihnen das Schloss zeigen würdest und ich habe Laia versprochen, dass du mit ihr ausreitest. Saphira kann natürlich mitkommen. Ich hoffe, dass war in Ordnung«, sagte er dann schließlich zu mir. Ein breites Strahlen legte sich auf meine Lippen. »Natürlich ist das in Ordnung.« Er schenkte mir ein Lächeln, was ihn ein paar Jahre jünger aussehen ließ. »Das dachte ich mir.« So schnell wie ich konnte brachte ich das Frühstück hinter mir, was Saphira leise lachen ließ. Aber auch sie beeilte sich. Vielleicht, weil sie sich freute, endlich aus den hohen Mauern des Schlosses zu kommen, was einem manchmal wie ein Gefängnis vorkam. Ein riesiges Gefängnis. Als wir das Frühstück hinter uns hatten, sprangen wir auf. Im Vorbeigehen drückte ich meinem Vater einen Kuss auf die Wange, bevor ich mit Saphira nach draußen eilte. »Nicht so schnell«, meinte sie hinter mir, als ich immer schneller nach unten eilte. Ich hörte nicht auf sie. Endlich kam mir die Eingangshalle entgegen.

Broken Wings ✔Where stories live. Discover now