🔥 12. Kapitel

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Gwaines Hände lagen sanft, aber dennoch bestimmt auf meiner Hüfte, während meine Arme um seinen Nacken geschlungen waren. Wie wir in diese Haltung gekommen waren, wusste ich nicht. Der Tanz hatte in der normalen Haltung angefangen, doch irgendwann hatte ich meine Arme wie von selbst um seinen Hals geschlungen, um ihm noch näher zu sein. Gwaine schien das nicht zu stören. Er schien jede Sekunde davon zu genießen. Jede einzelne. Sein warmer Atem tanzte wie eine Sommerbrise über meine Wangen und meine Nase. Ab und an auch über meine Lippen, was mich immer wieder erschauern ließ. Ihm so nahe zu sein löste ein angenehmes Kribbeln in meinem Magen aus, was ich aber versuchte zurückzuhalten. Meine Hüften schienen unter seiner Berührung zu brennen. In mein Kleid hätte sich eigentlich jeden Moment ein Loch brennen müssen. Zittrig atmete ich ein und aus, während wir uns rhythmisch zur Musik bewegten. Hin und her. Hin und her. Die Blicke der anderen lagen noch immer auf uns. An anderen Tagen hätte ich dieses Gefühl gehasst, aber in Gwaines Nähe war das nicht weiter schlimm. Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen bewegten wir uns weiter eng umschlungen. Eine Adelige tuschelten und flüsterten sich neue Gerüchte zu. Gerüchte um Gwaine und mich. Allerdings war mir das in dem Moment so egal. In dem Moment wechselte die Band ihr Lied zu einem schnelleren Lied, dadurch waren Gwaine und ich gezwungen, unsere engumschlungene Haltung aufzugeben.

Wir tanzten jetzt wieder in der gewohnten Haltung. Wieder tuschelten einige, als Gwaine mich eine geschickte Drehung ausführen ließ, bei der mein Kleid flatterte und meine Haare wild umher wirbelten. Lächelnd sank ich zurück in seine Arme. Seine braunen Augen funkelten mir warm entgegen. Seine geschwungenen Lippen waren zu einem sanften Lächeln verzogen. Ein Lächeln, an dem ich mich niemals sattsehen konnte. Ein Lächeln, was das Kribbeln in meinem Bauch jedes Mal aufs Neue zum Leben erweckte. Im nächsten Moment sah ich, dass einige auch endlich damit begannen, sich Tanzpartner zu suchen. Die meisten Damen suchten sich Drachen aus. Die Männer schienen damit leben zu können, denn sie baten ein paar weibliche Drachen um einen Tanz. Glücklich sah ich ihnen dabei zu. Ein paar Minuten später war die Tanzfläche gefüllt von tanzenden Paaren. Dadurch wurde mir der Blick auf meine Mutter eröffnet, die neben meinem Vater stand und mich aus zusammengekniffenen Augen musterte, während mein Vater stolz lächelte. Insgeheim fragte ich mich, wie sich meine Mutter und mein Vater gefunden hatten. Sie waren verschieden. Viel zu verschieden. Beide hatten andere Ansichten. Meine Mutter schätzte nur blaublütige und wollte sich immer stets an Regeln halten, während mein Vater gerne die Regeln brach und versuchte jeden gleich zu sehen. Beim Personal scheiterte er da noch an manchen Stellen.

Sie hatten mir nie gesagt, ob sie freiwillig und aus Liebe oder ob sie unter Zwang geheiratet hatten. Da ich allerdings wusste, dass die Regel, nur Adel zu heiraten, schon länger bestand, ging ich davon aus, dass die gezwungen worden waren. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Ich schwor mir, dass mir das nie passieren würde. Nicht in diesem Leben und auch nicht in einem zweiten oder dritten. »Deine Mutter scheint uns nicht zu mögen. Mich schon gar nicht«, wisperte Gwaine gerade so laut, dass er die Musik übertönte. Sofort huschte mein Blick zu ihm und ich warf ihm einen entschuldigenden Blick zu. »Es ist nur neu für sie. Mein Vater hat sie nicht in den Plan eingeweiht, er hat das ohne sie entschieden, weil er genau wusste, dass sie dagegen wäre. Jetzt versucht sie natürlich alles, mich von euch fernzuhalten. Sie versucht nicht einmal, euch kennenzulernen. Leider weiß ich nicht, was ich dagegen machen soll. Nimm es nicht persönlich. Alles, was neu ist, mag sie nicht.« Gwaine schenkte mir ein Lächeln. »Du musst dich nicht für sie entschuldigen. Das bin ich gewöhnt. Es ist nichts Neues für mich. So lange sie mich nicht angreift oder einen der anderen, ist alles gut.« Seine Worte stimmten mich fröhlich. Ließen mich lächeln. Gwaine zeigte viel Verständnis. Ein Verständnis, was man nicht von jedem hätte erwarten können.

»Danke, dass du das verstehst. Das bedeutet mir sehr viel«, brachte ich mit belegter Stimme hervor. Seine Daumen strichen sanft über meine Taille. Immer wieder. Das war seine stumme Antwort auf meine Worte, wie ich etwas später begriff. Doch da blieb keine Zeit mehr, mit ihm zu reden, denn Glas klirrte, ein Pfeil schoss durch die Luft und durchschoss das Seil, was den Kronleuchter an der Decke hielt. Schreie erfüllten den Raum, Musik verstummte und Panik brach aus. Alle das geschah in einer Sekunde. In der nächsten Sekunde packte mich Gwaine und zog mich so schnell unter dem Kronleuchter weg, dass die Welt um mich herum für einen Moment vollkommen verschwamm. Erschrocken schnappte ich nach Luft. Ein weiterer Pfeil kam durch das Fenster, dass in der Mitte ein großes Loch hatte. Hektisch atmete ich ein und aus, während Gwaine mich immer weiter zog. Sein Körper schirmte meinen ab. Wie ein Schild. Immer wieder flirrte mein Blick umher. Meine Augen suchten nach Saphira und Emilia. In dem Tumult konnte ich sie aber nicht ausmachen. Tränen brannten in meinen Augen, meine Füße schmerzten und in mir entstand der Wunsch, jetzt für immer zu schlafen. Das hier war meine Schuld. Das Chaos. Ich hatte nicht nur die Bewohner unseres Reiches, sondern auch die Drachen abermals in Gefahr gebracht. Man sollte meinen, dass ich dazugelernt habe, doch ich habe es nicht. Bevor ich darüber nachdenken konnte, wurde ich an der Wand gegen den Boden gepresst. Gwaine dicht neben mir.

Broken Wings ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt