🔥 23. Kapitel

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Der Wind zerzauste mir die Haare, während ich noch immer am Bug stand und es genoss, wie der Wind über meine Haut strich und mir somit das Gefühl der Freiheit gab. Irgendwo kochte jemand, während die Kinder spielten. Andere saßen nur da und ruhten sich aus. Doch mein Blick war noch immer auf das Meer gerichtet, dass sich mit dem Wind bewegte und Wellen schmiss. Ich bewunderte, wie wild das Meer sein konnte. In meinem ganzen Leben war ich vielleicht zehn Mal im Meer gewesen. Im Nachhinein war das nicht mal so viel, wie man denken sollte. Doch ich hatte jedes Mal genossen. Gerne würde ich mich jetzt ins Wasser stürzen, es genießen, doch ich wusste, dass dafür im Moment keine Zeit war. Mein Vat- der König und seine Männer würden hinter uns her sein. Auch hinter mir, um an Gwaine zu kommen. Ich beschloss, mich nicht von ihm zu trennen, nicht von seiner Seite zu weichen. Sobald wir Land erreichen würden, würde ich nicht von seiner Seite weichen. Ich würde nicht zulassen, dass sie ihm wehtaten. Dass sie ihn töten und gefangen nahmen. Nie im Leben. Dessen war ich mir im Moment mehr als sicher. So sicher, wie nichts auf der Welt. Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen und ich schloss für einen Moment die Augen. Der Geruch des Meeres strömte durch meine Nase und benebelte meine Sinne.

Ich war hier aufgewachsen, doch der Geruch des Meeres, war der schönste Geruch, den ich je gerochen hatte. Mit Gwaines Geruch konnte er zwar nicht ganz mithalten, doch er kam gleich nach Gwaines Geruch. Als mir bewusst wurde, was ich gedacht hatte, schoss mir die Röte in die Wangen und ich riss die Augen auf. Langsam drehte ich meinen Kopf nach rechts, als ich einen Blick auf mir spürte. Gwaines Blick brannte sich von der anderen Seite in meinen Rücken. Er stand bei einem kleinen Jungen und half ihm dabei, einen Knoten mit dem Seil zu machen. Nicht nur irgendeinen Knoten. Einen wichtigen Knoten, den die Seeleute können mussten. Ein kleines Lächeln schmückte meine Lippen, als ich sah, dass er das fast blind machte. Sein Blick war weiter auf mich gerichtet, während seine Finger blind die Enden verknüpften, so flink, als hätte er das bereits tausendmal gemacht. Dann fiel mein Blick auf Tarquin und Saphira. Diese sah ihn wütend an und verschränkte die Arme vor der Brust, während er auf sie einredete. Ein Teil in mir wollte dazwischen gehen. Ein Teil in mir wollte sauer auf Tarquin sein, doch da ich nicht wusste, was passiert war, hatte ich kein Recht dazu. Also richtete ich meinen Blick wieder auf das Meer und genoss die Ruhe vor dem Sturm, der noch kommen würde.

Der Sturm an vermummten Männern und dem König. Innerlich seufzte ich. Der größte Teil in mir wollte und konnte nicht verstehen, warum er Gwaine und alle anderen Drachen töten wollte. Besonders, warum er Gwaine töten wollte. Er war nicht mein echter Vater, also sollte es ihn nicht kümmern, ob Gwaine mein Gefährte war oder nicht. Außerdem war das kein Grund, ihn zu töten. Das war eher ein Grund, ihn näher kennenzulernen. Doch je länger ich darüber nachdachte, desto bewusster wurde mir, dass es ihm egal war. Gwaine war ihm egal. Er sorgte sich nur um seine Macht. Mir wurde bewusst, dass auch er nach Macht strebte. So wie Uther. Deswegen hatte er mich von ihm angenommen. Weil sie insgeheim Freunde gewesen waren. Insgeheim. Niemand hatte dies gewusst, sonst wäre Gwaine sicher nie hierher gekommen. Schwer schluckte ich gegen den Kloß in meinem Hals an. Gwaine wäre bereit gewesen, sich zu opfern. Diese Gedanken brachten mein Herz dazu, sich schmerzhaft zusammenzuziehen. So schmerzhaft, dass ich für einen Moment nach Luft schnappte. Meine Finger kribbelte unter dem Drang, Gwaine zu berühren, um sicher zu gehen, dass er noch da war. Ein Teil in mir wollte weiter an der Wut festhalten, doch ein anderer Teil in mir wagte dies nicht. Ich wollte nicht weiter an der Wut festhalten. Morgen könnte alles vorbei sein. Das hatte mich der Tag heute gelehrt. Da war keine Zeit für Wut und Enttäuschung. Nicht wirklich. Besonders nicht, wenn ich ihn nicht einmal angehört hatte. Mir nicht seine Sichtweise angehört hatte.

Entschlossen wandte ich mich in diesem Moment um, doch Gwaine stand nicht mehr bei dem Jungen, der jetzt ganz allein die Knoten flechtete. Hektisch sah ich mich auf dem Schiff um, doch konnte ihn nicht in der Menge erkennen. Egal, wo ich hinsah. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und blinde Panik machte sich in mir breit. Meine Haut begann zu kribbeln. Wie von selbst trat ich einen Schritt nach vorn und lief dann immer weiter. Meine Augen suchten immer weiter nach ihm. Ich erblickte ihn immer noch nicht. Die Angst, die in mir herrschte, war irrational. Einfach dumm. Schließlich konnte ihm nicht viel passiert sein, doch ihn nicht zu sehen, war genauso schlimm, wie nicht sicher zu sein, ob er okay war. Mein Herz pochte wild in meiner Brust. Im nächsten Moment ging die Tür zur Kajüte auf und Gwaine trat heraus. Ein erleichterter Seufzer glitt über meine Lippen, als ich zu ihm sah. Sein Blick glitt zu mir und für einen Moment sahen wir uns einfach nur an. Keiner von uns sagte etwas. Dann lief er einfach auf mich zu. Die Menge schien sich dort zu spalten, wo er entlangging. Auch ich lief auf ihn zu, bereit, seine Sicht der Meinung zu hören. Mein Herz klopfte vor Aufregung ganz wild in meiner Brust. Mir war heiß und der kühle Wind konnte meine erhitze Haut nicht mehr abkühlen. Kurz darauf standen wir uns gegenüber.

Broken Wings ✔Where stories live. Discover now