🔥 13. Kapitel

430 30 1
                                    

Ich holte tief Luft. Bereute es aber kurz darauf, als meine Nase sich den Geruch von Blut in der Luft einbildete. Seufzend schrubbte ich weiter über den großen Boden des Ballsaals. Das Blut war schon länger weg und der Geruch lag dank der offenen Fenster eigentlich nicht mehr in der Luft, doch hier zu sein warf immer mehr Erinnerungen in mir auf. Versetzte mich ein paar Stunden zurück. Die Verletzten befanden sich in der Halle der Heiler. Rhett und Tarquin waren schneller geheilt, weswegen sie schon wieder herumliefen und den anderen dabei halfen, den Ballsaal sauber zu machen. Der zerbrochene Kronleuchter lag noch immer am Boden. Säumte die Mitte des Saals. Gold und Kerzen lagen zerbrochen am Boden. Verdeckten das wunderschöne Muster der Löwen auf dem Boden. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, als ich zu den Dienern und Dienerinnen blickte, die sich darum bemühten, die zerbrochenen Glassplitter am Boden aufzulesen, ohne sich dabei zu schneiden. Warum ich hier war, konnte ich nicht sagen. Eigentlich hatte mein Vater mir ausdrücklich verboten, nicht hier her zu kommen. Dennoch hatten mich meine Füße wie von selbst hierher getragen. Ohne das ich etwas dagegen hatte tun können.

In dem Moment stellte sich jemand neben mich. Ein Kribbeln breitete sich auf meiner Haut aus und verwandelte sich kurz darauf in Gänsehaut. Langsam drehte ich den Kopf und blickte nach oben. Gwaine sah zu mir herab. Seine Stirn in Falten geworfen und seine Augen verwirrt zusammengekniffen. Sein Kopf war schiefgelegt, so dass ein paar Strähnen in seine Stirn fielen und ein paar Falten überdeckten. »Du schrubbst den Boden«, stellte er fest. Ich nickte und schenkte ihm ein kleines Lächeln. »Ja. Ist das ein Problem?« Gwaine sah mich an, als würde ich vom Mond kommen. Erst jetzt fiel mir auf, was ich eigentlich trug. Heute Morgen hatte ich mich für ein altes Kleid entschieden, was ruhig schmutzig werden konnte und die Schürze die ich trug, hatte ich mir kurzerhand von Emilia geliehen. Auch ohne teure Kleidung hatte man mich an meinen roten Haaren erkannt. Die roten Haare, die so gar nicht zu meiner Familie passten. Rote Haare waren selten in dieser Familie. Anscheinend waren sie bis jetzt nur einmal aufgetreten. Genau aus diesem Grund fühlte ich mich geehrt. Doch auch jetzt konnten meine Haare mich nicht davon abhalten, rot zu werden, bei dem Gedanken, dass ich dreckig war und verschwitzt aussehen musste, was mir meine Haare bestätigten, die in meinem feuchten Nacken klebten. »Ich wundere mich nur. Ich habe noch nie eine Prinzessin gesehen, die den Boden wischt«, meinte er und sah mich an.

Ungläubig hob ich eine Braue und legte den Kopf schief. Der Lappen rutschte mir aus der Hand, als ich ihn betrachtete. Ich wusste nicht genau, was ich von diesen Worten halten sollte, die aus seinem sündhaft geschwungenen Mund soeben gekommen waren. »Ist das, was ich mache also so schlecht?«, fragte ich ihn. Schnell schüttelte er den Kopf. Ein entwaffnendes Lächeln legte sich dabei auf seine Lippen. Ein tiefes Grübchen bildete sich in einer seiner Wangen und verlieh ihm einen fast einen schelmischen Ausdruck, wenn man die Ehrlichkeit, die in seinen dunklen Augen funkelte, übersah. »Das meinte ich damit nicht, Freya. Ich bin nur überrascht. Besonders weil dein Vater doch meinte, dass du dich darum nicht kümmern sollst«, wisperte er. Ich rollte mit den Augen und nahm den nassen Lappen wieder und tunkte ihn in das warme Wasser hinein. Wie von selbst wand ich dann wieder aus. So wie ich es schon länger getan hatte. Immer auf dieser Stelle. Die Stelle, auf die Rhetts Blut getopft hatte. Mittlerweile war es weg, doch ab und an sah es so aus, als wäre es noch da. Ich war mir bewusst, dass ich eigentlich schon längst weiter sollte, doch ich hatte das Gefühle, dass ich so auch die Erinnerung daran wegwaschen könnte. Alles, was vor ein paar Stunden passiert ist. Alles davon. Gwaine kniete sich zu mir. Sein Knie nur wenige Zentimeter von meinem eigenen entfernt.

»Kann ich dir helfen? Irgendwie? Ich bin gut im Putzen. Wirklich. Ich bin der Meister darin«, meinte er und schenkte mir ein schiefes, fast unsicheres Grinsen. Diese Seite von Gwaine war neu. Am ersten Tag hatte er so ernst auf mich gewirkt. So befangen. Als würde er niemanden an sich heran lassen wollen. Dieser Gwaine war schüchtern mir gegenüber. Lächelnd sah ich ihn an und drückte ihm einen zweiten Lappen in die Hand. Das Wasser tropfte auf seine Hand, und ich hätte schwören können, dass ich ein leichtes Zischen gehört hätte. Unsicher blickte ich auf seine Hand, doch diese hielt den Lappen fest umschlossen und fuhr bereits über den Boden, der von viele Leuten geschrubbt wurde, während andere versuchten die Scherben loszuwerden und den Kronleuchter, der noch immer in der Mitte lag. Mein Blick flirrte umher. Endlich kamen Leute auf den Kronleuchter zu. Meine Augen flirrten über die Menschen hinweg. Schon seit Stunden suchte ich nach Saphira, doch bis jetzt hatte ich sie nicht gesehen. Nicht einmal in ihrem Zimmer. Meine Mutter hatte mir nur gesagt, dass sie heute Morgen weggegangen war. Sie befand sich noch auf dem Gelände, doch niemand schien zu wissen, wo. In dem Moment stieg mir Gwaines Geruch in die Nase und lenkte mich für einen Moment ab. Der Wind hatte seinen unverwechselbaren Duft nach Kiefern und Wald heangetragen und füllte nun meine Sinne aus. Benebelte sie direkt.

Broken Wings ✔Där berättelser lever. Upptäck nu