Kapitel 29 - Erinnerungen

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Zoes Sicht:

Reglos starrte ich ihm in die Augen. Meine Gedanken überschlugen sich und nur langsam verarbeitete ich seine Worte. Es surrte. Es surrte unangenehm in meinem Kopf und ein dumpfes pochen verbreitete sich schleichend jedoch gleichzeitig schnell  auf meiner Schläfe aus. 

"Alec...", hallte es wie ein endloser Echo in meinem Kopf. Mein Gesicht verlor jegliche Farbe und die Kälte kroch in meine Knochen. 

"Alec.", ich sah ihn ein weiteres Mal an. "Alec Chadwick.", meine Lippen presste ich zu einer schmalen Linie zusammen. Etwas stimmte nicht. Es war als wollte mich eine Kraft mitziehen. Es war nicht physisch. Nein, im Gegenteil es war als spielte meine Psyche vor meinem eigenem Auge einen Streich. Mein Körper erzitterte und ohne es kontrollieren zu können starrte ich ins Leere. 

<Zoe, was ist los?>, dachte ich seine Stimme wahrzunehmen, doch sie hörte sich weit entfernt an. <Alec>, murmelte ich leise vor mich hin und bei seinem Namen wurde es schwer um meinem Herzen. Das Blut rauschte in meinen Ohren und ich krallte meine Finger in den Stoff meines Kleides. Meine Visionen um mich herum wurden immer verschwommener und es war als würden sich die Farben der Natur zusammenmischen. Bilder und längst verdrängte  Erinnerungen tauchten vor meinem geistigen Auge auf. 

"Lachend tobte mein 4-Jähriges Ich durch den kleinen Garten. Der Wind spielte mit dem Saum meines gelben Sommerkleides und meine blauen Augen glänzten unbeschwert in der Nachmittagssonne.  Meine nackten Füße strichen beim vorbeilaufen das weiche Gras und ich blickte kurz über meine Schulter. <Fang mich doch!>, schrie ich lachend dem drei Jahre älteren Jungen zu. Seine grünen Augen funkelten mich belustigt an und er beschleunigte mühelos. Es dauerte nicht lange bis er mich an den Schultern zu sich zog und mich anfing zu kitzeln.

 <Alec, lass das!>, japste ich lachend nach Luft ringend und windete mich wild in seinem Griff. Mit mir lachend schüttelte er nur belustigt den Kopf. <Es ist schön dich kennengelernt zu haben Zoe>, sagte er in einer süßen kindlichen Stimme und pikste mich an der Wange mit seinem Zeigefinger. Mit pinken Wangen und einem schüchternem Lächeln auf den Lippen lugte ich zu ihm auf. Mein Kopf drehte sich nach links, als ich eine weibliche Stimme von der Distanz rufen hörte. <Alec! Die Königsfamilie reißt ab. Wir fahren jetzt auch!>, rief eine junge Frau mit honigblondem Haar und den selben grünen Augen wie die von Alec. <Komme gleich!>, entgegnete er ohne den Blick von mir abzuwenden. 

Meine Augen begannen leicht zu tränen da mein 4-jähriges Ich nicht akzeptieren wollte alleine gelassen zu werden. Auch wenn wir uns erst vor zwei Tagen kennengelernt hatten, viel es mir schwer meinen einzigen neuen Freund gehen zu lassen. Alec lächelte mich traurig an. <Eines Tages komme ich zu dir zurück.>, sagte er während er seine Hand nach meiner ausstreckte. <Alec Chadwick! Du kommst jetzt sofort her!>, hörte ich die weibliche Stimme aus der Entfernung wütend rufen. Allerdings schenkte er der Stimme keine weitere Beachtung. Alec drückte mir ein Gänseblümchen in die Hand und beugte sich zu meinem Ohr herunter. <Versprochen>, wisperte er leise und entfernte sich von mir. Ich beobachtete den Jungen mit rabenschwarzen Haar, wie er zu der Kutsche eilte. Lange starrte ich an die Stelle an der die Kutsche schon weggefahren war. 

Rasch änderten sich die Farben der verdrängten Erinnerungen  vor meinem geistigen Auge. Die Farbpunkte schienen sich zu verbinden und ein neues Bild entstand. 

"Ich befand mich in meinem alten Zuhause und zu diesem Zeitpunkt konnte ich nicht älter als dreizehn Jahre alt gewesen sein. Meine dunklen langen Haare waren nach hinten gebunden und mein tränenverschmiertes Gesicht blickte in den Krug voll Wasser. Seufzend stieg ich mit den vollen Krug in meinen Händen die knirschenden Holztreppen nach oben. Ich öffnete eine alte Fichtentür und tritt in das kleine Schlafzimmer in dem meine Mutter lag ein.

 Da lag sie. In dicken Decken eingewickelt, da sie die ganze Zeit über fror und ihre Augen waren vor Erschöpfung geschlossen. Ich stellte den vollen Krug auf einen kleinen Tisch neben dem Bett ab und betrachtete sie genauer. Ihr leichenblasses und eingefallenes Gesicht wirkte zerbrechlich wie die Flügel eines Schmetterlings. Ihre einst wunderschönen vollen Haare wirkten matt und dünner. Sie war schwer Krank und  kein einziger Arzt in der Gegend  konnte ihr helfen. Mit meinen jungen Jahren hatte ich noch Hoffnung dass sie eines Tages wieder lächelte und gesund wurde, doch das traf leider nie ein. Ich blickte auf ihren Schoß. Meine Augenbrauen zogen sich zusammen als ich die Zeitung erblickte. Langsam um sie nicht zu wecken zog ich die Zeitung an mich. Die dick gedruckte Überschrift sprang mir sofort ins Auge. "Untergang der Adeligen Chadwick Familie." Der Name kam mir zwar bekannt vor, doch ich konnte mich bei besten Willen nicht mehr erinnern. 

" An einem Sonntag Morgen fand man die Leichen  des Adeligen Ehepaares Joana und  Richard Chadwick vergiftet und erschossen in der klein Villa der Familie, dass sich in der nähe des drittgrößten Palastes von Celesties befand. Ihr einziger 16-Jähriger Sohn solle sich bei der Tatzeit in der Villa aufgehalten haben. Klagen und Beschuldigungen gehen an Alec Chadwick der seine Eltern ermordete und die Familie ins dunkle gezogen hatte." 

Die stechenden Bilder verblassten langsam und meine Sicht klärte und verschärfte sich wieder. Ich blinzelte einmal und dann noch einmal. Ein schweres Gewicht lastete auf meinen Schultern und ich blickte direkt in die besorgten Augen vom Schönling oder sollte ich Alec sagen. <Zoe ich habe dich gefragt ob es dir gut geht?>, durchbrach seine dunkle Stimme die Stille zwischen uns. Ich schluckte leise und starrte ihn aus großen Augen an. 

Frustriert fuhr er sich durchs Haar. <Sag doch etwas.>, murmelte er und die Verzweiflung war aus seiner Stimme zu hören. War er ein Mörder? Konnte das wirklich möglich sein? Ich musste einfach die Wahrheit wissen. Ich brauchte Klarheit. 

<Alec, hast du ..hast du deine Eltern umgebracht?>, stammelte ich ängstlich vor seiner Antwort. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen und sein Körper spannte sich an. Einen kurzen Moment dachte ich Verletztheit aufblitzen zu sehen doch es verschwand so schnell wie es gekommen war. <Du hast es gelesen, nicht wahr?>, sprach er durch zusammengebissenen Zähnen. <Ja, das habe ich.>, entgegnete ich.  Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und meine Handinnenflächen begannen zu schwitzen. 

<Nein, habe ich nicht.>, zischte er dunkel. Ein Stein fiel mir vom Herzen und ich stieß erleichtert die angehaltene Luft aus. <Aber warum wurde dieser Fall in die Zeitung geschrieben und weshalb lassen sie dich als Mörder dastehen?>, fragte ich verständnislos. Plötzlich ballte er seine Hand zur Faust und schlug gegen den nächst besten Baum. <Lügner!>, boomte seine scharfe Stimme und sein Körper zitterte vor Wut und Frustration. Was musste er in seinem Leben schon alles ertragen müssen? Es wurde mir schwer ums Herz ihn so sehen zu müssen. 

Er kam mit langsamen Schritten auf mich zu. Seine Finger strichen über meine Wange und er wickelte eine lose dunkle Haarsträhne um seinen Zeigefinger. <Mein Vater hatte immer zu mir gesagt dass ich ein Leben, leben soll an das ich mich erinnern werde. Und das habe ich vor zu tun aber nicht ohne dich.>, sprach er ruhig. 

Ich spürte wie sich mein Körper bei seinen Worten automatisch erwärmte. Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Alec zog mich an der Hüfte in eine warme Umarmung. 

<Es ist Zeit dass du erfährst was wirklich passiert ist.>, murmelte er beruhigend gegen meine Halsbeuge. Jede einzelne Faser meines Körpers schien zu kribbeln und ich wünschte mir so sehr, dass er mich nie mehr losließ. 


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Hallo meine Lieben Leser!

Ich hoffe das Kapitel gefällt euch! 

Kommentare sind natürlich immer willkommen und dieses Kapitel ist einmal ein bisschen was anderes. 

Hoffentlich gefällt es euch trotzdem und ich wünsche euch ein tolles Wochenende! :)


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