10 - Gin ohne Tonic

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Am Freitag war nicht viel los und ich konnte pünktlich gehen um mich zuhause noch umzuziehen. Das war auch bitter nötig, denn mit meinen Jeans und der schlichten Bluse konnte ich unmöglich bei der Adresse aufkreuzen die Josh Banks mir angegeben hatte. Trey hatte mich zwar ausgefragt warum ich es so eilig hatte nach Hause zu kommen, aber ich wollte ihm noch nicht das ganze Drama auftischen. Erst wollte ich das Problem aus der Welt schaffen. Das dunkelgraue Bleistiftkleid das ich mir ausgesucht hatte, war zwar schlicht aber ich fand es farblich passend zum tristen Anlass.

Vor dem Edelschuppen von einem Restaurant blieb ich stehen und war mir bewusst das ich mal wieder zehn Minuten zu früh war. Ich hatte mich im Internet ein wenig über meine Rechte informiert damit ich später nicht wie eine Idiotin dastand die von nichts eine Ahnung hatte. Leider musste ich aber zugeben dass der ganze Fachjargon mich zunehmend verwirrte.
Soweit ich gelesen hatte war es nicht erlaubt eine Klage unter dem Namen von jemand anderem einzureichen, jedoch war das ganze etwas komplizierter da Tom selbst Anwalt war. Eine konkrete Antwort gab es anscheinend nicht und ich hatte irgendwann aufgegeben. Sollte sich doch Joshs Anwalt damit befassen. Ich hoffte eigentlich noch immer dass Tom einsichtig würde und die Klage von selbst zurückzog. Er hatte sich noch nicht bei mir gemeldet, aber um ehrlich zu sein rechnete ich nicht damit.

Nervös richtete ich den dunkelroten Gürtel den ich farblich auf meine hohen Schuhe und den Lippenstift abgestimmt hatte. Hoffentlich hatte sich der Aufwand gelohnt. Das hier war mein bestes Outfit wenn es darum ging teuer auszusehen. Aber vermutlich sah mir der Pförtner bereits an der Nasenspitze an dass das hier nicht meine Welt war. Beim Recherchieren hatte ich mich auch ein wenig genauer über Josh Arthur Banks informiert. Und war aus allen Wolken gefallen als mir klar wurde das er nicht nur Marktführend auf beinahe der ganzen Welt war, sondern auch noch in der Top 500 der Thronfolge. Ich hatte gewusst dass er aus einer reichen Familie stammte aber nie vermutet das seine Mutter eine echte Baronin war. Dass war mir so realitätsfremd dass ich es kaum glauben konnte. Es besserte meine Nervosität nicht besonders das er auch noch adlig war. Am meisten Artikel hatte ich jedoch über Liebschaften oder eher vermutete Liebschaften gelesen. Besonders eine Marissa Ford, die anscheinend ebenfalls irgendwo im Adel dazugehörte, wurde oft erwähnt. Die Bildgalerien zu den ganzen Artikeln hatte ich mir gar nicht erst angesehen. Das ging mich nichts an und hatte auch keinen Einfluss auf unser Gespräch heute. Ein kalter Luftzug strich um meine, in Strumpfhose steckenden, Beine und ich gab mir einen Ruck. Für immer konnte ich nicht hier herumstehen. Ich lächelte dem Pförtner freundlich zu als er mir die Tür aufhielt und trat durch die große Flügeltür.
"Guten Abend Miss, wie kann ich ihnen behilflich sein?", wurde ich von einer blonden Mittvierzigerin in einem dunkelblauen Kostüm begrüßt. Sie stand neben einem kleinen Pult auf dem ich ein Tablet erkennen konnte und musterte mich von oben nach unten. Ich räusperte mich.
"Guten Abend", grüßte ich höfflich. "Ich bin verabredet, mit äh Josh Banks." Die Augen der Frau weiteten sich kaum merklich bevor sie kurz nickte. "Natürlich, folgen sie mir", sagte sie und führte mich in das Restaurant. Ich folgte ihr und klammerte mich dabei an den Griff meiner kleinen schwarzen Tasche. Ich wurde an einigen besetzten Tischen vorbei in ein kleines Séparée geführt. Josh und ein weiterer Mann, vermutlich sein Anwalt, saßen bereits an einem Tisch und unterhielten sich. Als sie mich kommen sahen erhoben sie sich beide.
"Jane, schön dass sie es einrichten konnten", begrüßte mich Josh und hielt mir die Hand hin. Ich griff danach und schüttelte sie kurz. "Ich denke die Angelegenheit ist zu wichtig um keine Zeit dafür aufzubringen", erwiderte ich bevor ich dem Mann neben ihm ebenfalls die Hand reichte. Er hatte dunkelbraunes, kurzes Haar, blaue Augen und einen breiten Oberkörper. Er war etwas kleiner als Josh, aber das war vermutlich jeder hier.
"Lance Richards, freut mich sie kennenzulernen", stellte er sich vor und ich nannte ihm ebenfalls meinen Namen obwohl er diesen vermutlich bereits kannte.
"Setzen sie sich doch", bot er mir höfflich an. „Und bitte nennen sie mich Lance." Ich nickte und ein Mitarbeiter des Restaurants eilte herbei um mir meinen Mantel abzunehmen bevor er mir den Stuhl zurückzog damit ich mich setzen konnte. Ich bedankte mich und ließ mich auf den Stuhl gleiten. Die beiden Männer setzten sich ebenfalls. Ich zog ein Notizbuch und einen Stift aus meiner Tasche.
"Was trinken Sie Jane?", fragte mich Josh aufmerksam und ich sah auf.
"Äh, ein stilles Wasser?", sagte ich etwas überrumpelt. Eigentlich war mir mehr nach einem großen Glas Gin Tonic aber ich musste einen klaren Kopf behalten. Josh bestellte beim Kellner der so lautlos aufgetaucht war das ich ihn nicht bemerkt hatte. Ich notierte das Datum und sah die beiden Herren dann abwartend an.
"Wollen wir anfangen?", fragte Lance Richards und erhielt zustimmendes Nicken von Josh und mir. Er erläuterte die Fakten noch einmal kurz und schob mir dann ein Papier über den Tisch zu. "Hier, da sie diese ja noch nie gesehen haben, sollten Sie sie auch noch lesen." Ich nahm ihm das Blatt ab und erkannte es als die Klage die Tom unter meinem Namen eingereicht hatte. Ich las es mir durch.
"Grobe Körperverletzung?", echote ich als ich ungefähr in der Hälfte des Dokuments angelangt war. Ich konnte nicht fassen dass Tom so eine fette Lüge zu Papier gebracht hatte. Verständnislos sah ich die beiden Männer vor mir an. Ein Glas Wasser stand vor mir und ich hatte nicht mitbekommen wann es abgestellt wurde. Die Kellner hier waren wie Geister. Unheimlich.
"Lesen sie nur weiter Jane, es kommt noch besser", erwiderte Josh mit verkniffenem Mund. Ich tat wie geheißen und diesmal verschlug es mir nicht nur die Sprache sondern auch den Atem. Automatisch flog eine Hand an meinen Mund.
„Einhunderttausend Pfund Schadenersatz?", fragte ich schockiert. Das war unerhört viel dafür dass es zur Hälfte meine Schuld gewesen und kaum etwas passiert war. Die beiden Männer erwiderten meinen Blick ruhig. „Das kann doch nicht sein ernst sein? Es ist mir doch kaum etwas passiert!" Ich konnte nicht fassen dass Tom daraus so viel Geld machen wollte. Und das auch noch zu seinen Gunsten. Ich lehnte mich nach vorne und stützte mich auf dem Tisch ab. Lance zog mir das Papier aus der Hand bevor ich es zerknüllen konnte, doch das bekam ich nur am Rande mit.
Mir wurde einmal mehr bewusst wie wenig ich Tom gekannt hatte. Wie konnte ich drei Jahre lang nicht bemerken mit was für einem Menschen ich das Bett teilte? Hatte ich wirklich eine derartig schlechte Menschenkenntnis? Das mir Tränen in den Augen standen merkte ich erst als mir ein Taschentuch gereicht wurde. So nah am Wasser gebaut zu sein hatte ich definitiv von meiner Mutter geerbt. Sie heulte auch bei jeder Gelegenheit. Ich nahm das Taschentuch entgegen, tupfte mir kurz über die Augen und hoffte einfach dass ich gerade nicht meine gesamte Wimperntusche über mein Gesicht verteilt hatte. Ich knüllte das Taschentuch zusammen und ignorierte die mitleidigen Blicke der beiden Männer mir gegenüber. Josh schob mir mein Wasserglas etwas näher und ich nahm einen Schluck um den Kloss in meinem Hals loszuwerden. Jetzt wünschte ich mir noch mehr dass es Gin Tonic war. Oder noch besser nur Gin, ganz ohne Tonic.
„Was bedeutet das jetzt?", fragte ich als ich als ich das Glas wieder abstellte. Erwartungsvoll sah ich die beiden an. Ich hoffte einfach dass sie eine Lösung hatten. Lance räusperte sich, wechselte einen raschen Blick mit Josh welcher nickte. „Sehen sie Jane, wir können uns momentan keinerlei Fehltritte leisten", begann er mir zu erklären und lehnte sich auf dem Tisch vor. „Die Firma steht mitten in Verhandlungen zu einem großartigen Deal den wir uns ungern durch negative Medienpräsenz ruinieren lassen würden. Natürlich verstehen wir dass das nicht ihr Problem ist, aber wir wären ihnen um Kooperation sehr dankbar." Ich hob eine Augenbraue über seinen hoch angesetzten Ton an. „Das heißt sie haben eine Lösung für das ganze Chaos?", fragte ich damit ich das essentielle nicht verpasste. Wieder wechselten die beiden einen Blick und Lance nickte mit dem Kopf in meine Richtung. Josh seufzte und ergriff das Wort. „Wir haben eine Lösung aber sie wird ihnen vermutlich nicht gefallen." Damit machte er mich neugierig.
„Und wie lautet diese Lösung?", fragte ich als er schwieg und mit sich zu ringen schien. Er strich sich durch die lockigen Haare und brachte damit eine Unordnung in sein sonst so tadelloses Äußeres.
„Ich- beziehungsweise wir haben uns überlegt das es am einfachsten ist wenn wir dem Gericht weismachen das ihr Exfreund aus purer Eifersucht gehandelt hat." Ich runzelte die Stirn. Wie wollte er das dem Gericht bitte auftischen. „Wie stellen sie sich das vor?", fragte ich frei heraus und es schien Josh wirklich unangenehm zu sein den nächsten Satz zu formulieren. „Nun ja, wir erzählen einfach dass sie ihn verlassen haben und er ihnen deswegen grollt", erklärte er mir vage und bei mir wollte der Groschen noch nicht ganz fallen. „Was hat das mit ihnen zu tun?", wollte ich mit gerunzelter Stirn wissen. Ich stand anscheinend auf dem Schlauch. Er holte tief Luft bevor er aussprach was ich mir im Traum nicht hätte ausdenken können.
„Sie haben ihren Ex-Freund wegen mir verlassen, das will ich damit sagen", rückte Josh endlich mit der Sprache heraus. Seine grünen Augen waren dabei direkt auf mich gerichtet. Ich riss die Augen auf und starrte ihn ungläubig an als die Bedeutung bei mir ankam. „Wegen ihnen?", echote ich und deutete mit dem Finger auf ihn. „Ich soll meinen Ex wegen-" Ich brach den Satz ab. Das würde ja bedeuten dass ich jetzt mit Josh zusammen war und deswegen keine Klage gegen ihn eingereicht hatte?
„Ich soll jetzt mit ihnen-?", fing ich meine Frage an und brauchte sie jedoch nicht zu beenden. Josh nickte und sah mich unsicher an. Und dann purzelte die Münze endlich ganz und mir wurde klar was er da gerade vorgeschlagen hatte. Ich konnte mich nicht beherrschen und begann zu lachen.
Das konnte wohl kaum sein ernst sein. Waren wir hier in einer schlechten Teenieserie? Ich musste einen verstörenden Eindruck machen mit meinem tränenverschmierten Gesicht und dem hysterischen Lachen. Auf jeden Fall sahen mich die beiden Männer so an.
„Ich soll jetzt mit ihm zusammen sein?", fragte ich glucksend als ich mich ein wenig beruhigt hatte. „Das glaubt doch kein Mensch." Ich hatte das Foto von dieser Marissa Ford gesehen, zwar nicht die Bildgalerie, aber das Coverfoto hatte mir ausgereicht um mir klar zu machen dass ich niemals mit ihr mithalten konnte. Ich war nicht hässlich. Normalerweise fand ich mich selbst auch ganz hübsch. Aber ich war keine derartige Schönheit wie diese Marissa mit ihren langen dunklen Haaren und den gazellenartigen Beinen. Das würde uns niemand abnehmen dass ich ihr Ersatz war. Niemals. Und die Frage war ja ob ich das auch überhaupt wollte.
„Warum sollte es kein Mensch glauben?", fragte Lance und sah mich leicht stirnrunzelnd an. Ich schüttelte den Kopf. Den beiden Männer schien es vollkommen ernst zu sein. Ich war etwas fassungslos und noch nicht ganz überzeugt davon ob sie sich nicht einen Scherz mit mir erlaubten. Einen ziemlich schlechten Scherz.
„Ist das ihr ernst?", fragte ich nach und suchte Lances Blick. Er nickte mir bestätigend zu. „Unser voller ernst. Es gäbe natürlich noch andere Lösungen, doch keine wird den Prozess so rasch unter den Tisch kehren wie diese." Ich sah zwischen den beiden hin und her.
„Sie meinen das wirklich ernst", stellte ich laut und etwas ungläubig fest.
„Natürlich", sagte Josh. „Darüber würde ich keine Witze machen." Er sah mir vollkommen ernst in die Augen. Ich stieß die Luft aus meinen Lungen und lehnte mich nach hinten. Sie wollten dass ich so tat als wäre ich mit Josh zusammen um Tom als eifersüchtigen Ex-Freund hinzustellen.
„Wie stellen sie sich das genau vor?", fragte ich und sah die beiden abwechselnd an. Josh war schließlich eine Person des öffentlichen Lebens und ich war eine kleine Assistentin in einer Eventfirma. Ich war völlig unbedeutend. Wer sollte da glauben dass wir uns einfach mal so kennengelernt und verliebt hatten? Und würde ich dann auch in der Zeitung erscheinen? Lance lieferte mir beinahe umgehend Antworten ohne dass ich die Frage dazu stellen musste.
„Sehen sie Jane wir dachten uns wir lassen alles möglichst nahe an der Realität damit es einfach bleibt alles darzustellen." Er sprach mit mir als würde er einen wichtigen Vertrag aufsetzen. „Sie würden einige Male ausgehen, natürlich an öffentliche Orte damit sie gesehen werden. Danach würden wir offiziell ihre Beziehung bestätigen und sie würden Josh an einige Anlässe begleiten."
„Was ist mit den Medien?", fragte ich uns sprach damit den Gedanken aus der mich am meisten beschäftigte. Lance atmete tief ein.
„Wir werden versuchen sie soweit es geht von den Medien abzuschirmen, aber wir können natürlich für nichts garantieren. Es werden einige Artikel und Fotos in der Zeitung erscheinen, nicht immer freundlich, darauf haben wir leider wenig Einfluss." Er sah mich entschuldigend an. Doch ich bestürmte ihn bereits mit der nächsten Frage da ich versuchte die ganze Idee in meinem Kopf zusammen zu setzten.
„Für wie lange wollen sie diese Scharade spielen?" Diesmal sah ich direkt Josh an der sich zurückgelehnt hatte und seine Krawatte etwas lockerte.
„Wir dachten an ungefähr ein halbes Jahr", antwortete er mir und ich versuchte nicht zu offensichtlich bestürzt zu sein. Ein ganzes halbes Jahr? Das war eine ziemlich lange Zeit.
„Jane sie müssen wissen dass das hier nur eine Option ist. Um ehrlich zu sein die Einfachste, doch wenn sie damit nicht einverstanden sind dann müssen wir das nicht tun." Ich biss mir auf die Unterlippe und vergaß dabei völlig dass ich Lippenstift aufgetragen hatte.
„Sind sie denn einverstanden damit?", fragte ich und lehnte mich etwas vor. Josh verzog die Lippen zu einem kleinen Lächeln. „Es ist die einfachste Lösung Jane. Ich bin ein großer Freund von mühelosen Angelegenheiten." Ich wandte den Blick ab da mir seiner zu intensiv war. Stütze mich auf dem Tisch ab und spielte mit meinem Kugelschreiber.
Alle würden mich in der Zeitung sehen. Das waren nicht einfach ein oder zwei Richter und Tom denen wir etwas vorspielten, sondern der ganzen verdammten Insel. Mir war klar, obwohl sie es nicht erwähnt hatten, dass ich es vermutlich auch sonst niemandem erzählen konnte. Das hieß ich würde meine Eltern, Eleanor, meine Arbeitskollegen und auch sonst alle anlügen müssen. War es das wirklich wert? Ich konnte das nicht einfach so entscheiden. Was wenn Tom trotzdem zur Vernunft kam und die Klage zurückzog? Dann wäre alles umsonst gewesen und ich hätte mich dem ganzen Mediensturm umsonst ausgesetzt.
„Muss ich ihnen heute noch eine Antwort geben?", fragte ich.
„Natürlich nicht", versicherte mir Lance sofort. „Lassen sie sich ein paar Tage oder eine Woche Zeit darüber nachzudenken. Bis dahin haben wir das ganze unter Kontrolle." Ich atmete erleichtert aus. Das war gut. Zeit nachzudenken war genau das was ich brauchte.
„Sie können es aber mit niemandem besprechen Jane", merkte Josh nun an. Das hatte ich mir ja schon gedacht. „Wenn wir dabei erwischt werden könnte das ganze sehr unschön enden", legte er noch nach.
„Natürlich, ich werde kein Wort sagen", antwortete ich ihm. Hielt er mich für so blöd ein solches Angebot sofort jedem unter die Nase zu reiben.
„Tut mir sehr leid Jane aber ich muss sie trotzdem bitten hier zu unterschreiben", sagte Lance und hielt mir erneut ein Dokument hin.
„Eine Verschwiegenheitserklärung?", fragte ich nach als ich es überflogen hatte und Lance nickte. „Dieses Gespräch hat niemals stattgefunden, vorher können wir sie nicht gehen lassen", sagte er ernst.
Ein bisschen erinnerte mich das ganze Szenario an einen Drogendeal. Ich las das Dokument erneut bevor ich meine Unterschrift auf die dafür vorgesehene Linie setzte. Lance reichte das Dokument an Josh weiter welcher ebenfalls unterschrieb, bevor er selbst auch signierte.
„Sehr schön", sagte er mit einem Lächeln und verstaute das Dokument sorgfältig in seiner Arbeitsmappe. „Dann sehen wir uns in ein paar Tagen wieder?", fragte er mich und ich nickte. „Ich melde mich bei ihnen", versicherte ich und verstaute das Notizbuch in meiner Tasche. Ich hatte außer dem Datum nichts weiter aufgeschrieben. Ich erhob mich und die beiden Männer taten es mir gleich. Sofort kam ein Kellner mit meinem Mantel und half mir hinein.
„Diesmal rufen sie mich wirklich an", sagte Josh noch bevor er meine Hand zum Abschied kurz drückte. Ich nickte und reichte Lance die Hand bevor ich so schnell es ging aus dem Restaurant verschwand.
Der Kopf schwirrte mir noch immer als ich in der U-Bahn stand. Eine Haltestelle zu früh stieg ich aus um an der kalten Luft meinen Kopf noch etwas durchzulüften. Da es nicht klappte beschloss ich Eddy's Pub mal wieder einen Besuch abzustatten. Ich trat in die stickige Luft des Lokals und fühlte mich sofort etwas wohler. Das Eddys war ein Familienbetrieb und der Besitzer ließ sich seit Jahren bei meiner Mutter die Haare schneiden. Mindestens einmal im Monat kamen wir hier her zum Essen und verweilen. Der Pub war klein, nicht besonders modern aber dafür umso gemütlicher. Das viele Holz machte den ganzen Charme aus und ein paar Stammgäste saßen an den hohen Tischen. Ich erkannte ein Lied von Flogging Molly im Hintergrund während ich zum Tresen ging.
„Oh sieh einer an die kleine Janie!", freute sich Eddy in seinem breiten irischen Akzent als er mich erblickte. Eddy kannte mich seit ich ein Baby war und für ihn würde ich wohl immer die kleine Janie sein. Auch wenn ich mittlerweile nun wirklich nicht mehr so klein war. Eddys braune Haare und der Bart waren wie immer zu lang und er hatte seinen dunklen Hut mit Krempe auf. Er trug Hosenträger über einem weißen Leinenhemd das in einer gut sitzenden schwarzen Jeans steckte. Er sah aus wie eh und je und das vermittelte mir ein bisschen Ruhe zu dem Sturm in meinem Kopf.
„Hallo Eddy, schön dich zu sehen", begrüßte ich ihn und lehnte mich über den Tresen um ihn zu umarmen.
„Du könntest ruhig öfter vorbeikommen", beschwerte er sich spielerisch und ich lachte befreit. „Wir waren doch eben erst da", korrigierte ich ihn und setzte mich auf einen Hocker. „War die Lady etwa aus?", fragte er mich und zwinkerte mir zu. Ich verdrehte die Augen. „Frag lieber nicht", wehrte ich ab und stütze den Kopf in eine Hand. „Das war kein schöner Abend", sagte ich und überlegte wie viel ich ihm erzählen konnte.
„Darum bist du ja jetzt hier", grinste Eddy und ich konnte nicht anders als zurückzulächeln. „Was darf ich dir bringen?", fragte er. „Wie immer?" Ich nickte. „Oh aber Eddy lass das Tonic heute weg." Er zog eine Augenbraue hoch. „Ach gleich so", stellte er fest und griff nach einem Glas. „Dann eben Gin Tonic heute ohne Tonic für Janie, kommt sofort." Er machte sich zwinkernd an die Arbeit. In meinem Kopf ließ ich den Abend noch einmal Revue passieren. Mein Blick fiel dabei auf den Zeitungsständer neben der Bar und eine Frage drängte sich mir auf: War ich wirklich bereit mein Gesicht auf einem der Blätter zu sehen?

. . .©2020 by keeaty

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