Kapitel 1 (Part 1)

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Der Brief lag nun seit geraumer Zeit vor Philip auf dem Tisch, aber er konnte sich einfach nicht dazu durchringen, ihn zu öffnen. Es musste schon ein Wunder passieren um den Schlamassel in dem er sich befand zu lösen. Seufzend brach er schließlich doch das Siegel und faltete das Blatt Papier auseinander.



An

Den Herzog von Cornwall


Sehr geehrter Philip Alexander, Herzog von Cornwall!

Ich schreibe diesen Brief an Euch, um Euch eine Vorschlag zu unterbreiten. Ich habe von Euren Bemühungen die Schulden Eures lieben Vaters - Gott hab ihn selig - die dieser über die letzten Jahre angehäuft hat, gehört und bin gewillt, diese für Euch zu begleichen. Diesbezüglich habe ich ein sehr großzügiges Angebot, welches ich Euch im Folgenden gerne unterbreiten möchte.

Alle Schulden werden meinerseits beglichen und ich werde Euch helfen, mit Euren Geschäften wieder auf die Beine zu kommen. Ihr sollt meine Beratung in geschäftlichen Angelegenheit erhalten und ich kann Euch auch weitere Zahlungen zusichern, solltet Ihr diese benötigen.

Im Gegenzug dazu verlange ich nicht viel. Mein jüngster Sohn, Markus Christoph, ist mittlerweile erwachsen und natürlich bin ich auf der Suche nach einer passenden Frau für Ihn.

Die Schönheit und Sanftmütigkeit Eurer Schwester Antonia Willow Clarice ist zwar weit bekannt, unglücklicherweise bringt eine Heirat mit Eurer lieben Schwester meinem Sohn jedoch keinerlei Land oder Titel. Aus diesem Grund muss ich neben der arrangierten Ehe zwischen den beiden auf eine weitere Kleinigkeit bestehen. Sobald die beiden verheiratet sind, sollen der Titel und das Land von Cornwall an meinen Sohn Markus übergehen. Euch wird es selbstverständlich erlaubt sein, weiter auf dem Anwesen zu leben, solange auch immer Ihr das wünscht.

Es ist mir natürlich bewusst, dass das auf den ersten Blick für Euch wie sehr hoher Preis wirken mag, der zur Begleichung der Schulden notwendig wäre. Aber wenn Ihr etwas darüber nachdenken würdet, kämt Ihr sicherlich zu dem Schluss, dass dies die beste Lösung für alle involvierten Parteien ist.

Ihr habt meinen Sohn Markus bereits getroffen und könnt sicherlich bestätigen, dass er ein gutherziger Gentleman ist und dass Eure liebe Schwester bei ihm in sehr guten Händen wäre. Das würde Euch auch die Mühe ersparen, selbst nach einem Mann für Eure Schwester zu suchen, sobald sie im heiratsfähigen Alter ist. Bedenkt nur die Kosten der Kleider, welche notwendig sein werden, um die Feste in der Ballsaison zu besuchen. Es ist wirklich beeindruckend, wie viel Geld Frauen für ihr Aussehen ausgeben können - glaubt mir, ich spreche hier aus Erfahrung. Es würde mir große Freude bereiten, mein Freund, wenn ich Euch von diesem Unsinn und den damit verbundenen Kosten bewahren könnte.

Es wird Euch auch eine große Erleichterung sein, wenn Ihr nicht die Last der Verwaltung der großzügigen Cornwall Ländereien auf Euren Schultern tragen müsst.

Mein Sohn Markus reist in diesem Moment um die Welt, auf der Suche nach Abenteuern. Als ich in seinem Alter war, wollte ich nichts anderes und ich bin mir sicher, dass es Euch ähnlich geht. Ihr hättet die Möglichkeit dazu und wüsstet sowohl Eure Ländereien als auch Eure teure Schwester in guten Händen.

Ich bitte Euch mein Angebot zu überdenken und eilt Euch bitte nicht mit einer Entscheidung. Es gibt keinen Grund die Dinge zu überstürzen. Ich sehe selbstverständlich, dass es sich hierbei um eine schwerwiegende Entscheidung handelt und möchte in keinster Weise Druck auf Euch ausüben oder Euch zu etwas drängen, das nicht in Eurem Sinne wäre. Alles was ich möchte, ist Euch zu helfen, mein Freund.


In Erwartung Eurer Rückmeldung verbleibt bis auf Weiteres,


Joseph II

Großherzog von Yorkshire



Philip war sprachlos. Nie hätte er mit einem solchen Angebot gerechnet und schon gar nicht von dem Großherzog höchst persönlich.

Aber konnte er das Angebot wirklich in Betracht ziehen?

Nein.

Es würde sich anfühlen, als würde er seine Schwester verkaufen um die Schulden seines Vaters zu begleichen. Unter keinen Umständen konnte er auch nur über so etwas nachdenken. Und sie würde einer arrangierten Ehe niemals zustimmen, da sie wohl die einzige war, die Freiheit noch mehr liebte als Philip selbst. Und wenn er ihr die Heirat aufzwingen würde, würde sie ihm das nie verzeihen. Wie könnte Sie auch? - Er selbst könnte sich nicht dafür vergeben.

Nur der Gedanke daran, dass sie für den Rest ihres Lebens gefangen in dieser Ehe wäre. Unglücklich. Dazu gezwungen das zu tun, was von ihr erwartet wurde. Dazu gezwungen ihrem Mann jeden Wunsch zu erfüllen. Nein, kein noch so hoher Schuldenbetrag könnte das ausgleichen. Es war so schon schwer genug für sie. Sie hatte ihre Mutter nie kennengelernt und nun verlor sie auch noch ihren Vater... Das war in keinster Weise gerecht.

Und abgesehen davon konnte er nicht so ohne Weiteres die Cornwall Ländereien abgeben. Diese wurden seit Generationen vererbt. Niemals würde er diese einfach so verkaufen, um diese verdammten Schulden zu begleichen.

Ach, was hatte sich sein Vater nur dabei gedacht so viel Schulden zu machen? Wie hatte er geplant all das wieder zurück zu zahlen? Er war ein betrunkener Idiot gewesen in diesen letzten Jahren. Und auch wenn es Philip schmerzte das zu denken, so wusste er doch, dass sein Ableben, das beste für sie drei gewesen war. Sein Vater hätte nur noch mehr Schulden gemacht und hätte es Philip so nur noch unmöglicher gemacht, diese wieder zurückzuzahlen.

Philip hatte angefangen in dem alten Arbeitszimmer seines Vaters auf und ab zu wandern. Der Brief der Großherzogs noch immer in seiner Hand, warf er nun noch einmal einen Blick darauf. Für wen hielt sich dieser Mann ihm einen solch dreisten Vorschlag zu unterbreiten? Was für ein Mann musste der Großherzog sein, um so etwas als Hilfe zu bezeichnen? Er würde ihnen helfen, wenn er die Schulden ohne eine Gegenleistung begleichen würde, dachte Philip bitter. Aber so funktionierte diese Welt nun mal nicht. Niemand half Leuten ohne eine Gegenleistung und jeder war nur auf den eigenen Vorteil bedacht.

Den Brief auf den Schreibtisch werfend und sich in den Stuhl dahinter fallen lassen, ließ Philip den Kopf auf seine Hände sinken. Was sollte er nur tun? Es musste doch eine Lösung für dieses Desaster geben... oder?

Die einzige Lösung, die er momentan sehen konnte, war, die Bediensteten fort zu schicken. Sie konnten es sich schlicht und ergreifend nicht leisten, diese weiter zu bezahlen. Und auch seine geliebten Pferde würden sie verkaufen müssen, auch wenn ihm alleine der Gedanke das Herz brach. Aber der Verkauf würde ihnen zumindest ein wenig Geld einbringen und zum aktuellen Zeitpunkt konnten sie jeden Cent brauchen.

Aber Philip wusste, dass all das nicht genug sein würde, um den riesigen Berg an Schulden zu tilgen. Er würde auch das Anwesen und die Ländereien verkaufen müssen. Und das brachte er nicht übers Herz. Nicht in einer Millionen Jahre.

Wenn er nur mehr Zeit hätte. Aber die Männer, von denen sein Vater das Geld geliehen hatte, wurden bereits ungeduldig. Vor allem jetzt, da sein Vater nicht mehr unter ihnen war. Philip war sich darüber bewusst, dass er ein einfaches Ziel darstellte. Er musste die Dinge schnellstens wieder unter Kontrolle bringen und sich den Respekt der anderen Herzöge und Grafen verdienen. Das war wichtig für die Zukunft, da es regen Handel zwischen den Herzögen und Grafen gab. Wenn er es nicht schaffte, alles wieder in Ordnung zu bringen... Nein, darüber durfte er nicht einmal nachdenken. Aufzugeben war keine Option. Er musste für sich und seine Schwester sorgen. Es war seine Pflicht.



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Secrets of the Night (Deutsche Version)Where stories live. Discover now