Kapitel 12 (Part 2)

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"Bitte entschuldigt meine Ungeschicklichkeit, eure Hoheit.", fuhr Willow schließlich fort und brach die Stille zwischen ihnen. Sie hoffte, dass sie ihre Tollpatschigkeit nicht in Schwierigkeiten bringen würde. Ihr Bruder wäre sicher rasend vor Wut gewesen, wäre er an der Stelle des Fremden.

"Ach bitte, solche Formalitäten sind doch nicht notwendig. Und du musst keine Angst haben, ich habe nicht vor, dir den Kopf abzureißen. Tatsächlich finde ich es sehr amüsant, dass wir uns so schnell wieder über den Weg laufen. Wer hatte das wohl gedacht?!", erwiderte der Fremde während ein Lachen seinen Lippen entwich. "Und wenn wir schon dabei sind, wäre es wohl angebracht, wenn wir uns vorstellen würden. Mein Name ist Markus, jüngster Sohn des Großherzogs von Yorkshire. Und wie nennt man dich?"

Tatsächlich ein Großherzog, dachte Willow. Es war schön, endlich einen Namen zu der Person zu haben, die sich in den letzten Tagen immer wieder in ihre Gedanken geschlichen hatte. Aber was sollte sie ihm antworten? Sie konnte sich wohl schlecht als Willow vorstellen. Das war absolut kein Name, der zu einem StallBURSCHEN passen würde.

"Eure Hoheit, es ist äußerst unangebracht für jemanden wie mich überhaupt so mit Euch auf offener Straße zu sprechen. Sicherlich möchtet ihr nicht mit mir gesehen werden. Die Leute würden tratschen.", wechselte Willow das Thema von der Vorstellung, mit der Intention ihn von der Frage abzulenken und etwas Zeit zu gewinnen.

"Sorge dich nicht um solchen Blödsinn. Ich kann sprechen mit wem auch immer ich möchte und wenn die Leute tratschen wollen, lass sie tratschen. Abgesehen davon ist zu dieser späten Stunde sowieso niemand mehr unterwegs - also wer sollte schon davon erfahren?"

Ach je, dachte Willow. Auch wenn sie es bewunderte, wie egal ihm ihr Unterschied im Stands in der Gesellschaft war, spielte ihr das im Moment überhaupt nicht in die Karten. Er würde darauf bestehen, dass sie ihm einen Namen nannte. Und sie hatte noch immer keine Antwort auf diese Frage.

"Also sag mir, wie wirst du genannt?", wiederholte Markus die Frage, die Willow sehr gerne vermieden hätte.

Ohne ein weiteres Argument, warum sie ihm ihren Namen nicht geben konnte, blieb der jungen Herzogin nichts weiter übrig, als seine Frage zu beantworten.

"Will.", antwortete sie knapp. Sie warf das Wort so in die Nacht, als ob sie es dringend loswerden wollte. Und das entsprach gewissermaßen auch der Wahrheit. Es war ein wenig weit hergeholt, aber tatsächlich keine Lüge. Philip hatte sie so genannt, als sie noch Kinder gewesen waren. In den lang vergangenen Zeiten, in denen sie sich verstanden hatten und miteinander gespielt hatten.

Das war lange bevor ihr Vater verstorben gewesen. Zu der Zeit, als sie noch nicht zwischen Jungen und Mädchen unterschieden hatten. Zu den Zeiten, wenn das Cornwall Anwesen noch ein riesiger Spielplatz gewesen war. Wenn Abenteuer hinter jeder Ecke gewartet hatten. Aber diese Zeiten waren lang vorbei.

"Will.", wiederholte der Großherzog mit einem Nicken, "Es freut mich sehr dich kennenzulernen. Wenn ich dich nicht zufällig in den Wäldern getroffen hätte, in jener Nacht, wäre ich wohl kopflos einfach von meinem Problem davongelaufen ohne wirklich darüber nachzudenken. Es war eine sehr unerwartete aber angenehme Begegnung."

"Das war es in der Tat.", stimmte Willow zu und wunderte sich, was dieses Problem wohl genau gewesen war. Aber sie traute sich nicht, genauer nachzufragen. Letzten Endes war er der Sohn eines Großherzogs und soweit er wusste, war sie nur ein einfacher Stallbursche.

"Habt Ihr denn eine Lösung für Euer Problem finden können?", konnte sich die junge Herzogin nicht davon abhalten zu fragen.

"Nicht wirklich, um ehrlich zu sein.", antwortete Markus aufrichtig, während er debattierte, wie viel er von dem Thema wirklich preisgeben wollte. Er deutete in Richtung des Bürgersteigs und lud den Stallburschen damit zu einem kleinen Spaziergang durch die Nacht ein. "Es ist... ein recht großes Problem. Aber nichts, mit dem ich dich langweilen wollen würde. Ich bin sicher, du hast deine eigenen Probleme, um die du dich kümmern musst."

Secrets of the Night (Deutsche Version)Where stories live. Discover now